Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

wie es zugehe,
Stärckung des Glaubens, Geduld, Demuth,
Hoffnung etc. Gelegenheit geben; weil es ein
großes Stück der Weisheit GOttes, daß nebst
der Predigt des Göttlichen Worts, insonderheit
des Gesetzes, auch der kränckliche Leib, wenn
er von GOTT auf einen Sünder verhänget
wird, zur Buße, Erkänntniß der Sünden,
und zur Bekehrung desselben das seine beytra-
gen, und Gelegenheit dazu geben muß. Jch
gebe zwar gerne zu, daß GOttes Wort auch
den am Leibe gesündesten Sünder, wenn es
mit Glauben angenommen, und die Sünde,
die es bestraft, recht erkannt wird, in Angst,
Traurigkeit und Furcht setzen, und also zur
Bekehrung zubereiten könne; so daß es ihm
wie ein Stein auf sein Hertze fället, und er
mit Furcht umfangen, weder aus noch ein
weiß, wie wir im Liede singen. Die Er-
fahrung aber lehret gleichwol auch, daß höchst
gesunde Leute, welche starcke Nerven, und Fi-
bren haben, bey denen das Geblüte gut cir-
culi
ret, bey denen im Leibe nichts verstopfft ist,
welche gut ausdünsten, welche eher zu kaltes,
als zu hitziges Geblüte haben, schwer in Furcht,
Angst, Schrecken, und Traurigkeit zu setzen
sind, man sage, und drohe ihnen mit was vor
Ubeln man wolle. Allein last einen Men-
schen und Sünder nur in solchen kräncklichen

Zustand

wie es zugehe,
Staͤrckung des Glaubens, Geduld, Demuth,
Hoffnung ꝛc. Gelegenheit geben; weil es ein
großes Stuͤck der Weisheit GOttes, daß nebſt
der Predigt des Goͤttlichen Worts, inſonderheit
des Geſetzes, auch der kraͤnckliche Leib, wenn
er von GOTT auf einen Suͤnder verhaͤnget
wird, zur Buße, Erkaͤnntniß der Suͤnden,
und zur Bekehrung deſſelben das ſeine beytra-
gen, und Gelegenheit dazu geben muß. Jch
gebe zwar gerne zu, daß GOttes Wort auch
den am Leibe geſuͤndeſten Suͤnder, wenn es
mit Glauben angenommen, und die Suͤnde,
die es beſtraft, recht erkannt wird, in Angſt,
Traurigkeit und Furcht ſetzen, und alſo zur
Bekehrung zubereiten koͤnne; ſo daß es ihm
wie ein Stein auf ſein Hertze faͤllet, und er
mit Furcht umfangen, weder aus noch ein
weiß, wie wir im Liede ſingen. Die Er-
fahrung aber lehret gleichwol auch, daß hoͤchſt
geſunde Leute, welche ſtarcke Nerven, und Fi-
bren haben, bey denen das Gebluͤte gut cir-
culi
ret, bey denen im Leibe nichts verſtopfft iſt,
welche gut ausduͤnſten, welche eher zu kaltes,
als zu hitziges Gebluͤte haben, ſchwer in Furcht,
Angſt, Schrecken, und Traurigkeit zu ſetzen
ſind, man ſage, und drohe ihnen mit was vor
Ubeln man wolle. Allein laſt einen Men-
ſchen und Suͤnder nur in ſolchen kraͤncklichen

Zuſtand
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0345" n="299"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">wie es zugehe,</hi></fw><lb/>
Sta&#x0364;rckung des Glaubens, Geduld, Demuth,<lb/>
Hoffnung &#xA75B;c. Gelegenheit geben; weil es ein<lb/>
großes Stu&#x0364;ck der Weisheit GOttes, daß neb&#x017F;t<lb/>
der Predigt des Go&#x0364;ttlichen Worts, in&#x017F;onderheit<lb/>
des Ge&#x017F;etzes, auch der kra&#x0364;nckliche Leib, wenn<lb/>
er von <hi rendition="#g">GOTT</hi> auf einen Su&#x0364;nder verha&#x0364;nget<lb/>
wird, zur Buße, Erka&#x0364;nntniß der Su&#x0364;nden,<lb/>
und zur Bekehrung de&#x017F;&#x017F;elben das &#x017F;eine beytra-<lb/>
gen, und Gelegenheit dazu geben muß. Jch<lb/>
gebe zwar gerne zu, daß GOttes Wort auch<lb/>
den am Leibe ge&#x017F;u&#x0364;nde&#x017F;ten Su&#x0364;nder, wenn es<lb/>
mit Glauben angenommen, und die Su&#x0364;nde,<lb/>
die es be&#x017F;traft, recht erkannt wird, in Ang&#x017F;t,<lb/>
Traurigkeit und Furcht &#x017F;etzen, und al&#x017F;o zur<lb/>
Bekehrung zubereiten ko&#x0364;nne; &#x017F;o daß es ihm<lb/>
wie ein Stein auf &#x017F;ein Hertze fa&#x0364;llet, und er<lb/>
mit Furcht umfangen, weder aus noch ein<lb/>
weiß, wie wir im Liede &#x017F;ingen. Die Er-<lb/>
fahrung aber lehret gleichwol auch, daß ho&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
ge&#x017F;unde Leute, welche &#x017F;tarcke Nerven, und Fi-<lb/>
bren haben, bey denen das Geblu&#x0364;te gut <hi rendition="#aq">cir-<lb/>
culi</hi>ret, bey denen im Leibe nichts ver&#x017F;topfft i&#x017F;t,<lb/>
welche gut ausdu&#x0364;n&#x017F;ten, welche eher zu kaltes,<lb/>
als zu hitziges Geblu&#x0364;te haben, &#x017F;chwer in Furcht,<lb/>
Ang&#x017F;t, Schrecken, und Traurigkeit zu &#x017F;etzen<lb/>
&#x017F;ind, man &#x017F;age, und drohe ihnen mit was vor<lb/>
Ubeln man wolle. Allein la&#x017F;t einen Men-<lb/>
&#x017F;chen und Su&#x0364;nder nur in &#x017F;olchen kra&#x0364;ncklichen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Zu&#x017F;tand</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[299/0345] wie es zugehe, Staͤrckung des Glaubens, Geduld, Demuth, Hoffnung ꝛc. Gelegenheit geben; weil es ein großes Stuͤck der Weisheit GOttes, daß nebſt der Predigt des Goͤttlichen Worts, inſonderheit des Geſetzes, auch der kraͤnckliche Leib, wenn er von GOTT auf einen Suͤnder verhaͤnget wird, zur Buße, Erkaͤnntniß der Suͤnden, und zur Bekehrung deſſelben das ſeine beytra- gen, und Gelegenheit dazu geben muß. Jch gebe zwar gerne zu, daß GOttes Wort auch den am Leibe geſuͤndeſten Suͤnder, wenn es mit Glauben angenommen, und die Suͤnde, die es beſtraft, recht erkannt wird, in Angſt, Traurigkeit und Furcht ſetzen, und alſo zur Bekehrung zubereiten koͤnne; ſo daß es ihm wie ein Stein auf ſein Hertze faͤllet, und er mit Furcht umfangen, weder aus noch ein weiß, wie wir im Liede ſingen. Die Er- fahrung aber lehret gleichwol auch, daß hoͤchſt geſunde Leute, welche ſtarcke Nerven, und Fi- bren haben, bey denen das Gebluͤte gut cir- culiret, bey denen im Leibe nichts verſtopfft iſt, welche gut ausduͤnſten, welche eher zu kaltes, als zu hitziges Gebluͤte haben, ſchwer in Furcht, Angſt, Schrecken, und Traurigkeit zu ſetzen ſind, man ſage, und drohe ihnen mit was vor Ubeln man wolle. Allein laſt einen Men- ſchen und Suͤnder nur in ſolchen kraͤncklichen Zuſtand

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/345
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/345>, abgerufen am 17.06.2024.