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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Verhandlungen über Kan-ton.
stattlichen Geschwaders im voraus Achtung zu verschaffen. Nach-
dem er schriftlich versprochen hatte, über das Gesandtschaftsrecht
in dem bezeichneten Sinne an seine Regierung zu berichten, fügten
die Commissare sich ohne Umstände seinem Wunsch und gaben
ihm Mandarinen mit Briefen mit, welche gute Aufnahme bei den
kaiserlichen Behörden sicherten.

Nachdem auch die Vertreter von America und Frankreich
die von den Engländern ausgearbeiteten Handelsbestimmungen und
Tarife angenommen hatten, wurden diese am 8. November unter-
zeichnet. An demselben Tage trat Lord Elgin auf dem Furious in
Begleitung der Schiffe Retribution und Cruizer und der Kanonen-
boote Dove und Lee seine Reise nach den Häfen des Yan-tse
an und kehrte in der zweiten Hälfte des December nach Shang-hae
zurück.

Der Kaiser hatte die Commissare auf ihre Eingabe um Ab-
berufung des Wan, Generalgouverneurs von Kuan-tun und Bevoll-
mächtigten für den fremden Handel, abschläglich beschieden, den-
selben gegen den Vorwurf vertheidigt, nach dem Friedensschlusse
feindlich gegen die Fremden gehandelt zu haben, und sich jeden
Einspruch in die ihm allein zustehende Beurtheilung desselben ver-
beten. Bei einem Zusammenstoss englischer Truppen mit Miliz-
banden in der Nähe von Kan-ton erbeuteten erstere nun im Januar
amtliche Documente aus dem Besitz des Kriegsausschusses, welche
die Mitwirkung des Statthalters deutlich bewiesen. Lord Elgin
drang deshalb nach seiner Rückkehr abermals auf dessen Abberu-
fung und Auflösung des Kriegsausschusses, und meldete den Com-
missaren, dass er auf strenger Ausführung des Separat-Artikels
über die Kriegsschuld und Kan-ton bestehen werde. Die Com-
missare betheuerten, das Ihre gethan zu haben, dem Kaiser aber
keine Vorschriften machen zu können; über Kan-ton mit ihm zu
unterhandeln, hätten sie bis dahin keine Zeit gefunden. Am 20. Ja-
nuar antwortete Lord Elgin, dass er über letztere Frage nicht
mehr mit ihnen correspondiren werde, da sie offenbar zu Be-
schlüssen darüber keine Vollmacht hätten; dass er die Comman-
deure der Land- und Seemacht in Kuan-tun dringend ersuchen
werde, dort mit äusserster Strenge aufzutreten, und dass bei Rati-
fication des Vertrages in Pe-kin angefragt werden solle, ob die
Feindseligkeiten in jener Provinz vom Kaiser gebilligt wären. Die
Commissare äusserten sich darauf in den stärksten Ausdrücken

17*

Verhandlungen über Kan-ton.
stattlichen Geschwaders im voraus Achtung zu verschaffen. Nach-
dem er schriftlich versprochen hatte, über das Gesandtschaftsrecht
in dem bezeichneten Sinne an seine Regierung zu berichten, fügten
die Commissare sich ohne Umstände seinem Wunsch und gaben
ihm Mandarinen mit Briefen mit, welche gute Aufnahme bei den
kaiserlichen Behörden sicherten.

Nachdem auch die Vertreter von America und Frankreich
die von den Engländern ausgearbeiteten Handelsbestimmungen und
Tarife angenommen hatten, wurden diese am 8. November unter-
zeichnet. An demselben Tage trat Lord Elgin auf dem Furious in
Begleitung der Schiffe Retribution und Cruizer und der Kanonen-
boote Dove und Lee seine Reise nach den Häfen des Yaṅ-tse
an und kehrte in der zweiten Hälfte des December nach Shang-hae
zurück.

Der Kaiser hatte die Commissare auf ihre Eingabe um Ab-
berufung des Waṅ, Generalgouverneurs von Kuaṅ-tuṅ und Bevoll-
mächtigten für den fremden Handel, abschläglich beschieden, den-
selben gegen den Vorwurf vertheidigt, nach dem Friedensschlusse
feindlich gegen die Fremden gehandelt zu haben, und sich jeden
Einspruch in die ihm allein zustehende Beurtheilung desselben ver-
beten. Bei einem Zusammenstoss englischer Truppen mit Miliz-
banden in der Nähe von Kan-ton erbeuteten erstere nun im Januar
amtliche Documente aus dem Besitz des Kriegsausschusses, welche
die Mitwirkung des Statthalters deutlich bewiesen. Lord Elgin
drang deshalb nach seiner Rückkehr abermals auf dessen Abberu-
fung und Auflösung des Kriegsausschusses, und meldete den Com-
missaren, dass er auf strenger Ausführung des Separat-Artikels
über die Kriegsschuld und Kan-ton bestehen werde. Die Com-
missare betheuerten, das Ihre gethan zu haben, dem Kaiser aber
keine Vorschriften machen zu können; über Kan-ton mit ihm zu
unterhandeln, hätten sie bis dahin keine Zeit gefunden. Am 20. Ja-
nuar antwortete Lord Elgin, dass er über letztere Frage nicht
mehr mit ihnen correspondiren werde, da sie offenbar zu Be-
schlüssen darüber keine Vollmacht hätten; dass er die Comman-
deure der Land- und Seemacht in Kuaṅ-tuṅ dringend ersuchen
werde, dort mit äusserster Strenge aufzutreten, und dass bei Rati-
fication des Vertrages in Pe-kiṅ angefragt werden solle, ob die
Feindseligkeiten in jener Provinz vom Kaiser gebilligt wären. Die
Commissare äusserten sich darauf in den stärksten Ausdrücken

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[259/0281] Verhandlungen über Kan-ton. stattlichen Geschwaders im voraus Achtung zu verschaffen. Nach- dem er schriftlich versprochen hatte, über das Gesandtschaftsrecht in dem bezeichneten Sinne an seine Regierung zu berichten, fügten die Commissare sich ohne Umstände seinem Wunsch und gaben ihm Mandarinen mit Briefen mit, welche gute Aufnahme bei den kaiserlichen Behörden sicherten. Nachdem auch die Vertreter von America und Frankreich die von den Engländern ausgearbeiteten Handelsbestimmungen und Tarife angenommen hatten, wurden diese am 8. November unter- zeichnet. An demselben Tage trat Lord Elgin auf dem Furious in Begleitung der Schiffe Retribution und Cruizer und der Kanonen- boote Dove und Lee seine Reise nach den Häfen des Yaṅ-tse an und kehrte in der zweiten Hälfte des December nach Shang-hae zurück. Der Kaiser hatte die Commissare auf ihre Eingabe um Ab- berufung des Waṅ, Generalgouverneurs von Kuaṅ-tuṅ und Bevoll- mächtigten für den fremden Handel, abschläglich beschieden, den- selben gegen den Vorwurf vertheidigt, nach dem Friedensschlusse feindlich gegen die Fremden gehandelt zu haben, und sich jeden Einspruch in die ihm allein zustehende Beurtheilung desselben ver- beten. Bei einem Zusammenstoss englischer Truppen mit Miliz- banden in der Nähe von Kan-ton erbeuteten erstere nun im Januar amtliche Documente aus dem Besitz des Kriegsausschusses, welche die Mitwirkung des Statthalters deutlich bewiesen. Lord Elgin drang deshalb nach seiner Rückkehr abermals auf dessen Abberu- fung und Auflösung des Kriegsausschusses, und meldete den Com- missaren, dass er auf strenger Ausführung des Separat-Artikels über die Kriegsschuld und Kan-ton bestehen werde. Die Com- missare betheuerten, das Ihre gethan zu haben, dem Kaiser aber keine Vorschriften machen zu können; über Kan-ton mit ihm zu unterhandeln, hätten sie bis dahin keine Zeit gefunden. Am 20. Ja- nuar antwortete Lord Elgin, dass er über letztere Frage nicht mehr mit ihnen correspondiren werde, da sie offenbar zu Be- schlüssen darüber keine Vollmacht hätten; dass er die Comman- deure der Land- und Seemacht in Kuaṅ-tuṅ dringend ersuchen werde, dort mit äusserster Strenge aufzutreten, und dass bei Rati- fication des Vertrages in Pe-kiṅ angefragt werden solle, ob die Feindseligkeiten in jener Provinz vom Kaiser gebilligt wären. Die Commissare äusserten sich darauf in den stärksten Ausdrücken 17*

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/281>, abgerufen am 28.04.2024.