Gleichwie dieses ein Stücke der Weisheit GOTTes ist, und ieder gerne zugestehet, daß uns die Affecten von GOtt gegeben zu unserer Glückseligkeit, und zu Erhaltung unsers Leibes und Lebens: so mag freylich wol durch den Fall unserer ersten Eltern, gleichwie unsere Seele, also auch unser Leib höchst seyn verder- bet worden, so daß diese Affecten, die uns zum Leben gegeben waren, ietzund zufälliger Weise allerhand Kranckheiten, und wol öffters den Tod selbst befördern. Krafft dieser Verderb- niß urtheilen wir nicht allemahl recht, was ein Gut, und was ein Ubel sey: item, was ein großes Gut, und was ein großes Ubel sey. Wir sehen es vor größer an, als es ist; fol- gentlich sind auch die Affecten unmäßig, die Bewegung der Lebens-Geister zu starck und zu hefftig; welche allzu hefftige Bewegung dann, an statt daß sie den Leib in Stand setzen solte, dem Ubel zu entgehen, und des Guten theil- hafftig zu werden, denselben vielmehr bildet und figuriret nach dem Bilde der Kranckheit, und des Ubels, um welches willen die Seele vor den Leib besorget gewesen, und was sie vor den Leib befürchtet; (corpori metuit) oder brin- get den Leib auch gar in folche Unordnung durch
allzu
daß ſie es nicht thun moͤchten.
wenden, oder es ohne Gefahr zu leiden, beytraͤgt.
Gleichwie dieſes ein Stuͤcke der Weisheit GOTTes iſt, und ieder gerne zugeſtehet, daß uns die Affecten von GOtt gegeben zu unſerer Gluͤckſeligkeit, und zu Erhaltung unſers Leibes und Lebens: ſo mag freylich wol durch den Fall unſerer erſten Eltern, gleichwie unſere Seele, alſo auch unſer Leib hoͤchſt ſeyn verder- bet worden, ſo daß dieſe Affecten, die uns zum Leben gegeben waren, ietzund zufaͤlliger Weiſe allerhand Kranckheiten, und wol oͤffters den Tod ſelbſt befoͤrdern. Krafft dieſer Verderb- niß urtheilen wir nicht allemahl recht, was ein Gut, und was ein Ubel ſey: item, was ein großes Gut, und was ein großes Ubel ſey. Wir ſehen es vor groͤßer an, als es iſt; fol- gentlich ſind auch die Affecten unmaͤßig, die Bewegung der Lebens-Geiſter zu ſtarck und zu hefftig; welche allzu hefftige Bewegung dann, an ſtatt daß ſie den Leib in Stand ſetzen ſolte, dem Ubel zu entgehen, und des Guten theil- hafftig zu werden, denſelben vielmehr bildet und figuriret nach dem Bilde der Kranckheit, und des Ubels, um welches willen die Seele vor den Leib beſorget geweſen, und was ſie vor den Leib befuͤrchtet; (corpori metuit) oder brin- get den Leib auch gar in folche Unordnung durch
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daß ſie es nicht thun moͤchten.
wenden, oder es ohne Gefahr zu leiden,
beytraͤgt.
Gleichwie dieſes ein Stuͤcke der Weisheit
GOTTes iſt, und ieder gerne zugeſtehet, daß
uns die Affecten von GOtt gegeben zu unſerer
Gluͤckſeligkeit, und zu Erhaltung unſers Leibes
und Lebens: ſo mag freylich wol durch den
Fall unſerer erſten Eltern, gleichwie unſere
Seele, alſo auch unſer Leib hoͤchſt ſeyn verder-
bet worden, ſo daß dieſe Affecten, die uns zum
Leben gegeben waren, ietzund zufaͤlliger Weiſe
allerhand Kranckheiten, und wol oͤffters den
Tod ſelbſt befoͤrdern. Krafft dieſer Verderb-
niß urtheilen wir nicht allemahl recht, was ein
Gut, und was ein Ubel ſey: item, was ein
großes Gut, und was ein großes Ubel ſey.
Wir ſehen es vor groͤßer an, als es iſt; fol-
gentlich ſind auch die Affecten unmaͤßig, die
Bewegung der Lebens-Geiſter zu ſtarck und zu
hefftig; welche allzu hefftige Bewegung dann,
an ſtatt daß ſie den Leib in Stand ſetzen ſolte,
dem Ubel zu entgehen, und des Guten theil-
hafftig zu werden, denſelben vielmehr bildet und
figuriret nach dem Bilde der Kranckheit, und
des Ubels, um welches willen die Seele vor
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/324>, abgerufen am 22.11.2024.
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