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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Das englische Geschwader segelt nach Tsu-san.
des Schleichhandels und Seeraubes, der freche Trotz gegen
die Obrigkeit, die Thatsache, dass die angesehensten Häuser
an dem sauberen Handel betheiligt waren, dass die englische
Regierung ihn schützte, wohl hingereicht, den Hof von Pe-kin
zu reizen. -- Wenn die Erbitterung sich in Kan-ton selbst
bei der von den Nachtheilen des Schleichhandels nicht betroffenen
Bevölkerung zu unbezähmbarer Wuth steigerte, so ist der Grund
dazu theils in deren anerkannt händelsüchtigem Charakter zu
suchen, theils aber auch in dem Betragen der angesiedelten
Kaufleute. Bezeichnend ist, dass die englische Land- und See-
macht während der folgenden Kriege gegen China, wo immer ihre
Landsleute noch unbekannt waren, bei der Bevölkerung nach Ueber-
windung des ersten Schreckens freundliches Entgegenkommen
fanden und zu ihr in das beste Verhältniss traten. Selbst in
Kan-ton verschwand der durch Jahrzehnte genährte bittere Hass,
als englische Truppen die Stadt geraume Zeit besetzt hielten,
bis auf die letzte Spur.

Die Chinesen erwarteten einen Angriff auf Kan-ton und
machten dort grosse Rüstungen. Die Engländer liessen aber nur
wenige Schiffe zur Blockade des Perl-Flusses zurück und segelten
mit dem grössten Theil des Geschwaders nach der Insel Tsu-san.
An den Küsten von Tse-kian und Fu-kian wurden Recognoscirun-
gen vorgenommen.30)

Die Tsu-san-Gruppe liegt in der Nähe von Nin-po; die
Inseln sind fruchtbar, stark bevölkert und gesund; einen Hafen

30) Elliot wollte in A-moi eine Note übergeben lassen. Die Fregatte Blonde lief
am 2. Juli in den Hafen ein und sandte eines ihrer Boote an das Ufer, wo ein
grosser Menschenschwarm zusammenlief. Die Mandarinen wiesen die Mittheilung
zurück; Einer aus der Menge schoss einen Pfeil nach dem Dolmetscher, traf aber
nicht. Zur Vergeltung feuerte die Blonde eine Breitseite in den Volkshaufen. Viele
wurden zerschmettert und die Schaar stob auseinander. Der amtliche chinesische
Bericht darüber lautete: "Die Beamten bemerkten ein Barbaren-Schiff mit einer
weissen Flagge; an Bord war Alles ruhig. Plötzlich wurde ein Boot niedergelassen,
das dem Ufer zueilte. Ein Individuum in demselben bat in der Mandarinen-Mund-
art um Frieden, brauchte aber unziemliche Ausdrücke. Unsere Beamten hinderten
ihn an das Land zu kommen, worauf an Bord des Schiffes die rothe Flagge gehisst
und die Geschütze abgefeuert wurden. In diesem Augenblick erschoss ein Mandarin
den Dolmetsch mit einem Pfeil, so dass er todt in das Boot fiel, während die Sol-
daten sechs Barbaren durch ihr Feuer tödteten. Dann wurde ein anderes Boot nie-
dergelassen, und einer der weissen Barbaren mit einem Speer durchbohrt. Sechs
Stunden lang hielten unsere Truppen das Feuer der Schiffe aus, durch welches neun
unserer Leute getödtet und viele verwundet wurden."

Das englische Geschwader segelt nach Tšu-san.
des Schleichhandels und Seeraubes, der freche Trotz gegen
die Obrigkeit, die Thatsache, dass die angesehensten Häuser
an dem sauberen Handel betheiligt waren, dass die englische
Regierung ihn schützte, wohl hingereicht, den Hof von Pe-kiṅ
zu reizen. — Wenn die Erbitterung sich in Kan-ton selbst
bei der von den Nachtheilen des Schleichhandels nicht betroffenen
Bevölkerung zu unbezähmbarer Wuth steigerte, so ist der Grund
dazu theils in deren anerkannt händelsüchtigem Charakter zu
suchen, theils aber auch in dem Betragen der angesiedelten
Kaufleute. Bezeichnend ist, dass die englische Land- und See-
macht während der folgenden Kriege gegen China, wo immer ihre
Landsleute noch unbekannt waren, bei der Bevölkerung nach Ueber-
windung des ersten Schreckens freundliches Entgegenkommen
fanden und zu ihr in das beste Verhältniss traten. Selbst in
Kan-ton verschwand der durch Jahrzehnte genährte bittere Hass,
als englische Truppen die Stadt geraume Zeit besetzt hielten,
bis auf die letzte Spur.

Die Chinesen erwarteten einen Angriff auf Kan-ton und
machten dort grosse Rüstungen. Die Engländer liessen aber nur
wenige Schiffe zur Blockade des Perl-Flusses zurück und segelten
mit dem grössten Theil des Geschwaders nach der Insel Tšu-san.
An den Küsten von Tše-kiaṅ und Fu-kian wurden Recognoscirun-
gen vorgenommen.30)

Die Tšu-san-Gruppe liegt in der Nähe von Niṅ-po; die
Inseln sind fruchtbar, stark bevölkert und gesund; einen Hafen

30) Elliot wollte in A-moi eine Note übergeben lassen. Die Fregatte Blonde lief
am 2. Juli in den Hafen ein und sandte eines ihrer Boote an das Ufer, wo ein
grosser Menschenschwarm zusammenlief. Die Mandarinen wiesen die Mittheilung
zurück; Einer aus der Menge schoss einen Pfeil nach dem Dolmetscher, traf aber
nicht. Zur Vergeltung feuerte die Blonde eine Breitseite in den Volkshaufen. Viele
wurden zerschmettert und die Schaar stob auseinander. Der amtliche chinesische
Bericht darüber lautete: »Die Beamten bemerkten ein Barbaren-Schiff mit einer
weissen Flagge; an Bord war Alles ruhig. Plötzlich wurde ein Boot niedergelassen,
das dem Ufer zueilte. Ein Individuum in demselben bat in der Mandarinen-Mund-
art um Frieden, brauchte aber unziemliche Ausdrücke. Unsere Beamten hinderten
ihn an das Land zu kommen, worauf an Bord des Schiffes die rothe Flagge gehisst
und die Geschütze abgefeuert wurden. In diesem Augenblick erschoss ein Mandarin
den Dolmetsch mit einem Pfeil, so dass er todt in das Boot fiel, während die Sol-
daten sechs Barbaren durch ihr Feuer tödteten. Dann wurde ein anderes Boot nie-
dergelassen, und einer der weissen Barbaren mit einem Speer durchbohrt. Sechs
Stunden lang hielten unsere Truppen das Feuer der Schiffe aus, durch welches neun
unserer Leute getödtet und viele verwundet wurden.«
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[75/0097] Das englische Geschwader segelt nach Tšu-san. des Schleichhandels und Seeraubes, der freche Trotz gegen die Obrigkeit, die Thatsache, dass die angesehensten Häuser an dem sauberen Handel betheiligt waren, dass die englische Regierung ihn schützte, wohl hingereicht, den Hof von Pe-kiṅ zu reizen. — Wenn die Erbitterung sich in Kan-ton selbst bei der von den Nachtheilen des Schleichhandels nicht betroffenen Bevölkerung zu unbezähmbarer Wuth steigerte, so ist der Grund dazu theils in deren anerkannt händelsüchtigem Charakter zu suchen, theils aber auch in dem Betragen der angesiedelten Kaufleute. Bezeichnend ist, dass die englische Land- und See- macht während der folgenden Kriege gegen China, wo immer ihre Landsleute noch unbekannt waren, bei der Bevölkerung nach Ueber- windung des ersten Schreckens freundliches Entgegenkommen fanden und zu ihr in das beste Verhältniss traten. Selbst in Kan-ton verschwand der durch Jahrzehnte genährte bittere Hass, als englische Truppen die Stadt geraume Zeit besetzt hielten, bis auf die letzte Spur. Die Chinesen erwarteten einen Angriff auf Kan-ton und machten dort grosse Rüstungen. Die Engländer liessen aber nur wenige Schiffe zur Blockade des Perl-Flusses zurück und segelten mit dem grössten Theil des Geschwaders nach der Insel Tšu-san. An den Küsten von Tše-kiaṅ und Fu-kian wurden Recognoscirun- gen vorgenommen. 30) Die Tšu-san-Gruppe liegt in der Nähe von Niṅ-po; die Inseln sind fruchtbar, stark bevölkert und gesund; einen Hafen 30) Elliot wollte in A-moi eine Note übergeben lassen. Die Fregatte Blonde lief am 2. Juli in den Hafen ein und sandte eines ihrer Boote an das Ufer, wo ein grosser Menschenschwarm zusammenlief. Die Mandarinen wiesen die Mittheilung zurück; Einer aus der Menge schoss einen Pfeil nach dem Dolmetscher, traf aber nicht. Zur Vergeltung feuerte die Blonde eine Breitseite in den Volkshaufen. Viele wurden zerschmettert und die Schaar stob auseinander. Der amtliche chinesische Bericht darüber lautete: »Die Beamten bemerkten ein Barbaren-Schiff mit einer weissen Flagge; an Bord war Alles ruhig. Plötzlich wurde ein Boot niedergelassen, das dem Ufer zueilte. Ein Individuum in demselben bat in der Mandarinen-Mund- art um Frieden, brauchte aber unziemliche Ausdrücke. Unsere Beamten hinderten ihn an das Land zu kommen, worauf an Bord des Schiffes die rothe Flagge gehisst und die Geschütze abgefeuert wurden. In diesem Augenblick erschoss ein Mandarin den Dolmetsch mit einem Pfeil, so dass er todt in das Boot fiel, während die Sol- daten sechs Barbaren durch ihr Feuer tödteten. Dann wurde ein anderes Boot nie- dergelassen, und einer der weissen Barbaren mit einem Speer durchbohrt. Sechs Stunden lang hielten unsere Truppen das Feuer der Schiffe aus, durch welches neun unserer Leute getödtet und viele verwundet wurden.«

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/97>, abgerufen am 27.11.2024.