Nun war keine Hinderniß zwar mehr übrig mir die Cantzel zu versagen, wegen anderer Ur- sachen aber habe ich doch nicht eher, als bis nach Weyhnachten, und kurtz vor meiner Abreise zum predigen gelangen können. Denn der Herr Bür- germeister war inzwischen wieder nach Rawitsch ge- reiset, weil die Bürger wegen seiner Abwesenheit des Lästerns kein Ende machten. Die Her- ren Prediger in Rawitsch, und einige Raths- Herren daselbst, so von ihnen waren eingenom- men worden, da sie hörten, daß der Bürgermei- ster einen von Leipzig zum Diaconat verschrieben hätte, widersetzten sich, so viel sie kunten. Jh- nen mochte auch nicht unbekannt seyn, was vor dem Jahre, nemlich An. 1705. in Breßlau mit mir vorgegangen, und daß die Rede gienge, als ob mir ietzt die Cantzel in Breßlau noch unter- saget sey. Zu mehrer Versicherung ließen sie bey dem Herrn Inspector zuhören, was ich vor ein Mensch sey, und was der Herr Inspector von mir hielte; sie bekamen aber zur Antwort: Er möchte von diesem Menschen weder gu- tes, noch böses reden: sie solten aber den HerrnCon-RectorKrantz fragen, derselbe habe ein sattsames Erkänntniß von mir, der werde ihnen so viel sagen, als sie zu wissen begehrten. So ein Schooß-Kind, als ich auf dem Gymnasio des Herrn Krantzens,
ja so
und Krantzen
Nun war keine Hinderniß zwar mehr uͤbrig mir die Cantzel zu verſagen, wegen anderer Ur- ſachen aber habe ich doch nicht eher, als bis nach Weyhnachten, und kurtz vor meiner Abreiſe zum predigen gelangen koͤnnen. Denn der Herr Buͤr- germeiſter war inzwiſchen wieder nach Rawitſch ge- reiſet, weil die Buͤrger wegen ſeiner Abweſenheit des Laͤſterns kein Ende machten. Die Her- ren Prediger in Rawitſch, und einige Raths- Herren daſelbſt, ſo von ihnen waren eingenom- men worden, da ſie hoͤrten, daß der Buͤrgermei- ſter einen von Leipzig zum Diaconat verſchrieben haͤtte, widerſetzten ſich, ſo viel ſie kunten. Jh- nen mochte auch nicht unbekannt ſeyn, was vor dem Jahre, nemlich An. 1705. in Breßlau mit mir vorgegangen, und daß die Rede gienge, als ob mir ietzt die Cantzel in Breßlau noch unter- ſaget ſey. Zu mehrer Verſicherung ließen ſie bey dem Herrn Inſpector zuhoͤren, was ich vor ein Menſch ſey, und was der Herr Inſpector von mir hielte; ſie bekamen aber zur Antwort: Er moͤchte von dieſem Menſchen weder gu- tes, noch boͤſes reden: ſie ſolten aber den HerrnCon-RectorKrantz fragen, derſelbe habe ein ſattſames Erkaͤnntniß von mir, der werde ihnen ſo viel ſagen, als ſie zu wiſſen begehrten. So ein Schooß-Kind, als ich auf dem Gymnaſio des Herrn Krantzens,
ja ſo
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und Krantzen
Nun war keine Hinderniß zwar mehr uͤbrig
mir die Cantzel zu verſagen, wegen anderer Ur-
ſachen aber habe ich doch nicht eher, als bis nach
Weyhnachten, und kurtz vor meiner Abreiſe zum
predigen gelangen koͤnnen. Denn der Herr Buͤr-
germeiſter war inzwiſchen wieder nach Rawitſch ge-
reiſet, weil die Buͤrger wegen ſeiner Abweſenheit
des Laͤſterns kein Ende machten. Die Her-
ren Prediger in Rawitſch, und einige Raths-
Herren daſelbſt, ſo von ihnen waren eingenom-
men worden, da ſie hoͤrten, daß der Buͤrgermei-
ſter einen von Leipzig zum Diaconat verſchrieben
haͤtte, widerſetzten ſich, ſo viel ſie kunten. Jh-
nen mochte auch nicht unbekannt ſeyn, was vor
dem Jahre, nemlich An. 1705. in Breßlau mit
mir vorgegangen, und daß die Rede gienge, als
ob mir ietzt die Cantzel in Breßlau noch unter-
ſaget ſey. Zu mehrer Verſicherung ließen ſie
bey dem Herrn Inſpector zuhoͤren, was ich vor
ein Menſch ſey, und was der Herr Inſpector
von mir hielte; ſie bekamen aber zur Antwort:
Er moͤchte von dieſem Menſchen weder gu-
tes, noch boͤſes reden: ſie ſolten aber den
Herrn Con-Rector Krantz fragen, derſelbe
habe ein ſattſames Erkaͤnntniß von mir,
der werde ihnen ſo viel ſagen, als ſie zu
wiſſen begehrten. So ein Schooß-Kind,
als ich auf dem Gymnaſio des Herrn Krantzens,
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/457>, abgerufen am 26.11.2024.
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