[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.Wettrennen. XIII. und Gehen ein merkliches Gebrüll ausstiessen. -- Es waren nurHerren-Rennen, geritten von den Eigenthümern der Pferde oder deren Freunden in Jockey-Tracht. Für einheimische Ponys gab es zwei Preise, einen für Araber; alle übrigen galten englischen Pferden und australischen englischer Race; letztere siegten in den meisten Rennen. Bei der Tribüne spielte die französische Militär- musik. Ein buntscheckiger Haufen von Chinesen, englischen, französischen und indischen Soldaten säumte die Bahn, und es ging wenig anders zu als auf englischen Rennplätzen. Die Kaufleute wenden grosse Summen auf diesen Sport und wetten so stark wie in der Heimath. Unsere deutschen Landsleute machten uns das Leben sehr Zwischen der Ansiedlung der Fremden und der Stadtmauer Wettrennen. XIII. und Gehen ein merkliches Gebrüll ausstiessen. — Es waren nurHerren-Rennen, geritten von den Eigenthümern der Pferde oder deren Freunden in Jockey-Tracht. Für einheimische Ponys gab es zwei Preise, einen für Araber; alle übrigen galten englischen Pferden und australischen englischer Race; letztere siegten in den meisten Rennen. Bei der Tribüne spielte die französische Militär- musik. Ein buntscheckiger Haufen von Chinesen, englischen, französischen und indischen Soldaten säumte die Bahn, und es ging wenig anders zu als auf englischen Rennplätzen. Die Kaufleute wenden grosse Summen auf diesen Sport und wetten so stark wie in der Heimath. Unsere deutschen Landsleute machten uns das Leben sehr Zwischen der Ansiedlung der Fremden und der Stadtmauer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0402" n="380"/><fw place="top" type="header">Wettrennen. XIII.</fw><lb/> und Gehen ein merkliches Gebrüll ausstiessen. — Es waren nur<lb/> Herren-Rennen, geritten von den Eigenthümern der Pferde oder<lb/> deren Freunden in Jockey-Tracht. Für einheimische Ponys gab<lb/> es zwei Preise, einen für Araber; alle übrigen galten englischen<lb/> Pferden und australischen englischer Race; letztere siegten in den<lb/> meisten Rennen. Bei der Tribüne spielte die französische Militär-<lb/> musik. Ein buntscheckiger Haufen von Chinesen, englischen,<lb/> französischen und indischen Soldaten säumte die Bahn, und es ging<lb/> wenig anders zu als auf englischen Rennplätzen. Die Kaufleute<lb/> wenden grosse Summen auf diesen Sport und wetten so stark wie<lb/> in der Heimath.</p><lb/> <p>Unsere deutschen Landsleute machten uns das Leben sehr<lb/> angenehm. Sie allein hatten sich damals in <hi rendition="#k"><placeName>Shang-hae</placeName></hi> einen ge-<lb/> selligen Mittelpunct geschaffen; dazu führte zunächst das musi-<lb/> calische Bedürfniss. Die Liedertafel »Germania« besass einen hüb-<lb/> schen Saal mit Lese- und Billardzimmer, wo die Mitglieder der<lb/> Expedition gastfreie Aufnahme fanden. Der Verkehr mit den<lb/> Landsleuten und die Berührung mit der heimischen Civilisation that<lb/> Allen wohl; für den »Reisenden« aber bietet <hi rendition="#k"><placeName>Shang-hae</placeName></hi> wenig<lb/> Anziehendes. Man fühlt sich nicht zu Hause, denn das Volks-<lb/> leben, die arbeitenden Classen fehlen, — noch auch recht in der<lb/> Fremde, weil das europäische Element so stark vertreten ist. Frei-<lb/> lich bedarf es nur eines kurzen Ganges, um ganz in <placeName>China</placeName> zu sein;<lb/> aber das chinesische <hi rendition="#k"><placeName>Shang-hae</placeName></hi> ist so durchaus reizlos, verfallen,<lb/> so unerlaubt schmutzig und übelriechend, dass wir ihm immer<lb/> gern den Rücken wandten. Zudem war das Wetter während<lb/> des fast siebenwöchentlichen Aufenthaltes fast durchweg ab-<lb/> scheulich. <hi rendition="#k"><placeName>Shang-hae</placeName></hi> liegt in der Breite von <placeName>Kaïro</placeName>, wo im April<lb/> die Hitze unerträglich wird. Hier aber regnete, schneite und<lb/> stürmte es den März über unablässig, und im April entbehrte man<lb/> ungern des Kaminfeuers. Brach einmal die Sonne durch, so glühte<lb/> plötzlich die Luft, und wurde im Umsehn wieder eisig, hart und<lb/> schneidend. Der Sommer ist verzehrend heiss, doch giebt es oft<lb/> im Juni noch Schnee.</p><lb/> <p>Zwischen der Ansiedlung der Fremden und der Stadtmauer<lb/> liegt ein freier Raum, bedeckt mit wüsten Trümmerhaufen. Hier<lb/> stand die reiche chinesische Vorstadt, welche beim Angriff der<lb/><hi rendition="#k">Tae-piṅ</hi> am 19. August 1860 eingeäschert wurde; alle chinesischen<lb/> Grosshändler hatten dort ihre Wohnungen und Lager. Der Brand<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [380/0402]
Wettrennen. XIII.
und Gehen ein merkliches Gebrüll ausstiessen. — Es waren nur
Herren-Rennen, geritten von den Eigenthümern der Pferde oder
deren Freunden in Jockey-Tracht. Für einheimische Ponys gab
es zwei Preise, einen für Araber; alle übrigen galten englischen
Pferden und australischen englischer Race; letztere siegten in den
meisten Rennen. Bei der Tribüne spielte die französische Militär-
musik. Ein buntscheckiger Haufen von Chinesen, englischen,
französischen und indischen Soldaten säumte die Bahn, und es ging
wenig anders zu als auf englischen Rennplätzen. Die Kaufleute
wenden grosse Summen auf diesen Sport und wetten so stark wie
in der Heimath.
Unsere deutschen Landsleute machten uns das Leben sehr
angenehm. Sie allein hatten sich damals in Shang-hae einen ge-
selligen Mittelpunct geschaffen; dazu führte zunächst das musi-
calische Bedürfniss. Die Liedertafel »Germania« besass einen hüb-
schen Saal mit Lese- und Billardzimmer, wo die Mitglieder der
Expedition gastfreie Aufnahme fanden. Der Verkehr mit den
Landsleuten und die Berührung mit der heimischen Civilisation that
Allen wohl; für den »Reisenden« aber bietet Shang-hae wenig
Anziehendes. Man fühlt sich nicht zu Hause, denn das Volks-
leben, die arbeitenden Classen fehlen, — noch auch recht in der
Fremde, weil das europäische Element so stark vertreten ist. Frei-
lich bedarf es nur eines kurzen Ganges, um ganz in China zu sein;
aber das chinesische Shang-hae ist so durchaus reizlos, verfallen,
so unerlaubt schmutzig und übelriechend, dass wir ihm immer
gern den Rücken wandten. Zudem war das Wetter während
des fast siebenwöchentlichen Aufenthaltes fast durchweg ab-
scheulich. Shang-hae liegt in der Breite von Kaïro, wo im April
die Hitze unerträglich wird. Hier aber regnete, schneite und
stürmte es den März über unablässig, und im April entbehrte man
ungern des Kaminfeuers. Brach einmal die Sonne durch, so glühte
plötzlich die Luft, und wurde im Umsehn wieder eisig, hart und
schneidend. Der Sommer ist verzehrend heiss, doch giebt es oft
im Juni noch Schnee.
Zwischen der Ansiedlung der Fremden und der Stadtmauer
liegt ein freier Raum, bedeckt mit wüsten Trümmerhaufen. Hier
stand die reiche chinesische Vorstadt, welche beim Angriff der
Tae-piṅ am 19. August 1860 eingeäschert wurde; alle chinesischen
Grosshändler hatten dort ihre Wohnungen und Lager. Der Brand
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |