rende Gnade den Glauben an GOtt und ihren Heyland gewürcket: Christus etiam mortuus, ut posses pie vivere.
Jch dencke nicht, daß iemand unter uns diese Sätze und Wahrheiten, so ich hier ange- führet, in Zweiffel ziehen, noch an deren Rich- tigkeit dubitiren werde. Weil nun, wie ge- sagt, solches etwan nicht so weitläufftig von an- dern mochte seyn vorgetragen worden, so machte es bey meinen Zuhörern großen Eindruck und Aufsehen. Nachdem, was man mir offters vor meine Ohren gebracht, ließ sich ein, und der andere verlauten: das hab ich mein Leb- tage nicht gehöret, der prediget gantz anders, als die andern Prediger: nun sehe ich erst, wie nöthig es ist, daß ich von meinem gottlo- sen Leben muß abstehen, wenn ich will selig werden. Wo du nun, Geliebter Leser, diese und dergleichen Dinge, die ich geprediget, auch vor moralische Dinge ausgeben, und es moralisiren nennen wilst, da es doch Glaubens- Puncte sind, die nur a priori gründlich bewie- sen worden, so ist es wahr, so habe ich in mei- nen Predigten meistens moralische Dinge ge- prediget. Denn so blind sind die Leute, und die unwissenden gewesen, daß, wenn ich auch die Glaubens-Puncte, so in unsern drey Haupt-Artickeln vorkommen, geprediget, im
Fall
erbauet, und ihn zu lieben
rende Gnade den Glauben an GOtt und ihren Heyland gewuͤrcket: Chriſtus etiam mortuus, ut poſſes pie vivere.
Jch dencke nicht, daß iemand unter uns dieſe Saͤtze und Wahrheiten, ſo ich hier ange- fuͤhret, in Zweiffel ziehen, noch an deren Rich- tigkeit dubitiren werde. Weil nun, wie ge- ſagt, ſolches etwan nicht ſo weitlaͤufftig von an- dern mochte ſeyn vorgetragen worden, ſo machte es bey meinen Zuhoͤrern großen Eindruck und Aufſehen. Nachdem, was man mir offters vor meine Ohren gebracht, ließ ſich ein, und der andere verlauten: das hab ich mein Leb- tage nicht gehoͤret, der prediget gantz anders, als die andern Prediger: nun ſehe ich erſt, wie noͤthig es iſt, daß ich von meinem gottlo- ſen Leben muß abſtehen, wenn ich will ſelig werden. Wo du nun, Geliebter Leſer, dieſe und dergleichen Dinge, die ich geprediget, auch vor moraliſche Dinge ausgeben, und es moraliſiren nennen wilſt, da es doch Glaubens- Puncte ſind, die nur a priori gruͤndlich bewie- ſen worden, ſo iſt es wahr, ſo habe ich in mei- nen Predigten meiſtens moraliſche Dinge ge- prediget. Denn ſo blind ſind die Leute, und die unwiſſenden geweſen, daß, wenn ich auch die Glaubens-Puncte, ſo in unſern drey Haupt-Artickeln vorkommen, geprediget, im
Fall
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erbauet, und ihn zu lieben
rende Gnade den Glauben an GOtt und ihren
Heyland gewuͤrcket: Chriſtus etiam mortuus,
ut poſſes pie vivere.
Jch dencke nicht, daß iemand unter uns
dieſe Saͤtze und Wahrheiten, ſo ich hier ange-
fuͤhret, in Zweiffel ziehen, noch an deren Rich-
tigkeit dubitiren werde. Weil nun, wie ge-
ſagt, ſolches etwan nicht ſo weitlaͤufftig von an-
dern mochte ſeyn vorgetragen worden, ſo machte
es bey meinen Zuhoͤrern großen Eindruck und
Aufſehen. Nachdem, was man mir offters
vor meine Ohren gebracht, ließ ſich ein, und
der andere verlauten: das hab ich mein Leb-
tage nicht gehoͤret, der prediget gantz anders,
als die andern Prediger: nun ſehe ich erſt,
wie noͤthig es iſt, daß ich von meinem gottlo-
ſen Leben muß abſtehen, wenn ich will ſelig
werden. Wo du nun, Geliebter Leſer,
dieſe und dergleichen Dinge, die ich geprediget,
auch vor moraliſche Dinge ausgeben, und es
moraliſiren nennen wilſt, da es doch Glaubens-
Puncte ſind, die nur a priori gruͤndlich bewie-
ſen worden, ſo iſt es wahr, ſo habe ich in mei-
nen Predigten meiſtens moraliſche Dinge ge-
prediget. Denn ſo blind ſind die Leute, und
die unwiſſenden geweſen, daß, wenn ich auch
die Glaubens-Puncte, ſo in unſern drey
Haupt-Artickeln vorkommen, geprediget, im
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 527. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/573>, abgerufen am 22.11.2024.
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