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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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ob solche Leute selig werden,
ihnen, daß sie nicht bey ihrem allgemeinen Glau-
ben, oder Beyfall, den sie nun erst bekommen,
in Verzweiffelung gerathen, und, wenn die Furcht
vor dem selbst-tödten ihnen den Verstand be-
nimmt, die That vollziehen, so daß ihnen nicht als-
denn die That, als die ohne Verstand geschicht,
sondern ihre Sünde und böses Leben, und ihr
Unglauben an CHristum, und die Verzweiffe-
lung als eine verdammliche Sünde angerechnet,
und eine Ursache ihrer ewigen Verdammniß
wird.

Dieses kan uns auch Licht geben, die Frage
zu beantworten, was von solcher Leute, die
sich selbst des Lebens berauben, Seligkeit zu hal-
ten. Die Antwort kan gantz kurtz seyn: Wer
in Unbußfertigkeit und Unglauben seines Ver-
standes beraubet wird, und sich selbst das Leben
nimmt, der wird nicht um der That willen, son-
dern um seiner Unbußfertigkeit willen verdammt.
Wo aber einer ein wahrer gottseliger Christ, und
im bekehrten Zustande ist, oder sich auch unter
solchen hohen Anfechtungen aufrichtig zu GOtt
bekehret, dem kan man die Seligkeit nicht ab-
sprechen, solte er auch bey dieser Leibes-Kranck-
heit durch die angesteckte Phantasie, und Furcht
sich zu tödten, seines Verstandes beraubet, und
zu solcher That verleitet werden.

§. 74.

ob ſolche Leute ſelig werden,
ihnen, daß ſie nicht bey ihrem allgemeinen Glau-
ben, oder Beyfall, den ſie nun erſt bekommen,
in Verzweiffelung gerathen, und, wenn die Furcht
vor dem ſelbſt-toͤdten ihnen den Verſtand be-
nimmt, die That vollziehen, ſo daß ihnen nicht als-
denn die That, als die ohne Verſtand geſchicht,
ſondern ihre Suͤnde und boͤſes Leben, und ihr
Unglauben an CHriſtum, und die Verzweiffe-
lung als eine verdammliche Suͤnde angerechnet,
und eine Urſache ihrer ewigen Verdammniß
wird.

Dieſes kan uns auch Licht geben, die Frage
zu beantworten, was von ſolcher Leute, die
ſich ſelbſt des Lebens berauben, Seligkeit zu hal-
ten. Die Antwort kan gantz kurtz ſeyn: Wer
in Unbußfertigkeit und Unglauben ſeines Ver-
ſtandes beraubet wird, und ſich ſelbſt das Leben
nimmt, der wird nicht um der That willen, ſon-
dern um ſeiner Unbußfertigkeit willen verdammt.
Wo aber einer ein wahrer gottſeliger Chriſt, und
im bekehrten Zuſtande iſt, oder ſich auch unter
ſolchen hohen Anfechtungen aufrichtig zu GOtt
bekehret, dem kan man die Seligkeit nicht ab-
ſprechen, ſolte er auch bey dieſer Leibes-Kranck-
heit durch die angeſteckte Phantaſie, und Furcht
ſich zu toͤdten, ſeines Verſtandes beraubet, und
zu ſolcher That verleitet werden.

§. 74.
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[360/0406] ob ſolche Leute ſelig werden, ihnen, daß ſie nicht bey ihrem allgemeinen Glau- ben, oder Beyfall, den ſie nun erſt bekommen, in Verzweiffelung gerathen, und, wenn die Furcht vor dem ſelbſt-toͤdten ihnen den Verſtand be- nimmt, die That vollziehen, ſo daß ihnen nicht als- denn die That, als die ohne Verſtand geſchicht, ſondern ihre Suͤnde und boͤſes Leben, und ihr Unglauben an CHriſtum, und die Verzweiffe- lung als eine verdammliche Suͤnde angerechnet, und eine Urſache ihrer ewigen Verdammniß wird. Dieſes kan uns auch Licht geben, die Frage zu beantworten, was von ſolcher Leute, die ſich ſelbſt des Lebens berauben, Seligkeit zu hal- ten. Die Antwort kan gantz kurtz ſeyn: Wer in Unbußfertigkeit und Unglauben ſeines Ver- ſtandes beraubet wird, und ſich ſelbſt das Leben nimmt, der wird nicht um der That willen, ſon- dern um ſeiner Unbußfertigkeit willen verdammt. Wo aber einer ein wahrer gottſeliger Chriſt, und im bekehrten Zuſtande iſt, oder ſich auch unter ſolchen hohen Anfechtungen aufrichtig zu GOtt bekehret, dem kan man die Seligkeit nicht ab- ſprechen, ſolte er auch bey dieſer Leibes-Kranck- heit durch die angeſteckte Phantaſie, und Furcht ſich zu toͤdten, ſeines Verſtandes beraubet, und zu ſolcher That verleitet werden. §. 74.

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/406>, abgerufen am 22.11.2024.