Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

Bild:
<< vorherige Seite

VI. Kaufläden von Yokuhama.
in Menge zu, um von einander Vortheil zu ziehen und den Markt
auszubeuten, ein reges schwindliges Treiben.

Den Mittelpunct des kleinen Verkehrs bildete eine lange
gerade Strasse, mit Krambuden und Kaufläden Haus für Haus, wo
man die grösste Auswahl von Lack- und Bronze-Waaren und alle
die tausenderlei Kleinigkeiten findet, deren schon bei der Beschrei-
bung von Yeddo gedacht wurde. Die meisten Sachen aber sind
von geringer Qualität, aussen glatt und glänzend, doch wenig dauer-
haft, dabei wohlfeiler als in Yeddo und grossentheils auf das
Bedürfniss und den Geldbeutel der Schiffsmannschaften berechnet.
Das fremde Publicum ist hier ja auch viel zahlreicher und weniger
wählerisch als in der Hauptstadt; die Meisten kaufen aus Speculation,
nicht aus Liebhaberei, daher denn auch der europäische Markt mit
mittelmässigen japanischen Fabrikaten überschwemmt ist, die im
Lande selbst keinen Absatz finden würden, während die besseren,
namentlich alte Lack- und Bronzewaaren, welche in Japan hohe
Preise haben, verhältnissmässig selten zu uns gelangen. Einzelne
werthvolle Stücke kommen auch in Yokuhama vor und finden an
den wenigen Liebhabern unter den Consuln und gebildeteren Kauf-
leuten bereitwillige Käufer. Die japanischen Krämer wissen ihr
Publicum sehr wohl zu beurtheilen, und hüten sich kostbare Sachen
in den offenen Läden der Kritik und Betastung des Schiffsvolkes
preiszugeben; in den Hinterzimmern aber kramen sie bereitwillig ihre
Schätze aus, oder bringen guten Kunden auch wohl die werthvollsten
Sachen in die Häuser.

Am Ende der langen Strasse lag eine kleine Menagerie,
richtiger Thierhandlung, in der für die Eingeborenen ein europäi-
sches Schaaf und ein Kakadu das Merkwürdigste waren, für uns
dagegen die weissen Kraniche und japanischen Affen, welche nur in
den südlichen Theilen des Reiches vorkommen. Der Zoologe der
Expedition Dr. von Martens that dort und auf dem Fischmarkt, wie
der Botaniker Regierungsrath Wichura bei den Kunstgärtnern und
Saamenhändlern manchen erwünschten Fund. Beide Naturforscher
und auch der Geologe Freiherr von Richthofen waren mit ihrem
Aufenthalte in Yokuhama sehr zufrieden; sie konnten sich hier frei
bewegen und machten weite Ausflüge in die Umgegend. Ueberall
nahmen die Landleute sie freundlich auf, bewirtheten sie gern mit
Thee, Eiern und Apfelsinen, und waren oft erstaunt einige Tempo --
Groschen -- dafür zu erhalten. Sie zeigten sich niemals misstrauisch

1*

VI. Kaufläden von Yokuhama.
in Menge zu, um von einander Vortheil zu ziehen und den Markt
auszubeuten, ein reges schwindliges Treiben.

Den Mittelpunct des kleinen Verkehrs bildete eine lange
gerade Strasse, mit Krambuden und Kaufläden Haus für Haus, wo
man die grösste Auswahl von Lack- und Bronze-Waaren und alle
die tausenderlei Kleinigkeiten findet, deren schon bei der Beschrei-
bung von Yeddo gedacht wurde. Die meisten Sachen aber sind
von geringer Qualität, aussen glatt und glänzend, doch wenig dauer-
haft, dabei wohlfeiler als in Yeddo und grossentheils auf das
Bedürfniss und den Geldbeutel der Schiffsmannschaften berechnet.
Das fremde Publicum ist hier ja auch viel zahlreicher und weniger
wählerisch als in der Hauptstadt; die Meisten kaufen aus Speculation,
nicht aus Liebhaberei, daher denn auch der europäische Markt mit
mittelmässigen japanischen Fabrikaten überschwemmt ist, die im
Lande selbst keinen Absatz finden würden, während die besseren,
namentlich alte Lack- und Bronzewaaren, welche in Japan hohe
Preise haben, verhältnissmässig selten zu uns gelangen. Einzelne
werthvolle Stücke kommen auch in Yokuhama vor und finden an
den wenigen Liebhabern unter den Consuln und gebildeteren Kauf-
leuten bereitwillige Käufer. Die japanischen Krämer wissen ihr
Publicum sehr wohl zu beurtheilen, und hüten sich kostbare Sachen
in den offenen Läden der Kritik und Betastung des Schiffsvolkes
preiszugeben; in den Hinterzimmern aber kramen sie bereitwillig ihre
Schätze aus, oder bringen guten Kunden auch wohl die werthvollsten
Sachen in die Häuser.

Am Ende der langen Strasse lag eine kleine Menagerie,
richtiger Thierhandlung, in der für die Eingeborenen ein europäi-
sches Schaaf und ein Kakadu das Merkwürdigste waren, für uns
dagegen die weissen Kraniche und japanischen Affen, welche nur in
den südlichen Theilen des Reiches vorkommen. Der Zoologe der
Expedition Dr. von Martens that dort und auf dem Fischmarkt, wie
der Botaniker Regierungsrath Wichura bei den Kunstgärtnern und
Saamenhändlern manchen erwünschten Fund. Beide Naturforscher
und auch der Geologe Freiherr von Richthofen waren mit ihrem
Aufenthalte in Yokuhama sehr zufrieden; sie konnten sich hier frei
bewegen und machten weite Ausflüge in die Umgegend. Ueberall
nahmen die Landleute sie freundlich auf, bewirtheten sie gern mit
Thee, Eiern und Apfelsinen, und waren oft erstaunt einige Tempo
Groschen — dafür zu erhalten. Sie zeigten sich niemals misstrauisch

1*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0023" n="3"/><fw place="top" type="header">VI. Kaufläden von <hi rendition="#k"><placeName>Yokuhama</placeName></hi>.</fw><lb/>
in Menge zu, um von einander Vortheil zu ziehen und den Markt<lb/>
auszubeuten, ein reges schwindliges Treiben.</p><lb/>
          <p>Den Mittelpunct des kleinen Verkehrs bildete eine lange<lb/>
gerade Strasse, mit Krambuden und Kaufläden Haus für Haus, wo<lb/>
man die grösste Auswahl von Lack- und Bronze-Waaren und alle<lb/>
die tausenderlei Kleinigkeiten findet, deren schon bei der Beschrei-<lb/>
bung von <hi rendition="#k"><placeName>Yeddo</placeName></hi> gedacht wurde. Die meisten Sachen aber sind<lb/>
von geringer Qualität, aussen glatt und glänzend, doch wenig dauer-<lb/>
haft, dabei wohlfeiler als in <hi rendition="#k"><placeName>Yeddo</placeName></hi> und grossentheils auf das<lb/>
Bedürfniss und den Geldbeutel der Schiffsmannschaften berechnet.<lb/>
Das fremde Publicum ist hier ja auch viel zahlreicher und weniger<lb/>
wählerisch als in der Hauptstadt; die Meisten kaufen aus Speculation,<lb/>
nicht aus Liebhaberei, daher denn auch der europäische Markt mit<lb/>
mittelmässigen japanischen Fabrikaten überschwemmt ist, die im<lb/>
Lande selbst keinen Absatz finden würden, während die besseren,<lb/>
namentlich alte Lack- und Bronzewaaren, welche in <placeName>Japan</placeName> hohe<lb/>
Preise haben, verhältnissmässig selten zu uns gelangen. Einzelne<lb/>
werthvolle Stücke kommen auch in <hi rendition="#k"><placeName>Yokuhama</placeName></hi> vor und finden an<lb/>
den wenigen Liebhabern unter den Consuln und gebildeteren Kauf-<lb/>
leuten bereitwillige Käufer. Die japanischen Krämer wissen ihr<lb/>
Publicum sehr wohl zu beurtheilen, und hüten sich kostbare Sachen<lb/>
in den offenen Läden der Kritik und Betastung des Schiffsvolkes<lb/>
preiszugeben; in den Hinterzimmern aber kramen sie bereitwillig ihre<lb/>
Schätze aus, oder bringen guten Kunden auch wohl die werthvollsten<lb/>
Sachen in die Häuser.</p><lb/>
          <p>Am Ende der langen Strasse lag eine kleine Menagerie,<lb/>
richtiger Thierhandlung, in der für die Eingeborenen ein europäi-<lb/>
sches Schaaf und ein Kakadu das Merkwürdigste waren, für uns<lb/>
dagegen die weissen Kraniche und japanischen Affen, welche nur in<lb/>
den südlichen Theilen des Reiches vorkommen. Der Zoologe der<lb/>
Expedition Dr. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/120818922">von Martens</persName> that dort und auf dem Fischmarkt, wie<lb/>
der Botaniker Regierungsrath <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117336971">Wichura</persName> bei den Kunstgärtnern und<lb/>
Saamenhändlern manchen erwünschten Fund. Beide Naturforscher<lb/>
und auch der Geologe Freiherr <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118745085">von Richthofen</persName> waren mit ihrem<lb/>
Aufenthalte in <hi rendition="#k"><placeName>Yokuhama</placeName></hi> sehr zufrieden; sie konnten sich hier frei<lb/>
bewegen und machten weite Ausflüge in die Umgegend. Ueberall<lb/>
nahmen die Landleute sie freundlich auf, bewirtheten sie gern mit<lb/>
Thee, Eiern und Apfelsinen, und waren oft erstaunt einige <hi rendition="#k">Tempo</hi> &#x2014;<lb/>
Groschen &#x2014; dafür zu erhalten. Sie zeigten sich niemals misstrauisch<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">1*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0023] VI. Kaufläden von Yokuhama. in Menge zu, um von einander Vortheil zu ziehen und den Markt auszubeuten, ein reges schwindliges Treiben. Den Mittelpunct des kleinen Verkehrs bildete eine lange gerade Strasse, mit Krambuden und Kaufläden Haus für Haus, wo man die grösste Auswahl von Lack- und Bronze-Waaren und alle die tausenderlei Kleinigkeiten findet, deren schon bei der Beschrei- bung von Yeddo gedacht wurde. Die meisten Sachen aber sind von geringer Qualität, aussen glatt und glänzend, doch wenig dauer- haft, dabei wohlfeiler als in Yeddo und grossentheils auf das Bedürfniss und den Geldbeutel der Schiffsmannschaften berechnet. Das fremde Publicum ist hier ja auch viel zahlreicher und weniger wählerisch als in der Hauptstadt; die Meisten kaufen aus Speculation, nicht aus Liebhaberei, daher denn auch der europäische Markt mit mittelmässigen japanischen Fabrikaten überschwemmt ist, die im Lande selbst keinen Absatz finden würden, während die besseren, namentlich alte Lack- und Bronzewaaren, welche in Japan hohe Preise haben, verhältnissmässig selten zu uns gelangen. Einzelne werthvolle Stücke kommen auch in Yokuhama vor und finden an den wenigen Liebhabern unter den Consuln und gebildeteren Kauf- leuten bereitwillige Käufer. Die japanischen Krämer wissen ihr Publicum sehr wohl zu beurtheilen, und hüten sich kostbare Sachen in den offenen Läden der Kritik und Betastung des Schiffsvolkes preiszugeben; in den Hinterzimmern aber kramen sie bereitwillig ihre Schätze aus, oder bringen guten Kunden auch wohl die werthvollsten Sachen in die Häuser. Am Ende der langen Strasse lag eine kleine Menagerie, richtiger Thierhandlung, in der für die Eingeborenen ein europäi- sches Schaaf und ein Kakadu das Merkwürdigste waren, für uns dagegen die weissen Kraniche und japanischen Affen, welche nur in den südlichen Theilen des Reiches vorkommen. Der Zoologe der Expedition Dr. von Martens that dort und auf dem Fischmarkt, wie der Botaniker Regierungsrath Wichura bei den Kunstgärtnern und Saamenhändlern manchen erwünschten Fund. Beide Naturforscher und auch der Geologe Freiherr von Richthofen waren mit ihrem Aufenthalte in Yokuhama sehr zufrieden; sie konnten sich hier frei bewegen und machten weite Ausflüge in die Umgegend. Ueberall nahmen die Landleute sie freundlich auf, bewirtheten sie gern mit Thee, Eiern und Apfelsinen, und waren oft erstaunt einige Tempo — Groschen — dafür zu erhalten. Sie zeigten sich niemals misstrauisch 1*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/23
Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/23>, abgerufen am 24.11.2024.