Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871.Alpenrose. Drüsenpünktchen luftig und dünn überstreut sich zeigen. Sie kommtmehr in den tieferen, beschatteten, felsigen Bergen, besonders der östlichen Alpen vor, steigt nie über 6000 Fuß empor und wird hin und wieder schon bei 2000 Fuß überm Meere gefunden. Aus diesem Blätterfond quillt nun im Juni und Juli die brennend¬ rothe Blüthen-Dolde, je aus 6 bis 10 prangenden fünfzackigen Blüthenkelchen zusammengesetzt. Das zierlich geformte Glöckchen schimmert im Innern durchsichtig sammetweich fast wie ein molliges Camellien-Blatt; aber an der äußeren Fläche ist es mit hellen, be¬ stimmt hervortretenden schwefelgelben Pünktchen gesprenkelt, die demselben ein widerstandsfähiges, abgehärtetes, robustes Ansehen geben. Nach dem Feuer ihrer Blüthen variiren die Alpenrosen ungemein, vom zartesten, duftigsten Rosa bis hinauf ins glühendste Karminroth. Im Allgemeinen will man wahrnehmen, daß die Tiefe und Gluth der Färbung mit dem höheren Standort der Pflanze auch zunimmt. Die gewimmpte Alpenrose ist gewöhnlich die blassere, hellere, zuweilen mit leichtem Hinüberspielen in eine kaum ange¬ deutete violette Tendenz. Zu den absoluten Seltenheiten gehört das weißblühende Rhododendron im Maderanerthal (bei Amstäg an der Gotthardsstraße), in einigen Walliser Seitenthälern, auf der Hundwyler Höhe (Kanton Appenzell), im Tyroler Paznaun und im Pinzgau sollen sie zu Zeiten vorkommen. Wo große Halden mit blühenden Alpenrosen überzogen sind, Alpenroſe. Drüſenpünktchen luftig und dünn überſtreut ſich zeigen. Sie kommtmehr in den tieferen, beſchatteten, felſigen Bergen, beſonders der öſtlichen Alpen vor, ſteigt nie über 6000 Fuß empor und wird hin und wieder ſchon bei 2000 Fuß überm Meere gefunden. Aus dieſem Blätterfond quillt nun im Juni und Juli die brennend¬ rothe Blüthen-Dolde, je aus 6 bis 10 prangenden fünfzackigen Blüthenkelchen zuſammengeſetzt. Das zierlich geformte Glöckchen ſchimmert im Innern durchſichtig ſammetweich faſt wie ein molliges Camellien-Blatt; aber an der äußeren Fläche iſt es mit hellen, be¬ ſtimmt hervortretenden ſchwefelgelben Pünktchen geſprenkelt, die demſelben ein widerſtandsfähiges, abgehärtetes, robuſtes Anſehen geben. Nach dem Feuer ihrer Blüthen variiren die Alpenroſen ungemein, vom zarteſten, duftigſten Roſa bis hinauf ins glühendſte Karminroth. Im Allgemeinen will man wahrnehmen, daß die Tiefe und Gluth der Färbung mit dem höheren Standort der Pflanze auch zunimmt. Die gewimmpte Alpenroſe iſt gewöhnlich die blaſſere, hellere, zuweilen mit leichtem Hinüberſpielen in eine kaum ange¬ deutete violette Tendenz. Zu den abſoluten Seltenheiten gehört das weißblühende Rhododendron im Maderanerthal (bei Amſtäg an der Gotthardsſtraße), in einigen Walliſer Seitenthälern, auf der Hundwyler Höhe (Kanton Appenzell), im Tyroler Paznaun und im Pinzgau ſollen ſie zu Zeiten vorkommen. Wo große Halden mit blühenden Alpenroſen überzogen ſind, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0128" n="102"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr #g">Alpenroſe</hi>.<lb/></fw> Drüſenpünktchen luftig und dünn überſtreut ſich zeigen. Sie kommt<lb/> mehr in den tieferen, beſchatteten, felſigen Bergen, beſonders der<lb/> öſtlichen Alpen vor, ſteigt nie über 6000 Fuß empor und wird hin<lb/> und wieder ſchon bei 2000 Fuß überm Meere gefunden. Aus<lb/> dieſem Blätterfond quillt nun im Juni und Juli die brennend¬<lb/> rothe Blüthen-Dolde, je aus 6 bis 10 prangenden fünfzackigen<lb/> Blüthenkelchen zuſammengeſetzt. Das zierlich geformte Glöckchen<lb/> ſchimmert im Innern durchſichtig ſammetweich faſt wie ein molliges<lb/> Camellien-Blatt; aber an der äußeren Fläche iſt es mit hellen, be¬<lb/> ſtimmt hervortretenden ſchwefelgelben Pünktchen geſprenkelt, die<lb/> demſelben ein widerſtandsfähiges, abgehärtetes, robuſtes Anſehen<lb/> geben. Nach dem Feuer ihrer Blüthen variiren die Alpenroſen<lb/> ungemein, vom zarteſten, duftigſten Roſa bis hinauf ins glühendſte<lb/> Karminroth. Im Allgemeinen will man wahrnehmen, daß die Tiefe<lb/> und Gluth der Färbung mit dem höheren Standort der Pflanze<lb/> auch zunimmt. Die gewimmpte Alpenroſe iſt gewöhnlich die blaſſere,<lb/> hellere, zuweilen mit leichtem Hinüberſpielen in eine kaum ange¬<lb/> deutete violette Tendenz. 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Wie bei dieſem iſts ein früh¬<lb/> lings-brünſtiges Knospen und Drängen und Koſen dicht neben<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [102/0128]
Alpenroſe.
Drüſenpünktchen luftig und dünn überſtreut ſich zeigen. Sie kommt
mehr in den tieferen, beſchatteten, felſigen Bergen, beſonders der
öſtlichen Alpen vor, ſteigt nie über 6000 Fuß empor und wird hin
und wieder ſchon bei 2000 Fuß überm Meere gefunden. Aus
dieſem Blätterfond quillt nun im Juni und Juli die brennend¬
rothe Blüthen-Dolde, je aus 6 bis 10 prangenden fünfzackigen
Blüthenkelchen zuſammengeſetzt. Das zierlich geformte Glöckchen
ſchimmert im Innern durchſichtig ſammetweich faſt wie ein molliges
Camellien-Blatt; aber an der äußeren Fläche iſt es mit hellen, be¬
ſtimmt hervortretenden ſchwefelgelben Pünktchen geſprenkelt, die
demſelben ein widerſtandsfähiges, abgehärtetes, robuſtes Anſehen
geben. Nach dem Feuer ihrer Blüthen variiren die Alpenroſen
ungemein, vom zarteſten, duftigſten Roſa bis hinauf ins glühendſte
Karminroth. Im Allgemeinen will man wahrnehmen, daß die Tiefe
und Gluth der Färbung mit dem höheren Standort der Pflanze
auch zunimmt. Die gewimmpte Alpenroſe iſt gewöhnlich die blaſſere,
hellere, zuweilen mit leichtem Hinüberſpielen in eine kaum ange¬
deutete violette Tendenz. Zu den abſoluten Seltenheiten gehört
das weißblühende Rhododendron im Maderanerthal (bei Amſtäg
an der Gotthardsſtraße), in einigen Walliſer Seitenthälern, auf
der Hundwyler Höhe (Kanton Appenzell), im Tyroler Paznaun und
im Pinzgau ſollen ſie zu Zeiten vorkommen.
Wo große Halden mit blühenden Alpenroſen überzogen ſind,
wie z. B. auf Itrammen-Alp (wenn man von Grindelwald gegen die
Wengern-Alp anſteigt), oder an der öſtlichen Abdachung des Alp¬
ſiegels (unweit vom Weißbad, Kanton Appenzell), oder an den
lichten Waldungen von Zermatt gen den Riffel hinauf, oder im
Ober-Engadiner Fex-Thal, — da ſtrahlt, weithin ſichtbar, eine
Farbenpracht im brennendſten Rubinfeuer, die in der Ausdeh¬
nung ihres Eindruckes etwa nur dem Blüthenmeere eines Obſt¬
waldes im Mai zu vergleichen iſt. Wie bei dieſem iſts ein früh¬
lings-brünſtiges Knospen und Drängen und Koſen dicht neben
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