Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.Anh. IV. Operationen bei Nin-po. der Spitzbuben liess Capitän Dew aufheben und den Consuln inShang-hae ausliefern. Dem Schleichhandel mit Waffen setzte der- selbe in Nin-po energisch ein Ziel und organisirte ein anglo-chine- sisches Corps von 1000 Mann nach dem Muster des Ward'schen, welches durch Unterofficiere von den Kriegsschiffen eingeübt wurde. Ein franco-chinesisches erhielt seine Instructeure aus Shang-hae. Auch für Artillerie wurde gesorgt; in Kurzem befand sich Nin-po im besten Zustande der Abwehr. Die Kanonenboote fuhren häufig die beiden Flussarme hinauf und hatten Gefechte mit den Tae-pin, die von Yu-yao aus einen Angriff zu rüsten schienen. Sie begin- gen furchtbare Gräuel gegen das Landvolk, schleppten junge Burschen und Mädchen fort und pflegten älteren Personen, die sich nicht auslösen konnten, die Ohren abzuschneiden. -- Capitän Dew erhielt die Weisung, die Umgegend von Nin-po im Dreissigmeilen- radius von Rebellen zu säubern. Der Krieg dauerte den ganzen Herbst und Winter hindurch. Es wurde nothwendig, die von europäischen Officieren com- brauch der Soldaten auf die Stadtmauern geschleppt. Die Canäle waren mit Leichen und stinkendem Unrath gefüllt. ... Ich hatte das Glück, nachher noch manche andere Stadt den Tae-pin entwinden zu helfen, und in allen fand sich, dass die- selben teuflischen Hände gehaust hatten wie in Nin-po." 78) Ward verfügte in Nin-po bei klarem Bewusstsein über sein im Kriege er-
worbenes Vermögen, 15,000 Pfd. St.; er glaubte 60,000 zu besitzen. In Shang-hae wurden bei Ankunft seiner Leiche alle Läden geschlossen; die Bewohner erwiesen ihr durch Beisetzung im Confucius-Tempel die höchste Ehre. Anh. IV. Operationen bei Niṅ-po. der Spitzbuben liess Capitän Dew aufheben und den Consuln inShang-hae ausliefern. Dem Schleichhandel mit Waffen setzte der- selbe in Niṅ-po energisch ein Ziel und organisirte ein anglo-chine- sisches Corps von 1000 Mann nach dem Muster des Ward’schen, welches durch Unterofficiere von den Kriegsschiffen eingeübt wurde. Ein franco-chinesisches erhielt seine Instructeure aus Shang-hae. Auch für Artillerie wurde gesorgt; in Kurzem befand sich Niṅ-po im besten Zustande der Abwehr. Die Kanonenboote fuhren häufig die beiden Flussarme hinauf und hatten Gefechte mit den Tae-piṅ, die von Yu-yao aus einen Angriff zu rüsten schienen. Sie begin- gen furchtbare Gräuel gegen das Landvolk, schleppten junge Burschen und Mädchen fort und pflegten älteren Personen, die sich nicht auslösen konnten, die Ohren abzuschneiden. — Capitän Dew erhielt die Weisung, die Umgegend von Niṅ-po im Dreissigmeilen- radius von Rebellen zu säubern. Der Krieg dauerte den ganzen Herbst und Winter hindurch. Es wurde nothwendig, die von europäischen Officieren com- brauch der Soldaten auf die Stadtmauern geschleppt. Die Canäle waren mit Leichen und stinkendem Unrath gefüllt. … Ich hatte das Glück, nachher noch manche andere Stadt den Tae-piṅ entwinden zu helfen, und in allen fand sich, dass die- selben teuflischen Hände gehaust hatten wie in Niṅ-po.« 78) Ward verfügte in Niṅ-po bei klarem Bewusstsein über sein im Kriege er-
worbenes Vermögen, 15,000 Pfd. St.; er glaubte 60,000 zu besitzen. In Shang-hae wurden bei Ankunft seiner Leiche alle Läden geschlossen; die Bewohner erwiesen ihr durch Beisetzung im Confucius-Tempel die höchste Ehre. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0423" n="409"/><fw place="top" type="header">Anh. IV. Operationen bei <hi rendition="#k"><placeName>Niṅ-po</placeName></hi>.</fw><lb/> der Spitzbuben liess Capitän <persName ref="nognd">Dew</persName> aufheben und den Consuln in<lb/><hi rendition="#k"><placeName>Shang-hae</placeName></hi> ausliefern. Dem Schleichhandel mit Waffen setzte der-<lb/> selbe in <hi rendition="#k"><placeName>Niṅ-po</placeName></hi> energisch ein Ziel und organisirte ein anglo-chine-<lb/> sisches Corps von 1000 Mann nach dem Muster des Ward’schen,<lb/> welches durch Unterofficiere von den Kriegsschiffen eingeübt wurde.<lb/> Ein franco-chinesisches erhielt seine Instructeure aus <hi rendition="#k"><placeName>Shang-hae</placeName></hi>.<lb/> Auch für Artillerie wurde gesorgt; in Kurzem befand sich <hi rendition="#k"><placeName>Niṅ-po</placeName></hi><lb/> im besten Zustande der Abwehr. Die Kanonenboote fuhren häufig<lb/> die beiden Flussarme hinauf und hatten Gefechte mit den <hi rendition="#k">Tae-piṅ</hi>,<lb/> die von <hi rendition="#k"><placeName>Yu-yao</placeName></hi> aus einen Angriff zu rüsten schienen. Sie begin-<lb/> gen furchtbare Gräuel gegen das Landvolk, schleppten junge<lb/> Burschen und Mädchen fort und pflegten älteren Personen, die sich<lb/> nicht auslösen konnten, die Ohren abzuschneiden. — Capitän <persName ref="nognd">Dew</persName><lb/> erhielt die Weisung, die Umgegend von <hi rendition="#k"><placeName>Niṅ-po</placeName></hi> im Dreissigmeilen-<lb/> radius von Rebellen zu säubern.</p><lb/> <p>Der Krieg dauerte den ganzen Herbst und Winter hindurch.<lb/> Noch im August nahm Capitän <persName ref="nognd">Dew</persName> <hi rendition="#k"><placeName>Yu-yao</placeName></hi> und jagte den Feind<lb/> landeinwärts. Im September rückten die <hi rendition="#k">Tae-piṅ</hi> in zwei starken<lb/> Colonnen gegen <hi rendition="#k"><placeName>Niṅ-po</placeName></hi>, nahmen zunächst die Stadt <hi rendition="#k"><placeName>Tse-ki</placeName></hi>, und<lb/> überschwemmten plündernd die Ebene; es war besonders auf die<lb/> Reis-Ernte gemünzt. Am 18. September kam <persName ref="http://d-nb.info/gnd/11936591X">Ward</persName> nach <hi rendition="#k"><placeName>Niṅ-po</placeName></hi>,<lb/> rückte am 20. unterstützt von Capitän <persName ref="nognd">Dew</persName> gegen <hi rendition="#k"><placeName>Tse-ki</placeName></hi> aus und<lb/> nahm die Stadt am folgenden Tage, fiel aber, tödtlich getroffen.<note place="foot" n="78)"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/11936591X">Ward</persName> verfügte in <hi rendition="#k"><placeName>Niṅ-po</placeName></hi> bei klarem Bewusstsein über sein im Kriege er-<lb/> worbenes Vermögen, 15,000 Pfd. St.; er glaubte 60,000 zu besitzen. In <hi rendition="#k"><placeName>Shang-hae</placeName></hi><lb/> wurden bei Ankunft seiner Leiche alle Läden geschlossen; die Bewohner erwiesen<lb/> ihr durch Beisetzung im Confucius-Tempel die höchste Ehre.</note><lb/> — Die zweite <hi rendition="#k">Tae-piṅ</hi>-Colonne hatte die Stadt <hi rendition="#k"><placeName>Fuṅ-wa</placeName></hi> südlich<lb/> von <hi rendition="#k"><placeName>Niṅ-po</placeName></hi> genommen und wurde nach hartnäckigem Kampfe erst<lb/> am 10. October von da vertrieben.</p><lb/> <p>Es wurde nothwendig, die von europäischen Officieren com-<lb/> mandirten Chinesen-Corps zu verstärken; die Ortsbehörden steuerten<lb/> die Geldmittel. Die überall in Masse erbeutete Munition erleichterte<lb/> die wirksame Fortsetzung des Krieges. Der französische Flotten-<lb/> Lieutenant <persName ref="nognd">Le Brethon de Coligny</persName> übernahm das Commando des<lb/> franco-chinesischen Corps. Capitän <persName ref="nognd">Dew</persName> und die in <hi rendition="#k"><placeName>Niṅ-po</placeName></hi> com-<lb/><note xml:id="note-0423" prev="#note-0422" place="foot" n="77)">brauch der Soldaten auf die Stadtmauern geschleppt. Die Canäle waren mit Leichen<lb/> und stinkendem Unrath gefüllt. … Ich hatte das Glück, nachher noch manche<lb/> andere Stadt den <hi rendition="#k">Tae-piṅ</hi> entwinden zu helfen, und in allen fand sich, dass die-<lb/> selben teuflischen Hände gehaust hatten wie in <hi rendition="#k"><placeName>Niṅ-po</placeName></hi>.«</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [409/0423]
Anh. IV. Operationen bei Niṅ-po.
der Spitzbuben liess Capitän Dew aufheben und den Consuln in
Shang-hae ausliefern. Dem Schleichhandel mit Waffen setzte der-
selbe in Niṅ-po energisch ein Ziel und organisirte ein anglo-chine-
sisches Corps von 1000 Mann nach dem Muster des Ward’schen,
welches durch Unterofficiere von den Kriegsschiffen eingeübt wurde.
Ein franco-chinesisches erhielt seine Instructeure aus Shang-hae.
Auch für Artillerie wurde gesorgt; in Kurzem befand sich Niṅ-po
im besten Zustande der Abwehr. Die Kanonenboote fuhren häufig
die beiden Flussarme hinauf und hatten Gefechte mit den Tae-piṅ,
die von Yu-yao aus einen Angriff zu rüsten schienen. Sie begin-
gen furchtbare Gräuel gegen das Landvolk, schleppten junge
Burschen und Mädchen fort und pflegten älteren Personen, die sich
nicht auslösen konnten, die Ohren abzuschneiden. — Capitän Dew
erhielt die Weisung, die Umgegend von Niṅ-po im Dreissigmeilen-
radius von Rebellen zu säubern.
Der Krieg dauerte den ganzen Herbst und Winter hindurch.
Noch im August nahm Capitän Dew Yu-yao und jagte den Feind
landeinwärts. Im September rückten die Tae-piṅ in zwei starken
Colonnen gegen Niṅ-po, nahmen zunächst die Stadt Tse-ki, und
überschwemmten plündernd die Ebene; es war besonders auf die
Reis-Ernte gemünzt. Am 18. September kam Ward nach Niṅ-po,
rückte am 20. unterstützt von Capitän Dew gegen Tse-ki aus und
nahm die Stadt am folgenden Tage, fiel aber, tödtlich getroffen. 78)
— Die zweite Tae-piṅ-Colonne hatte die Stadt Fuṅ-wa südlich
von Niṅ-po genommen und wurde nach hartnäckigem Kampfe erst
am 10. October von da vertrieben.
Es wurde nothwendig, die von europäischen Officieren com-
mandirten Chinesen-Corps zu verstärken; die Ortsbehörden steuerten
die Geldmittel. Die überall in Masse erbeutete Munition erleichterte
die wirksame Fortsetzung des Krieges. Der französische Flotten-
Lieutenant Le Brethon de Coligny übernahm das Commando des
franco-chinesischen Corps. Capitän Dew und die in Niṅ-po com-
77)
78) Ward verfügte in Niṅ-po bei klarem Bewusstsein über sein im Kriege er-
worbenes Vermögen, 15,000 Pfd. St.; er glaubte 60,000 zu besitzen. In Shang-hae
wurden bei Ankunft seiner Leiche alle Läden geschlossen; die Bewohner erwiesen
ihr durch Beisetzung im Confucius-Tempel die höchste Ehre.
77) brauch der Soldaten auf die Stadtmauern geschleppt. Die Canäle waren mit Leichen
und stinkendem Unrath gefüllt. … Ich hatte das Glück, nachher noch manche
andere Stadt den Tae-piṅ entwinden zu helfen, und in allen fand sich, dass die-
selben teuflischen Hände gehaust hatten wie in Niṅ-po.«
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