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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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I-li-pu verbannt.
seinen Truppen wiederzunehmen. Statt diesem Befehl zu gehorchen,
hat er Verzögerungen herbeigeführt, unter dem Vorwande, dass
weder Geschütze noch Truppen bereit wären. Sobald er aber hörte,
dass die Engländer zum Abzug entschlossen seien, schickte er Sol-
daten hin. Da nun offenbar die Engländer von der Insel flohen,
weil sie von den in Kan-ton zu ihrer Vernichtung getroffenen
Maassregeln hörten, so war es Pflicht des I-li-pu, grausame Rache zu
üben, die Befehle des Himmels durch völlige Vernichtung der Ein-
dringlinge zu vollziehen, und durch kräftige Maassregeln das Herz
des Volkes zu erfreuen. Deshalb befehlen wir, dass I-li-pu aus
dem Staatsrath ausscheide und seine Pfauenfeder verliere, sein Amt
als General-Gouverneur aber behalte." Diesem Erlass folgte auf
dem Fusse ein zweiter in den bittersten Ausdrücken: I-li-pu habe,
den kaiserlichen Befehlen ungehorsam, Ki-sen's Rathschlägen Gehör
gegeben. Der Mongole Yu-kien, bis dahin Statthalter von Kian-su,
der bitterste Feind der Engländer, wurde zu seinem Nachfolger als
kaiserlicher Commissar ernannt. Dieser sollte nicht zögern, die
ganze Brut der verhassten Fremden zu vernichten. Ein drittes
Decret befahl I-li-pu zur Verantwortung in Pe-kin zu erscheinen.
-- Drei Tage kniete er am Thore des Palastes und flehte um den
Richterspruch: der Greis von 75 Jahren, der als kaiserlicher Rath,
Statthalter und Vice-König lange die höchsten Aemter bekleidet
hatte, musste wie ein gemeiner Verbrecher nach der sibirischen
Grenze wandern, wo die Verbannten am Amur Schiffe ziehen oder
den Pelzjägern als Sclaven dienen.

Nach Herstellung des durch den Tai-fun angerichteten Scha-
1841.dens segelte das britische Geschwader gegen den 20. August 1841
nach Norden. Auf Hong-kong blieb eine schwache Besatzung
zurück, die trotz aller Prahlereien der Chinesen ausreichte, die
Insel zu halten. Die Mandarinen in Kan-ton schrieben dem Kaiser,
die Engländer brächen nach dem Norden auf, weil sie gegen
Kan-ton nichts mehr ausrichten könnten; nun solle Hong-kong
schleunigst wiedergenommen werden.

Tau-kwan befahl in einem Erlass an die Statthalter der
Küsten-Provinzen die völlige Ausrottung des Feindes; "Yi-san hat
in Kan-ton ihre Schiffe zerstört und verbrannt; deshalb verliessen
sie diese Gegend. Die Beamten sollen ihre Ansicht aussprechen,
wie die Ueberbleibsel des Geschwaders zu vernichten sind." -- Die

I-li-pu verbannt.
seinen Truppen wiederzunehmen. Statt diesem Befehl zu gehorchen,
hat er Verzögerungen herbeigeführt, unter dem Vorwande, dass
weder Geschütze noch Truppen bereit wären. Sobald er aber hörte,
dass die Engländer zum Abzug entschlossen seien, schickte er Sol-
daten hin. Da nun offenbar die Engländer von der Insel flohen,
weil sie von den in Kan-ton zu ihrer Vernichtung getroffenen
Maassregeln hörten, so war es Pflicht des I-li-pu, grausame Rache zu
üben, die Befehle des Himmels durch völlige Vernichtung der Ein-
dringlinge zu vollziehen, und durch kräftige Maassregeln das Herz
des Volkes zu erfreuen. Deshalb befehlen wir, dass I-li-pu aus
dem Staatsrath ausscheide und seine Pfauenfeder verliere, sein Amt
als General-Gouverneur aber behalte.« Diesem Erlass folgte auf
dem Fusse ein zweiter in den bittersten Ausdrücken: I-li-pu habe,
den kaiserlichen Befehlen ungehorsam, Ki-šen’s Rathschlägen Gehör
gegeben. Der Mongole Yu-kien, bis dahin Statthalter von Kiaṅ-su,
der bitterste Feind der Engländer, wurde zu seinem Nachfolger als
kaiserlicher Commissar ernannt. Dieser sollte nicht zögern, die
ganze Brut der verhassten Fremden zu vernichten. Ein drittes
Decret befahl I-li-pu zur Verantwortung in Pe-kiṅ zu erscheinen.
— Drei Tage kniete er am Thore des Palastes und flehte um den
Richterspruch: der Greis von 75 Jahren, der als kaiserlicher Rath,
Statthalter und Vice-König lange die höchsten Aemter bekleidet
hatte, musste wie ein gemeiner Verbrecher nach der sibirischen
Grenze wandern, wo die Verbannten am Amur Schiffe ziehen oder
den Pelzjägern als Sclaven dienen.

Nach Herstellung des durch den Tai-fun angerichteten Scha-
1841.dens segelte das britische Geschwader gegen den 20. August 1841
nach Norden. Auf Hong-kong blieb eine schwache Besatzung
zurück, die trotz aller Prahlereien der Chinesen ausreichte, die
Insel zu halten. Die Mandarinen in Kan-ton schrieben dem Kaiser,
die Engländer brächen nach dem Norden auf, weil sie gegen
Kan-ton nichts mehr ausrichten könnten; nun solle Hong-kong
schleunigst wiedergenommen werden.

Tau-kwaṅ befahl in einem Erlass an die Statthalter der
Küsten-Provinzen die völlige Ausrottung des Feindes; »Yi-šan hat
in Kan-ton ihre Schiffe zerstört und verbrannt; deshalb verliessen
sie diese Gegend. Die Beamten sollen ihre Ansicht aussprechen,
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[106/0128] I-li-pu verbannt. seinen Truppen wiederzunehmen. Statt diesem Befehl zu gehorchen, hat er Verzögerungen herbeigeführt, unter dem Vorwande, dass weder Geschütze noch Truppen bereit wären. Sobald er aber hörte, dass die Engländer zum Abzug entschlossen seien, schickte er Sol- daten hin. Da nun offenbar die Engländer von der Insel flohen, weil sie von den in Kan-ton zu ihrer Vernichtung getroffenen Maassregeln hörten, so war es Pflicht des I-li-pu, grausame Rache zu üben, die Befehle des Himmels durch völlige Vernichtung der Ein- dringlinge zu vollziehen, und durch kräftige Maassregeln das Herz des Volkes zu erfreuen. Deshalb befehlen wir, dass I-li-pu aus dem Staatsrath ausscheide und seine Pfauenfeder verliere, sein Amt als General-Gouverneur aber behalte.« Diesem Erlass folgte auf dem Fusse ein zweiter in den bittersten Ausdrücken: I-li-pu habe, den kaiserlichen Befehlen ungehorsam, Ki-šen’s Rathschlägen Gehör gegeben. Der Mongole Yu-kien, bis dahin Statthalter von Kiaṅ-su, der bitterste Feind der Engländer, wurde zu seinem Nachfolger als kaiserlicher Commissar ernannt. Dieser sollte nicht zögern, die ganze Brut der verhassten Fremden zu vernichten. Ein drittes Decret befahl I-li-pu zur Verantwortung in Pe-kiṅ zu erscheinen. — Drei Tage kniete er am Thore des Palastes und flehte um den Richterspruch: der Greis von 75 Jahren, der als kaiserlicher Rath, Statthalter und Vice-König lange die höchsten Aemter bekleidet hatte, musste wie ein gemeiner Verbrecher nach der sibirischen Grenze wandern, wo die Verbannten am Amur Schiffe ziehen oder den Pelzjägern als Sclaven dienen. Nach Herstellung des durch den Tai-fun angerichteten Scha- dens segelte das britische Geschwader gegen den 20. August 1841 nach Norden. Auf Hong-kong blieb eine schwache Besatzung zurück, die trotz aller Prahlereien der Chinesen ausreichte, die Insel zu halten. Die Mandarinen in Kan-ton schrieben dem Kaiser, die Engländer brächen nach dem Norden auf, weil sie gegen Kan-ton nichts mehr ausrichten könnten; nun solle Hong-kong schleunigst wiedergenommen werden. 1841. Tau-kwaṅ befahl in einem Erlass an die Statthalter der Küsten-Provinzen die völlige Ausrottung des Feindes; »Yi-šan hat in Kan-ton ihre Schiffe zerstört und verbrannt; deshalb verliessen sie diese Gegend. Die Beamten sollen ihre Ansicht aussprechen, wie die Ueberbleibsel des Geschwaders zu vernichten sind.« — Die

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/128>, abgerufen am 27.04.2024.