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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Plünderung des Sommerpalastes.
but aller Provinzen des weiten Reiches waren darin aufgehäuft.
Jedes Zimmer soll einer Raritätensammlung geglichen haben; an
den Wänden liefen Etageren hin, darauf standen dichtgedrängt die
kunstreichsten Arbeiten, auch pariser Luxussachen, namentlich
Uhren aus dem vorigen Jahrhundert, in ungezählter Menge119).
Ein solches Zimmer reihte sich an das andere, und ein Palast an den
anderen: viele waren bis zur Decke mit kostbaren Gewändern, Pelzen
und Seidenstoffen vollgepfropft, andere enthielten Haufen von Gold
und Silber.120) Der amtliche Bericht an die französische Regierung
behauptet, dass Yuan-min-yuan reichere Schätze enthielt, als sämmt-
liche Schlösser in Frankreich, und ein englischer Cavallerie-Officier
erzählte dem Verfasser, dass seine Pferde, anderer Streu entbehrend,
bis an den Bauch in Seidenstoffen standen. -- Die kostbarsten Gegen-
stände und viele wichtige Documente fand man in den Wohn-
gemächern des Kaisers und in der Audienzhalle

Der Truppen und sogar der Officiere scheint sich eine Art
Raserei bemächtigt zu haben: was man nicht fortbringen konnte,
zerschlug, verdarb, vernichtete man. Lord Elgin und Sir Hope
Grant
kamen am Morgen des 7. October herübergeritten und fanden
die Verwüstung schon furchtbar. Die Plünderung wurde in den
nächsten Tagen fortgesetzt; alle englischen Officiere erhielten Ur-
laub dazu aus dem Lager vor Pe-kin; stündlich entdeckte man
neue Fundgruben und erschöpfte doch keineswegs den Schatz; für
die Chinesen blieb die reichste Nachlese. -- Die Franzosen, welche
die Auswahl hatten und an der Quelle sassen, behielten jeder, was
sie nahmen; keiner soll zu kurz gekommen sein. Sir Hope Grant
fürchtete für seine Truppen den entsittlichenden Einfluss der Plün-
derung und gestattete sie nur den Officieren. Diese und die eng-
lische Reiterei, welche gleich nach den Franzosen am Sommerpalast
eintraf, mussten ihre Beute an das Obercommando abliefern; sie wurde
im Lager versteigert und der Erlös unter die ganze Armee vertheilt.121)

119) Viele Gegenstände, die man ihrer beträchtlichen Grösse wegen für Bronze
hielt, waren aus purem Golde.
120) Man fand u. a. viele Säcke mit portugiesischen Dublonen, den für den Be-
sitz von Macao jährlich gezahlten Grundzins.
121) Viele Gegenstände wurden zu unerhörten Preisen gekauft. -- Der ganze
Erlös betrug 123,000 Dollars. Jeder Gemeine erhielt 17 Dollars. Die Officiere
wurden nach ihren Rangstufen in drei Classen gesondert und erhielten verhältniss-
mässige Antheile. Die Generale Sir Hope Grant, Sir John Michell und Sir Robert
Napier
verzichteten auf die ihren zum Besten der Truppen.

Plünderung des Sommerpalastes.
but aller Provinzen des weiten Reiches waren darin aufgehäuft.
Jedes Zimmer soll einer Raritätensammlung geglichen haben; an
den Wänden liefen Etagèren hin, darauf standen dichtgedrängt die
kunstreichsten Arbeiten, auch pariser Luxussachen, namentlich
Uhren aus dem vorigen Jahrhundert, in ungezählter Menge119).
Ein solches Zimmer reihte sich an das andere, und ein Palast an den
anderen: viele waren bis zur Decke mit kostbaren Gewändern, Pelzen
und Seidenstoffen vollgepfropft, andere enthielten Haufen von Gold
und Silber.120) Der amtliche Bericht an die französische Regierung
behauptet, dass Yuaṅ-miṅ-yuaṅ reichere Schätze enthielt, als sämmt-
liche Schlösser in Frankreich, und ein englischer Cavallerie-Officier
erzählte dem Verfasser, dass seine Pferde, anderer Streu entbehrend,
bis an den Bauch in Seidenstoffen standen. — Die kostbarsten Gegen-
stände und viele wichtige Documente fand man in den Wohn-
gemächern des Kaisers und in der Audienzhalle

Der Truppen und sogar der Officiere scheint sich eine Art
Raserei bemächtigt zu haben: was man nicht fortbringen konnte,
zerschlug, verdarb, vernichtete man. Lord Elgin und Sir Hope
Grant
kamen am Morgen des 7. October herübergeritten und fanden
die Verwüstung schon furchtbar. Die Plünderung wurde in den
nächsten Tagen fortgesetzt; alle englischen Officiere erhielten Ur-
laub dazu aus dem Lager vor Pe-kiṅ; stündlich entdeckte man
neue Fundgruben und erschöpfte doch keineswegs den Schatz; für
die Chinesen blieb die reichste Nachlese. — Die Franzosen, welche
die Auswahl hatten und an der Quelle sassen, behielten jeder, was
sie nahmen; keiner soll zu kurz gekommen sein. Sir Hope Grant
fürchtete für seine Truppen den entsittlichenden Einfluss der Plün-
derung und gestattete sie nur den Officieren. Diese und die eng-
lische Reiterei, welche gleich nach den Franzosen am Sommerpalast
eintraf, mussten ihre Beute an das Obercommando abliefern; sie wurde
im Lager versteigert und der Erlös unter die ganze Armee vertheilt.121)

119) Viele Gegenstände, die man ihrer beträchtlichen Grösse wegen für Bronze
hielt, waren aus purem Golde.
120) Man fand u. a. viele Säcke mit portugiesischen Dublonen, den für den Be-
sitz von Macao jährlich gezahlten Grundzins.
121) Viele Gegenstände wurden zu unerhörten Preisen gekauft. — Der ganze
Erlös betrug 123,000 Dollars. Jeder Gemeine erhielt 17 Dollars. Die Officiere
wurden nach ihren Rangstufen in drei Classen gesondert und erhielten verhältniss-
mässige Antheile. Die Generale Sir Hope Grant, Sir John Michell und Sir Robert
Napier
verzichteten auf die ihren zum Besten der Truppen.
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[362/0384] Plünderung des Sommerpalastes. but aller Provinzen des weiten Reiches waren darin aufgehäuft. Jedes Zimmer soll einer Raritätensammlung geglichen haben; an den Wänden liefen Etagèren hin, darauf standen dichtgedrängt die kunstreichsten Arbeiten, auch pariser Luxussachen, namentlich Uhren aus dem vorigen Jahrhundert, in ungezählter Menge 119). Ein solches Zimmer reihte sich an das andere, und ein Palast an den anderen: viele waren bis zur Decke mit kostbaren Gewändern, Pelzen und Seidenstoffen vollgepfropft, andere enthielten Haufen von Gold und Silber. 120) Der amtliche Bericht an die französische Regierung behauptet, dass Yuaṅ-miṅ-yuaṅ reichere Schätze enthielt, als sämmt- liche Schlösser in Frankreich, und ein englischer Cavallerie-Officier erzählte dem Verfasser, dass seine Pferde, anderer Streu entbehrend, bis an den Bauch in Seidenstoffen standen. — Die kostbarsten Gegen- stände und viele wichtige Documente fand man in den Wohn- gemächern des Kaisers und in der Audienzhalle Der Truppen und sogar der Officiere scheint sich eine Art Raserei bemächtigt zu haben: was man nicht fortbringen konnte, zerschlug, verdarb, vernichtete man. Lord Elgin und Sir Hope Grant kamen am Morgen des 7. October herübergeritten und fanden die Verwüstung schon furchtbar. Die Plünderung wurde in den nächsten Tagen fortgesetzt; alle englischen Officiere erhielten Ur- laub dazu aus dem Lager vor Pe-kiṅ; stündlich entdeckte man neue Fundgruben und erschöpfte doch keineswegs den Schatz; für die Chinesen blieb die reichste Nachlese. — Die Franzosen, welche die Auswahl hatten und an der Quelle sassen, behielten jeder, was sie nahmen; keiner soll zu kurz gekommen sein. Sir Hope Grant fürchtete für seine Truppen den entsittlichenden Einfluss der Plün- derung und gestattete sie nur den Officieren. Diese und die eng- lische Reiterei, welche gleich nach den Franzosen am Sommerpalast eintraf, mussten ihre Beute an das Obercommando abliefern; sie wurde im Lager versteigert und der Erlös unter die ganze Armee vertheilt. 121) 119) Viele Gegenstände, die man ihrer beträchtlichen Grösse wegen für Bronze hielt, waren aus purem Golde. 120) Man fand u. a. viele Säcke mit portugiesischen Dublonen, den für den Be- sitz von Macao jährlich gezahlten Grundzins. 121) Viele Gegenstände wurden zu unerhörten Preisen gekauft. — Der ganze Erlös betrug 123,000 Dollars. Jeder Gemeine erhielt 17 Dollars. Die Officiere wurden nach ihren Rangstufen in drei Classen gesondert und erhielten verhältniss- mässige Antheile. Die Generale Sir Hope Grant, Sir John Michell und Sir Robert Napier verzichteten auf die ihren zum Besten der Truppen.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/384>, abgerufen am 24.11.2024.