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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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der ihm im Zorn
Jtaliänisch, Frantzösisch und Englisch reden, wie
man wolte. Vorm Schlafengehen, wenn wir
nach Hause kamen, und des Morgens, ehe er
noch ausgieng, hatte ich insonderheit die Gele-
genheit mich dieses Vortheils zu bedienen.

Allein die Herrlichkeit währte nicht lange.
Denn er ward mir unter der Hand, und ehe ich
mich es versahe, zu einem Brandtewein-Säuf-
fer, hatte um ein leichtes einen Rausch von Ros-
solis,
welches er täglich in Menge soff, und
was das übelste war, so wolte er es nicht Wort
haben, sondern fieng mit denen auf das grim-
migste an zu zancken, die ihn damit aufziehen
wolten. Einstens kam er halb truncken des
Abends zu uns ins Wirths-Haus; und, da ihn
auch der Wirth mit dem Rossolis zu vexiren an-
fieng, vor dem er es bisher verborgen hatte, und
nicht anders meynte, ich hätte seinen Fehler, und
Gebrechen dem Hospiti entdecket; so fieng er,
nachdem wir nach Hause kommen waren, auf
die bitterste Art mit mir an zu expostuliren.
Wir kamen hart an einander: ich mochte ihm
gute, oder harte Worte, als Herr der Stube, ge-
ben, so war er doch so wenig zu besänfftigen,
daß er auch Mine machte, als ob er zum Degen
greiffen wolte, den er noch nicht von sich geleget
hatte. Endlich fieng er schnell an zu schwei-
gen, und nicht ein Wort mehr zu sagen, gieng

tief-

der ihm im Zorn
Jtaliaͤniſch, Frantzoͤſiſch und Engliſch reden, wie
man wolte. Vorm Schlafengehen, wenn wir
nach Hauſe kamen, und des Morgens, ehe er
noch ausgieng, hatte ich inſonderheit die Gele-
genheit mich dieſes Vortheils zu bedienen.

Allein die Herrlichkeit waͤhrte nicht lange.
Denn er ward mir unter der Hand, und ehe ich
mich es verſahe, zu einem Brandtewein-Saͤuf-
fer, hatte um ein leichtes einen Rauſch von Ros-
ſolis,
welches er taͤglich in Menge ſoff, und
was das uͤbelſte war, ſo wolte er es nicht Wort
haben, ſondern fieng mit denen auf das grim-
migſte an zu zancken, die ihn damit aufziehen
wolten. Einſtens kam er halb truncken des
Abends zu uns ins Wirths-Haus; und, da ihn
auch der Wirth mit dem Rosſolis zu vexiren an-
fieng, vor dem er es bisher verborgen hatte, und
nicht anders meynte, ich haͤtte ſeinen Fehler, und
Gebrechen dem Hoſpiti entdecket; ſo fieng er,
nachdem wir nach Hauſe kommen waren, auf
die bitterſte Art mit mir an zu expoſtuliren.
Wir kamen hart an einander: ich mochte ihm
gute, oder harte Worte, als Herr der Stube, ge-
ben, ſo war er doch ſo wenig zu beſaͤnfftigen,
daß er auch Mine machte, als ob er zum Degen
greiffen wolte, den er noch nicht von ſich geleget
hatte. Endlich fieng er ſchnell an zu ſchwei-
gen, und nicht ein Wort mehr zu ſagen, gieng

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[187/0233] der ihm im Zorn Jtaliaͤniſch, Frantzoͤſiſch und Engliſch reden, wie man wolte. Vorm Schlafengehen, wenn wir nach Hauſe kamen, und des Morgens, ehe er noch ausgieng, hatte ich inſonderheit die Gele- genheit mich dieſes Vortheils zu bedienen. Allein die Herrlichkeit waͤhrte nicht lange. Denn er ward mir unter der Hand, und ehe ich mich es verſahe, zu einem Brandtewein-Saͤuf- fer, hatte um ein leichtes einen Rauſch von Ros- ſolis, welches er taͤglich in Menge ſoff, und was das uͤbelſte war, ſo wolte er es nicht Wort haben, ſondern fieng mit denen auf das grim- migſte an zu zancken, die ihn damit aufziehen wolten. Einſtens kam er halb truncken des Abends zu uns ins Wirths-Haus; und, da ihn auch der Wirth mit dem Rosſolis zu vexiren an- fieng, vor dem er es bisher verborgen hatte, und nicht anders meynte, ich haͤtte ſeinen Fehler, und Gebrechen dem Hoſpiti entdecket; ſo fieng er, nachdem wir nach Hauſe kommen waren, auf die bitterſte Art mit mir an zu expoſtuliren. Wir kamen hart an einander: ich mochte ihm gute, oder harte Worte, als Herr der Stube, ge- ben, ſo war er doch ſo wenig zu beſaͤnfftigen, daß er auch Mine machte, als ob er zum Degen greiffen wolte, den er noch nicht von ſich geleget hatte. Endlich fieng er ſchnell an zu ſchwei- gen, und nicht ein Wort mehr zu ſagen, gieng tief-

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/233>, abgerufen am 18.05.2024.