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Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871.

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Alpstubete oder Aelplerfest.
und geschwungener Nidel (zu Schaum geschlagener fetter Rahm),
lockend feines, weißes Weizenbrod und Wein, genug, was des
Alpensohnes Kunst vermag, wird hier in Menge zum fröhlichen
Mahl aufgetischt. Das ist ein Scherzen und Kosen, ein Föppeln
und Necken, mitunter weidlich derb und unglimpflich, wies eben
Sitte ist da droben.

Noch einmal trennt sich das junge Volk. Die Mädchen ziehen
schaarenweise singend umher, suchen die bekannten Stellen auf und
zwingen die Gnomen der Felsenwände, durch alle Tonarten hin¬
durch ihnen als Echo zu sekundiren. Es ist der vollendetste Ueber¬
muth, die aufs Aeußerste gespannte Elasticität des Humors und
der Freudenbegierde, die sich zu entladen bestrebt und nun jeden
Anlaß benutzt, um das Ueberselige der Stimmung zu bethätigen.

Die Sonne steht hoch! Der Himmel strotzt im tiefsten Blau
des unendlichen Aethers! Da jauchzts und ruggüßelet es aus
jedem Winkel hervor, von allen Halden herab. Wo irgend eine
Hütte hinterm Tannenschopf verborgen liegt, oder wo es über einen
Bühel hinaufführt in ein anderes Berggut, oder der schmale,
schlängelnde Pfad hinüberläuft übers Tobel zur Nachbar-Alp, von
allen Seiten strömts herbei, das genußdurstige Volk, elektrische
Freudenblitze durch die Lüfte schleudernd. Hei! drunten auf dem
Plan der Bergwiese, welch ein Gedränge, welch wogendes, schwirren¬
des Durcheinander! Da ist das Fest im vollsten Gange schon.
"Wer gerne tanzt, dem ist leicht gepfiffen!" Erhöht auf einem
Felsenblock hat ein Orchester seine Kunstwerkstätte aufgeschlagen.
Zwei Musikanten sinds, Autodidakten, die hemdärmelig dem Volke
neckische Weisen aufspielen. Der eine hat das Hackbrett auf den
Knieen, den Urgroßvater aller pianistischen Instrumente, dessen
Saiten er mit dem Stahlstäbchen hellschwirrende Metalltöne in
kecken, zuckenden Rhythmen entlockt. Sein Sekundant ist ein Geiger,
ebenso ein origineller Kauz; voll Witz und sprudelndem Humor
schmückt er die ohnehin schon herausfordernd muthwillige Melodie

Alpſtubete oder Aelplerfeſt.
und geſchwungener Nidel (zu Schaum geſchlagener fetter Rahm),
lockend feines, weißes Weizenbrod und Wein, genug, was des
Alpenſohnes Kunſt vermag, wird hier in Menge zum fröhlichen
Mahl aufgetiſcht. Das iſt ein Scherzen und Koſen, ein Föppeln
und Necken, mitunter weidlich derb und unglimpflich, wies eben
Sitte iſt da droben.

Noch einmal trennt ſich das junge Volk. Die Mädchen ziehen
ſchaarenweiſe ſingend umher, ſuchen die bekannten Stellen auf und
zwingen die Gnomen der Felſenwände, durch alle Tonarten hin¬
durch ihnen als Echo zu ſekundiren. Es iſt der vollendetſte Ueber¬
muth, die aufs Aeußerſte geſpannte Elaſticität des Humors und
der Freudenbegierde, die ſich zu entladen beſtrebt und nun jeden
Anlaß benutzt, um das Ueberſelige der Stimmung zu bethätigen.

Die Sonne ſteht hoch! Der Himmel ſtrotzt im tiefſten Blau
des unendlichen Aethers! Da jauchzts und ruggüßelet es aus
jedem Winkel hervor, von allen Halden herab. Wo irgend eine
Hütte hinterm Tannenſchopf verborgen liegt, oder wo es über einen
Bühel hinaufführt in ein anderes Berggut, oder der ſchmale,
ſchlängelnde Pfad hinüberläuft übers Tobel zur Nachbar-Alp, von
allen Seiten ſtrömts herbei, das genußdurſtige Volk, elektriſche
Freudenblitze durch die Lüfte ſchleudernd. Hei! drunten auf dem
Plan der Bergwieſe, welch ein Gedränge, welch wogendes, ſchwirren¬
des Durcheinander! Da iſt das Feſt im vollſten Gange ſchon.
„Wer gerne tanzt, dem iſt leicht gepfiffen!“ Erhöht auf einem
Felſenblock hat ein Orcheſter ſeine Kunſtwerkſtätte aufgeſchlagen.
Zwei Muſikanten ſinds, Autodidakten, die hemdärmelig dem Volke
neckiſche Weiſen aufſpielen. Der eine hat das Hackbrett auf den
Knieen, den Urgroßvater aller pianiſtiſchen Inſtrumente, deſſen
Saiten er mit dem Stahlſtäbchen hellſchwirrende Metalltöne in
kecken, zuckenden Rhythmen entlockt. Sein Sekundant iſt ein Geiger,
ebenſo ein origineller Kauz; voll Witz und ſprudelndem Humor
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[388/0432] Alpſtubete oder Aelplerfeſt. und geſchwungener Nidel (zu Schaum geſchlagener fetter Rahm), lockend feines, weißes Weizenbrod und Wein, genug, was des Alpenſohnes Kunſt vermag, wird hier in Menge zum fröhlichen Mahl aufgetiſcht. Das iſt ein Scherzen und Koſen, ein Föppeln und Necken, mitunter weidlich derb und unglimpflich, wies eben Sitte iſt da droben. Noch einmal trennt ſich das junge Volk. Die Mädchen ziehen ſchaarenweiſe ſingend umher, ſuchen die bekannten Stellen auf und zwingen die Gnomen der Felſenwände, durch alle Tonarten hin¬ durch ihnen als Echo zu ſekundiren. Es iſt der vollendetſte Ueber¬ muth, die aufs Aeußerſte geſpannte Elaſticität des Humors und der Freudenbegierde, die ſich zu entladen beſtrebt und nun jeden Anlaß benutzt, um das Ueberſelige der Stimmung zu bethätigen. Die Sonne ſteht hoch! Der Himmel ſtrotzt im tiefſten Blau des unendlichen Aethers! Da jauchzts und ruggüßelet es aus jedem Winkel hervor, von allen Halden herab. Wo irgend eine Hütte hinterm Tannenſchopf verborgen liegt, oder wo es über einen Bühel hinaufführt in ein anderes Berggut, oder der ſchmale, ſchlängelnde Pfad hinüberläuft übers Tobel zur Nachbar-Alp, von allen Seiten ſtrömts herbei, das genußdurſtige Volk, elektriſche Freudenblitze durch die Lüfte ſchleudernd. Hei! drunten auf dem Plan der Bergwieſe, welch ein Gedränge, welch wogendes, ſchwirren¬ des Durcheinander! Da iſt das Feſt im vollſten Gange ſchon. „Wer gerne tanzt, dem iſt leicht gepfiffen!“ Erhöht auf einem Felſenblock hat ein Orcheſter ſeine Kunſtwerkſtätte aufgeſchlagen. Zwei Muſikanten ſinds, Autodidakten, die hemdärmelig dem Volke neckiſche Weiſen aufſpielen. Der eine hat das Hackbrett auf den Knieen, den Urgroßvater aller pianiſtiſchen Inſtrumente, deſſen Saiten er mit dem Stahlſtäbchen hellſchwirrende Metalltöne in kecken, zuckenden Rhythmen entlockt. Sein Sekundant iſt ein Geiger, ebenſo ein origineller Kauz; voll Witz und ſprudelndem Humor ſchmückt er die ohnehin ſchon herausfordernd muthwillige Melodie

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Zitationshilfe: Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berlepsch_alpen_1861/432>, abgerufen am 25.11.2024.