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Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871.

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Alpstubete oder Aelplerfest.
ersten Schwung, und so wie dieser erfolgt und nun das verzweifelte
Ringen, das Beinstellen und Anziehen, das Heben und Drängen
beginnt, da folgen mit fieberhafter Hast, mit jagenden Blicken, mit
klopfendem Herzen die Zuschauer beider Parteien allen Bewegungen.
Halblaute Rufe, unterdrückte Interjektionen, Anfeuerungen begleiten
den Kampf, bis plötzlich durch eine einzige Wendung, durch einen
unvermutheten Griff und Zug der Eine des Anderen Herr und
Meister wird und ihn zu Boden wirft. Diese einmalige Ueber¬
windung entscheidet indessen den Sieg noch nicht. "Eines Mannes
Red ist keine Red, man muß sie hören alle beed!" Nach diesem
Grundsatz wird dem Ueberwundenen nochmals Gelegenheit gegeben,
seine Ringer-Ehre zu retten, und nicht selten ists der Fall, daß
diesmal das Glück auf seiner Seite ist. Nur wer zweimal seinen
Gegner auf den Rücken wirft, ist wirklich Sieger.

Kämpfen nun die Schwinger zweier Thalschaften mit einander
für die Ehre ihrer Partei, z. B. die Unterwaldner und Haslithaler
auf der Alp Breitenfeld ob Meyringen, oder die Entlibucher und
Emmenthaler am Schüpferberg oder auf Ennetegg, -- so tritt aus
der Partei des zuletzt Gefallenen der Ersatzmann heraus und ver¬
sucht seine frischen Kräfte an dem, der im vorhergehenden Gange
Sieger blieb, dessen Kräfte jedoch schon ziemlich angegriffen sind.
Diese Reihenfolge wird besonders fest innegehalten, wenn um einen
ausgesetzten Preis gekämpft wird. Ists indessen nur ein Schwinget
gewöhnlicher Art, so treten überhaupt eine beliebige Anzahl Ringer
aus zwei verschiedenen Pfarrgemeinden auf, die ihre Kräfte mit
einander messen.

Ists jedoch der Fall, daß bei einem solennen Schwinget die
stärksten und gewandtesten Kämpfer beider Parteien die letzten
sind und jede Thalschaft ihre endliche und entscheidende Sieges¬
hoffnung auf ihren Mann setzt, es also gilt, die Ehre des Tages
für eine ganze große Gemeinde zu retten, so entfaltet sich mitunter
ein Schauspiel eigener Art. Beide Ringer einander fürchtend,

Alpſtubete oder Aelplerfeſt.
erſten Schwung, und ſo wie dieſer erfolgt und nun das verzweifelte
Ringen, das Beinſtellen und Anziehen, das Heben und Drängen
beginnt, da folgen mit fieberhafter Haſt, mit jagenden Blicken, mit
klopfendem Herzen die Zuſchauer beider Parteien allen Bewegungen.
Halblaute Rufe, unterdrückte Interjektionen, Anfeuerungen begleiten
den Kampf, bis plötzlich durch eine einzige Wendung, durch einen
unvermutheten Griff und Zug der Eine des Anderen Herr und
Meiſter wird und ihn zu Boden wirft. Dieſe einmalige Ueber¬
windung entſcheidet indeſſen den Sieg noch nicht. „Eines Mannes
Red iſt keine Red, man muß ſie hören alle beed!“ Nach dieſem
Grundſatz wird dem Ueberwundenen nochmals Gelegenheit gegeben,
ſeine Ringer-Ehre zu retten, und nicht ſelten iſts der Fall, daß
diesmal das Glück auf ſeiner Seite iſt. Nur wer zweimal ſeinen
Gegner auf den Rücken wirft, iſt wirklich Sieger.

Kämpfen nun die Schwinger zweier Thalſchaften mit einander
für die Ehre ihrer Partei, z. B. die Unterwaldner und Haslithaler
auf der Alp Breitenfeld ob Meyringen, oder die Entlibucher und
Emmenthaler am Schüpferberg oder auf Ennetegg, — ſo tritt aus
der Partei des zuletzt Gefallenen der Erſatzmann heraus und ver¬
ſucht ſeine friſchen Kräfte an dem, der im vorhergehenden Gange
Sieger blieb, deſſen Kräfte jedoch ſchon ziemlich angegriffen ſind.
Dieſe Reihenfolge wird beſonders feſt innegehalten, wenn um einen
ausgeſetzten Preis gekämpft wird. Iſts indeſſen nur ein Schwinget
gewöhnlicher Art, ſo treten überhaupt eine beliebige Anzahl Ringer
aus zwei verſchiedenen Pfarrgemeinden auf, die ihre Kräfte mit
einander meſſen.

Iſts jedoch der Fall, daß bei einem ſolennen Schwinget die
ſtärkſten und gewandteſten Kämpfer beider Parteien die letzten
ſind und jede Thalſchaft ihre endliche und entſcheidende Sieges¬
hoffnung auf ihren Mann ſetzt, es alſo gilt, die Ehre des Tages
für eine ganze große Gemeinde zu retten, ſo entfaltet ſich mitunter
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[394/0438] Alpſtubete oder Aelplerfeſt. erſten Schwung, und ſo wie dieſer erfolgt und nun das verzweifelte Ringen, das Beinſtellen und Anziehen, das Heben und Drängen beginnt, da folgen mit fieberhafter Haſt, mit jagenden Blicken, mit klopfendem Herzen die Zuſchauer beider Parteien allen Bewegungen. Halblaute Rufe, unterdrückte Interjektionen, Anfeuerungen begleiten den Kampf, bis plötzlich durch eine einzige Wendung, durch einen unvermutheten Griff und Zug der Eine des Anderen Herr und Meiſter wird und ihn zu Boden wirft. Dieſe einmalige Ueber¬ windung entſcheidet indeſſen den Sieg noch nicht. „Eines Mannes Red iſt keine Red, man muß ſie hören alle beed!“ Nach dieſem Grundſatz wird dem Ueberwundenen nochmals Gelegenheit gegeben, ſeine Ringer-Ehre zu retten, und nicht ſelten iſts der Fall, daß diesmal das Glück auf ſeiner Seite iſt. Nur wer zweimal ſeinen Gegner auf den Rücken wirft, iſt wirklich Sieger. Kämpfen nun die Schwinger zweier Thalſchaften mit einander für die Ehre ihrer Partei, z. B. die Unterwaldner und Haslithaler auf der Alp Breitenfeld ob Meyringen, oder die Entlibucher und Emmenthaler am Schüpferberg oder auf Ennetegg, — ſo tritt aus der Partei des zuletzt Gefallenen der Erſatzmann heraus und ver¬ ſucht ſeine friſchen Kräfte an dem, der im vorhergehenden Gange Sieger blieb, deſſen Kräfte jedoch ſchon ziemlich angegriffen ſind. Dieſe Reihenfolge wird beſonders feſt innegehalten, wenn um einen ausgeſetzten Preis gekämpft wird. Iſts indeſſen nur ein Schwinget gewöhnlicher Art, ſo treten überhaupt eine beliebige Anzahl Ringer aus zwei verſchiedenen Pfarrgemeinden auf, die ihre Kräfte mit einander meſſen. Iſts jedoch der Fall, daß bei einem ſolennen Schwinget die ſtärkſten und gewandteſten Kämpfer beider Parteien die letzten ſind und jede Thalſchaft ihre endliche und entſcheidende Sieges¬ hoffnung auf ihren Mann ſetzt, es alſo gilt, die Ehre des Tages für eine ganze große Gemeinde zu retten, ſo entfaltet ſich mitunter ein Schauſpiel eigener Art. Beide Ringer einander fürchtend,

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Zitationshilfe: Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berlepsch_alpen_1861/438>, abgerufen am 25.11.2024.