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Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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kennen meinte; sie dachte, Fritz habe einen Umweg gewählt, um auf sicherem Boden zu gehen. Aber nun wurde es dunkler und dunkler, und die Spuren verschwanden in der Finsterniß. Das schien ihr bedenklich, sie sann, was zu thun. Wie sie so stand, bemerkte sie eine Hellung über dem Föhrenwalde am Horizont, die immer zunahm. Schon fürchtete sie eine Feuersbrunst, als der Mond in rothem Glanze vortrat. Das gab ihr Trost, und sie schritt rüstig weiter, denn sie glaubte in seinem Schein die Fußtritte wiederzuerkennen. Plötzlich entdeckte sie ein Licht, nach einer Seite zu, wo ihrer Meinung nach kein Dorf war, bald darauf ein zweites, eben so befremdendes, an einer andern Stelle. Da sah sie ein, daß sie sich verirrt habe, und all ihr Muth sank, sie rief, so laut sie konnte: Fritz, Fritz! Als sie um sich blickte, meinte sie einen Schatten zu sehen, der ihr in geringer Entfernung folgte; sie ging auf die Gestalt zu, doch diese verlor sich hinter Büschen. Lieschen eilte ihr nach, aber sie war und blieb verschwunden. Lieschen fing an zu glauben, ihr eigner Schatten habe sie getäuscht.

Auf einmal aber stand die Gestalt wieder da, und Lieschen war, als suche sie sich ihr zu nähern. Fritz! rief Lieschen. Traurig scholl ihre Stimme durch die Einöde. Da ergriff Lieschen eine Todesangst; sie floh von den Büschen und Untiefen weg auf die freiere Ebene und stand erst still, als sie ringsum nichts mehr erblickte. Vor ihr breitete sich eine Scene aus, die

kennen meinte; sie dachte, Fritz habe einen Umweg gewählt, um auf sicherem Boden zu gehen. Aber nun wurde es dunkler und dunkler, und die Spuren verschwanden in der Finsterniß. Das schien ihr bedenklich, sie sann, was zu thun. Wie sie so stand, bemerkte sie eine Hellung über dem Föhrenwalde am Horizont, die immer zunahm. Schon fürchtete sie eine Feuersbrunst, als der Mond in rothem Glanze vortrat. Das gab ihr Trost, und sie schritt rüstig weiter, denn sie glaubte in seinem Schein die Fußtritte wiederzuerkennen. Plötzlich entdeckte sie ein Licht, nach einer Seite zu, wo ihrer Meinung nach kein Dorf war, bald darauf ein zweites, eben so befremdendes, an einer andern Stelle. Da sah sie ein, daß sie sich verirrt habe, und all ihr Muth sank, sie rief, so laut sie konnte: Fritz, Fritz! Als sie um sich blickte, meinte sie einen Schatten zu sehen, der ihr in geringer Entfernung folgte; sie ging auf die Gestalt zu, doch diese verlor sich hinter Büschen. Lieschen eilte ihr nach, aber sie war und blieb verschwunden. Lieschen fing an zu glauben, ihr eigner Schatten habe sie getäuscht.

Auf einmal aber stand die Gestalt wieder da, und Lieschen war, als suche sie sich ihr zu nähern. Fritz! rief Lieschen. Traurig scholl ihre Stimme durch die Einöde. Da ergriff Lieschen eine Todesangst; sie floh von den Büschen und Untiefen weg auf die freiere Ebene und stand erst still, als sie ringsum nichts mehr erblickte. Vor ihr breitete sich eine Scene aus, die

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Zitationshilfe: Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/70>, abgerufen am 24.04.2024.