ehemahlige Sünden zu gedencken, ich ge- schweige denn, daß er sie von neuem thun solte. Es rückte mit mähligem der Frühling des 1699. Jahrs, und die Zeit meines Abschiedes aus Breßlau, heran. Jch schrieb nach Leipzig wegen der Wohnung, und gab Suppliquen ein an die Kauffmannschafft, Jnnungen, und an alle Gemeinden in Kohl-Gärten, und in der Vorstadt, um ein Viaticum oder Zehr-Pfen- nig auf die Reise zu colligiren; worinnen ich auch sehr glücklich war, indem meine Eltern und Geschwister einen guten Ruff in der gan- tzen Vorstadt bey den Leuten hatten, und es auch noch nicht war erhöret worden, daß eines Kräuters, oder Kohl-Gärtners Sohn studiret hätte. Uber diß muste ich mich auf das Exa- men, weil mir ein Stipendium vom Rath auf 3. Jahr war versprochen worden, geschickt ma- chen, und an der Oratione valedictoria arbei- ten, welche die Stipendiaten zu halten pflegen. Dieses alles hielt dem alten Adam, so zu re- den, den Daumen auf den Augen, oder ihn am Creutze, woran ich ihn zur Zeit der Buße geschlagen hatte, so feste, daß er sich nicht nach seinem Gefallen regen, und bewegen konte. Jch geschweige der Widerwärtigkeit und der Kränckung, so ich in dem Hospitio von der Junge-Magd leiden muste, welche im Hause
herrschte,
und Widerwaͤrtigkeit
ehemahlige Suͤnden zu gedencken, ich ge- ſchweige denn, daß er ſie von neuem thun ſolte. Es ruͤckte mit maͤhligem der Fruͤhling des 1699. Jahrs, und die Zeit meines Abſchiedes aus Breßlau, heran. Jch ſchrieb nach Leipzig wegen der Wohnung, und gab Suppliquen ein an die Kauffmannſchafft, Jnnungen, und an alle Gemeinden in Kohl-Gaͤrten, und in der Vorſtadt, um ein Viaticum oder Zehr-Pfen- nig auf die Reiſe zu colligiren; worinnen ich auch ſehr gluͤcklich war, indem meine Eltern und Geſchwiſter einen guten Ruff in der gan- tzen Vorſtadt bey den Leuten hatten, und es auch noch nicht war erhoͤret worden, daß eines Kraͤuters, oder Kohl-Gaͤrtners Sohn ſtudiret haͤtte. Uber diß muſte ich mich auf das Exa- men, weil mir ein Stipendium vom Rath auf 3. Jahr war verſprochen worden, geſchickt ma- chen, und an der Oratione valedictoria arbei- ten, welche die Stipendiaten zu halten pflegen. Dieſes alles hielt dem alten Adam, ſo zu re- den, den Daumen auf den Augen, oder ihn am Creutze, woran ich ihn zur Zeit der Buße geſchlagen hatte, ſo feſte, daß er ſich nicht nach ſeinem Gefallen regen, und bewegen konte. Jch geſchweige der Widerwaͤrtigkeit und der Kraͤnckung, ſo ich in dem Hoſpitio von der Junge-Magd leiden muſte, welche im Hauſe
herrſchte,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0192"n="146"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">und Widerwaͤrtigkeit</hi></fw><lb/>
ehemahlige Suͤnden zu gedencken, ich ge-<lb/>ſchweige denn, daß er ſie von neuem thun ſolte.<lb/>
Es ruͤckte mit maͤhligem der Fruͤhling des 1699.<lb/>
Jahrs, und die Zeit meines Abſchiedes aus<lb/>
Breßlau, heran. Jch ſchrieb nach Leipzig<lb/>
wegen der Wohnung, und gab <hirendition="#aq">Suppliqu</hi>en ein<lb/>
an die Kauffmannſchafft, Jnnungen, und an<lb/>
alle Gemeinden in Kohl-Gaͤrten, und in der<lb/>
Vorſtadt, um ein <hirendition="#aq">Viaticum</hi> oder Zehr-Pfen-<lb/>
nig auf die Reiſe zu <hirendition="#aq">colligi</hi>ren; worinnen ich<lb/>
auch ſehr gluͤcklich war, indem meine Eltern<lb/>
und Geſchwiſter einen guten Ruff in der gan-<lb/>
tzen Vorſtadt bey den Leuten hatten, und es<lb/>
auch noch nicht war erhoͤret worden, daß eines<lb/>
Kraͤuters, oder Kohl-Gaͤrtners Sohn <hirendition="#aq">ſtudi</hi>ret<lb/>
haͤtte. Uber diß muſte ich mich auf das <hirendition="#aq">Exa-<lb/>
men,</hi> weil mir ein <hirendition="#aq">Stipendium</hi> vom Rath auf<lb/>
3. Jahr war verſprochen worden, geſchickt ma-<lb/>
chen, und an der <hirendition="#aq">Oratione valedictoria</hi> arbei-<lb/>
ten, welche die <hirendition="#aq">Stipendiat</hi>en zu halten pflegen.<lb/>
Dieſes alles hielt dem alten Adam, ſo zu re-<lb/>
den, den Daumen auf den Augen, oder ihn<lb/>
am Creutze, woran ich ihn zur Zeit der Buße<lb/>
geſchlagen hatte, ſo feſte, daß er ſich nicht nach<lb/>ſeinem Gefallen regen, und bewegen konte.<lb/>
Jch geſchweige der Widerwaͤrtigkeit und der<lb/>
Kraͤnckung, ſo ich in dem <hirendition="#aq">Hoſpitio</hi> von der<lb/>
Junge-Magd leiden muſte, welche im Hauſe<lb/><fwplace="bottom"type="catch">herrſchte,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[146/0192]
und Widerwaͤrtigkeit
ehemahlige Suͤnden zu gedencken, ich ge-
ſchweige denn, daß er ſie von neuem thun ſolte.
Es ruͤckte mit maͤhligem der Fruͤhling des 1699.
Jahrs, und die Zeit meines Abſchiedes aus
Breßlau, heran. Jch ſchrieb nach Leipzig
wegen der Wohnung, und gab Suppliquen ein
an die Kauffmannſchafft, Jnnungen, und an
alle Gemeinden in Kohl-Gaͤrten, und in der
Vorſtadt, um ein Viaticum oder Zehr-Pfen-
nig auf die Reiſe zu colligiren; worinnen ich
auch ſehr gluͤcklich war, indem meine Eltern
und Geſchwiſter einen guten Ruff in der gan-
tzen Vorſtadt bey den Leuten hatten, und es
auch noch nicht war erhoͤret worden, daß eines
Kraͤuters, oder Kohl-Gaͤrtners Sohn ſtudiret
haͤtte. Uber diß muſte ich mich auf das Exa-
men, weil mir ein Stipendium vom Rath auf
3. Jahr war verſprochen worden, geſchickt ma-
chen, und an der Oratione valedictoria arbei-
ten, welche die Stipendiaten zu halten pflegen.
Dieſes alles hielt dem alten Adam, ſo zu re-
den, den Daumen auf den Augen, oder ihn
am Creutze, woran ich ihn zur Zeit der Buße
geſchlagen hatte, ſo feſte, daß er ſich nicht nach
ſeinem Gefallen regen, und bewegen konte.
Jch geſchweige der Widerwaͤrtigkeit und der
Kraͤnckung, ſo ich in dem Hoſpitio von der
Junge-Magd leiden muſte, welche im Hauſe
herrſchte,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/192>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.