ja so ein Miracul ich mit meinem lateinischen Stylo und Orationen, so ich hielt, iederzeit gewesen: so war er doch ietzt mein Feind worden. Bey allem dem, was das Jahr zuvor in Breßlau mit mir passiret, so fragte er mich doch noch densel- ben Sommer, ob ich tertius Professor in Tho- ren werden wolte; da ich aber mich erklärte, daß ich auf einen Prediger studiret, und bey aller Philosophie und Oratorie, so er mir zuschrieb, keine Gaben zu einem Schulmann hätte; so antwortete er mir hönisch, und sprach: Jch weiß wohl, was die Ursache seyn wird, warum der HerrMagisterdiese Stelle nicht annehmen will: Wir Schul-Leute wer- den wohl geringe Leute in den Augen an- derer seyn und bleiben; Wir wollen alle groß in der Welt werden. Er war ein habiler und kluger Mann, und hatte gelernet den Mantel nach dem Winde hengen. So lange Herr Inspector Neumann ein Spenerianer war, war er auch einer, und urtheilte im Collegio Histor. Ecclesiast. 1697. gantz glimpfflich von demselben; Wenn aber der Herr Inspector seinen Sinn än- derte, so änderte er auch seinen Sinn, oder doch seine Sprache. Nun die Prediger aus Ra- witsch schrieben an ihn, und baten sich ein Ur- theil und Gutachten meiner Person wegen von ihm aus. Was vor übele Dinge er aber von
mir
an der Vocation
ja ſo ein Miracul ich mit meinem lateiniſchen Stylo und Orationen, ſo ich hielt, iederzeit geweſen: ſo war er doch ietzt mein Feind worden. Bey allem dem, was das Jahr zuvor in Breßlau mit mir paſſiret, ſo fragte er mich doch noch denſel- ben Sommer, ob ich tertius Profeſſor in Tho- ren werden wolte; da ich aber mich erklaͤrte, daß ich auf einen Prediger ſtudiret, und bey aller Philoſophie und Oratorie, ſo er mir zuſchrieb, keine Gaben zu einem Schulmann haͤtte; ſo antwortete er mir hoͤniſch, und ſprach: Jch weiß wohl, was die Urſache ſeyn wird, warum der HerrMagiſterdieſe Stelle nicht annehmen will: Wir Schul-Leute wer- den wohl geringe Leute in den Augen an- derer ſeyn und bleiben; Wir wollen alle groß in der Welt werden. Er war ein habiler und kluger Mann, und hatte gelernet den Mantel nach dem Winde hengen. So lange Herr Inſpector Neumann ein Spenerianer war, war er auch einer, und urtheilte im Collegio Hiſtor. Eccleſiaſt. 1697. gantz glimpfflich von demſelben; Wenn aber der Herr Inſpector ſeinen Sinn aͤn- derte, ſo aͤnderte er auch ſeinen Sinn, oder doch ſeine Sprache. Nun die Prediger aus Ra- witſch ſchrieben an ihn, und baten ſich ein Ur- theil und Gutachten meiner Perſon wegen von ihm aus. Was vor uͤbele Dinge er aber von
mir
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[412/0458]
an der Vocation
ja ſo ein Miracul ich mit meinem lateiniſchen Stylo
und Orationen, ſo ich hielt, iederzeit geweſen:
ſo war er doch ietzt mein Feind worden. Bey
allem dem, was das Jahr zuvor in Breßlau mit
mir paſſiret, ſo fragte er mich doch noch denſel-
ben Sommer, ob ich tertius Profeſſor in Tho-
ren werden wolte; da ich aber mich erklaͤrte,
daß ich auf einen Prediger ſtudiret, und bey aller
Philoſophie und Oratorie, ſo er mir zuſchrieb,
keine Gaben zu einem Schulmann haͤtte; ſo
antwortete er mir hoͤniſch, und ſprach: Jch
weiß wohl, was die Urſache ſeyn wird,
warum der Herr Magiſter dieſe Stelle nicht
annehmen will: Wir Schul-Leute wer-
den wohl geringe Leute in den Augen an-
derer ſeyn und bleiben; Wir wollen alle
groß in der Welt werden. Er war ein
habiler und kluger Mann, und hatte gelernet den
Mantel nach dem Winde hengen. So lange Herr
Inſpector Neumann ein Spenerianer war, war
er auch einer, und urtheilte im Collegio Hiſtor.
Eccleſiaſt. 1697. gantz glimpfflich von demſelben;
Wenn aber der Herr Inſpector ſeinen Sinn aͤn-
derte, ſo aͤnderte er auch ſeinen Sinn, oder doch
ſeine Sprache. Nun die Prediger aus Ra-
witſch ſchrieben an ihn, und baten ſich ein Ur-
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/458>, abgerufen am 22.11.2024.
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