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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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suchte er hernach durch
bestanden, dahingegen die Gerechtigkeit, und
Gottseligkeit, welche CHristus zur Seeligkeit
nöthig gemacht, auch in innerlicher Besse-
rung des Hertzens, in Verleugnung der
Welt, Verschmähung aller irdischen Dinge, in
der Liebe GOttes über alles, in der Liebe der
Feinde, in Demuth, Vergnüglichkelt, und in
innerlicher Hertzens-Reinigkeit, und also in den
Tugenden bestehe, welche dem Geitze, dem
Hochmuth und der fleischlichen Wollust entge-
gen gesetzt wären, und welche Laster die Phari-
säer vor keine verdammliche Sünden hielten.
Diese bessere Gerechtigkeit werde im Neuen Te-
stamente eine Gerechtigkeit des Glaubens ge-
nennet, weil kein Mensch dieselbe würde aus-
üben, noch auszuüben begehren, so lange er den
Pharisäern, und nicht CHristo glaubte:
Hingegen solche auszuüben nothwendig allen
Fleiß anwenden würde, so bald er CHristo
glaube, der solche zur Seeligkeit nöthig gemacht,
nach der bekannten Regel: Wie du gläubest,
so lebest du,
wie eines Menschen seine Sen-
timents,
Urtheile und Schlüße sind, so sind
auch seine Thaten. Diese bessere Gerechtigkeit
heisse im Neuen Testamente, vielfältigmahl
GOttes Gerechtigkeit, weil sie so schwer, daß
sie kein Mensch aus eigenen natürlichen Kräfften
ausüben könne, sondern GOttes Geist, oder

GOttes

ſuchte er hernach durch
beſtanden, dahingegen die Gerechtigkeit, und
Gottſeligkeit, welche CHriſtus zur Seeligkeit
noͤthig gemacht, auch in innerlicher Beſſe-
rung des Hertzens, in Verleugnung der
Welt, Verſchmaͤhung aller irdiſchen Dinge, in
der Liebe GOttes uͤber alles, in der Liebe der
Feinde, in Demuth, Vergnuͤglichkelt, und in
innerlicher Hertzens-Reinigkeit, und alſo in den
Tugenden beſtehe, welche dem Geitze, dem
Hochmuth und der fleiſchlichen Wolluſt entge-
gen geſetzt waͤren, und welche Laſter die Phari-
ſaͤer vor keine verdammliche Suͤnden hielten.
Dieſe beſſere Gerechtigkeit werde im Neuen Te-
ſtamente eine Gerechtigkeit des Glaubens ge-
nennet, weil kein Menſch dieſelbe wuͤrde aus-
uͤben, noch auszuuͤben begehren, ſo lange er den
Phariſaͤern, und nicht CHriſto glaubte:
Hingegen ſolche auszuuͤben nothwendig allen
Fleiß anwenden wuͤrde, ſo bald er CHriſto
glaube, der ſolche zur Seeligkeit noͤthig gemacht,
nach der bekannten Regel: Wie du glaͤubeſt,
ſo lebeſt du,
wie eines Menſchen ſeine Sen-
timents,
Urtheile und Schluͤße ſind, ſo ſind
auch ſeine Thaten. Dieſe beſſere Gerechtigkeit
heiſſe im Neuen Teſtamente, vielfaͤltigmahl
GOttes Gerechtigkeit, weil ſie ſo ſchwer, daß
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GOttes
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[640/0686] ſuchte er hernach durch beſtanden, dahingegen die Gerechtigkeit, und Gottſeligkeit, welche CHriſtus zur Seeligkeit noͤthig gemacht, auch in innerlicher Beſſe- rung des Hertzens, in Verleugnung der Welt, Verſchmaͤhung aller irdiſchen Dinge, in der Liebe GOttes uͤber alles, in der Liebe der Feinde, in Demuth, Vergnuͤglichkelt, und in innerlicher Hertzens-Reinigkeit, und alſo in den Tugenden beſtehe, welche dem Geitze, dem Hochmuth und der fleiſchlichen Wolluſt entge- gen geſetzt waͤren, und welche Laſter die Phari- ſaͤer vor keine verdammliche Suͤnden hielten. Dieſe beſſere Gerechtigkeit werde im Neuen Te- ſtamente eine Gerechtigkeit des Glaubens ge- nennet, weil kein Menſch dieſelbe wuͤrde aus- uͤben, noch auszuuͤben begehren, ſo lange er den Phariſaͤern, und nicht CHriſto glaubte: Hingegen ſolche auszuuͤben nothwendig allen Fleiß anwenden wuͤrde, ſo bald er CHriſto glaube, der ſolche zur Seeligkeit noͤthig gemacht, nach der bekannten Regel: Wie du glaͤubeſt, ſo lebeſt du, wie eines Menſchen ſeine Sen- timents, Urtheile und Schluͤße ſind, ſo ſind auch ſeine Thaten. Dieſe beſſere Gerechtigkeit heiſſe im Neuen Teſtamente, vielfaͤltigmahl GOttes Gerechtigkeit, weil ſie ſo ſchwer, daß ſie kein Menſch aus eigenen natuͤrlichen Kraͤfften ausuͤben koͤnne, ſondern GOttes Geiſt, oder GOttes

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 640. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/686>, abgerufen am 11.06.2024.