mich in ein Gespräch mit ihm ein, und bot ihm freye Stube an, ohne etwas anders als die Frey- heit mit ihm zu parliren, von ihm zu verlangen, so offt er zu Hause wäre. Wir wurden mit einander gleich eins; denn deutsch kunte er ohne- dem noch wenig, oder nichts. Er war ein ge- bohrner Schottländer, und hatte mit seinem Vater, weil derselbe des Jacobi Parthey gehal- ten, flüchtig werden, und sich nach Franckreich retiriren müssen. Zu Paris hatte er studiret, und auch in Spanien auf der Universität Alcala de Henares. Wie er Jtaliänisch gelernet, kan ich mich nicht mehr besinnen; denn er par- lirte seine 4. 5. Sprachen, und gab in denselben Lection, verdiente auch dabey viel Geld, indem er bis 6. Stunden des Tages besetzet hatte, und wegen seines lustigen Humeurs gar angenehm war. Die Aristotelische Philosophie hatte er wohl inne, und hatte in Paris Magister werden sollen, war aber, wie er vorgab, im Zorn da- von gelauffen, als ihm einer bey der Promotion vorgezogen worden. Er hieß Olearius, oder, wie er sich nach der Englischen Aussprache nen- nen ließ, Olerius. Der Anfang war gut. Jch fand an ihm, was ich gesucht hatte. Er war ein animal disputax; und, wenn er des Abends zu dem Gastwirth kam, wo ich speisete, mich abzuholen, so kunte man mit ihm Lateinisch,
Jtaliä-
auf ſeine Stube,
mich in ein Geſpraͤch mit ihm ein, und bot ihm freye Stube an, ohne etwas anders als die Frey- heit mit ihm zu parliren, von ihm zu verlangen, ſo offt er zu Hauſe waͤre. Wir wurden mit einander gleich eins; denn deutſch kunte er ohne- dem noch wenig, oder nichts. Er war ein ge- bohrner Schottlaͤnder, und hatte mit ſeinem Vater, weil derſelbe des Jacobi Parthey gehal- ten, fluͤchtig werden, und ſich nach Franckreich retiriren muͤſſen. Zu Paris hatte er ſtudiret, und auch in Spanien auf der Univerſitaͤt Alcala de Henares. Wie er Jtaliaͤniſch gelernet, kan ich mich nicht mehr beſinnen; denn er par- lirte ſeine 4. 5. Sprachen, und gab in denſelben Lection, verdiente auch dabey viel Geld, indem er bis 6. Stunden des Tages beſetzet hatte, und wegen ſeines luſtigen Humeurs gar angenehm war. Die Ariſtoteliſche Philoſophie hatte er wohl inne, und hatte in Paris Magiſter werden ſollen, war aber, wie er vorgab, im Zorn da- von gelauffen, als ihm einer bey der Promotion vorgezogen worden. Er hieß Olearius, oder, wie er ſich nach der Engliſchen Ausſprache nen- nen ließ, Olerius. Der Anfang war gut. Jch fand an ihm, was ich geſucht hatte. Er war ein animal diſputax; und, wenn er des Abends zu dem Gaſtwirth kam, wo ich ſpeiſete, mich abzuholen, ſo kunte man mit ihm Lateiniſch,
Jtaliaͤ-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0232"n="186"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">auf ſeine Stube,</hi></fw><lb/>
mich in ein Geſpraͤch mit ihm ein, und bot ihm<lb/>
freye Stube an, ohne etwas anders als die Frey-<lb/>
heit mit ihm zu <hirendition="#aq">parli</hi>ren, von ihm zu verlangen,<lb/>ſo offt er zu Hauſe waͤre. Wir wurden mit<lb/>
einander gleich eins; denn deutſch kunte er ohne-<lb/>
dem noch wenig, oder nichts. Er war ein ge-<lb/>
bohrner Schottlaͤnder, und hatte mit ſeinem<lb/>
Vater, weil derſelbe des <hirendition="#aq">Jacobi</hi> Parthey gehal-<lb/>
ten, fluͤchtig werden, und ſich nach Franckreich<lb/><hirendition="#aq">retiri</hi>ren muͤſſen. Zu Paris hatte er <hirendition="#aq">ſtudi</hi>ret,<lb/>
und auch in Spanien auf der <hirendition="#aq">Univerſit</hi>aͤt <hirendition="#aq">Alcala<lb/>
de Henares.</hi> Wie er Jtaliaͤniſch gelernet,<lb/>
kan ich mich nicht mehr beſinnen; denn er <hirendition="#aq">par-<lb/>
li</hi>rte ſeine 4. 5. Sprachen, und gab in denſelben<lb/><hirendition="#aq">Lection,</hi> verdiente auch dabey viel Geld, indem<lb/>
er bis 6. Stunden des Tages beſetzet hatte, und<lb/>
wegen ſeines luſtigen <hirendition="#aq">Humeurs</hi> gar angenehm<lb/>
war. Die <hirendition="#aq">Ariſtoteli</hi>ſche <hirendition="#aq">Philoſophie</hi> hatte er<lb/>
wohl inne, und hatte in Paris <hirendition="#aq">Magiſter</hi> werden<lb/>ſollen, war aber, wie er vorgab, im Zorn da-<lb/>
von gelauffen, als ihm einer bey der <hirendition="#aq">Promotion</hi><lb/>
vorgezogen worden. Er hieß <hirendition="#aq">Olearius,</hi> oder,<lb/>
wie er ſich nach der Engliſchen Ausſprache nen-<lb/>
nen ließ, <hirendition="#aq">Olerius.</hi> Der Anfang war gut.<lb/>
Jch fand an ihm, was ich geſucht hatte. Er<lb/>
war ein <hirendition="#aq">animal diſputax;</hi> und, wenn er des<lb/>
Abends zu dem Gaſtwirth kam, wo ich ſpeiſete,<lb/>
mich abzuholen, ſo kunte man mit ihm Lateiniſch,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Jtaliaͤ-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[186/0232]
auf ſeine Stube,
mich in ein Geſpraͤch mit ihm ein, und bot ihm
freye Stube an, ohne etwas anders als die Frey-
heit mit ihm zu parliren, von ihm zu verlangen,
ſo offt er zu Hauſe waͤre. Wir wurden mit
einander gleich eins; denn deutſch kunte er ohne-
dem noch wenig, oder nichts. Er war ein ge-
bohrner Schottlaͤnder, und hatte mit ſeinem
Vater, weil derſelbe des Jacobi Parthey gehal-
ten, fluͤchtig werden, und ſich nach Franckreich
retiriren muͤſſen. Zu Paris hatte er ſtudiret,
und auch in Spanien auf der Univerſitaͤt Alcala
de Henares. Wie er Jtaliaͤniſch gelernet,
kan ich mich nicht mehr beſinnen; denn er par-
lirte ſeine 4. 5. Sprachen, und gab in denſelben
Lection, verdiente auch dabey viel Geld, indem
er bis 6. Stunden des Tages beſetzet hatte, und
wegen ſeines luſtigen Humeurs gar angenehm
war. Die Ariſtoteliſche Philoſophie hatte er
wohl inne, und hatte in Paris Magiſter werden
ſollen, war aber, wie er vorgab, im Zorn da-
von gelauffen, als ihm einer bey der Promotion
vorgezogen worden. Er hieß Olearius, oder,
wie er ſich nach der Engliſchen Ausſprache nen-
nen ließ, Olerius. Der Anfang war gut.
Jch fand an ihm, was ich geſucht hatte. Er
war ein animal diſputax; und, wenn er des
Abends zu dem Gaſtwirth kam, wo ich ſpeiſete,
mich abzuholen, ſo kunte man mit ihm Lateiniſch,
Jtaliaͤ-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/232>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.