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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Umgebung von Yokuhama. VI.
oder zudringlich, gingen oft, dienstfertig und bescheiden, weite
Strecken mit um den Weg zu zeigen, oder beauftragten damit ihre
Kinder. Kleine Knaben und Mädchen liefen, wo ein Fremder sie
zufällig in Busch oder Feld allein überraschte, wohl schreiend davon,
wurden aber bei näherer Bekanntschaft leicht freundlich und ver-
traulich; sie waren in Schwärmen höchstens durch unaufhörliches
Zurufen des Grusses "Anata oheio", durch neugieriges Andrängen
und starres Begaffen, niemals aber durch absichtliche Unarten und
Possen lästig, wie in anderen Ländern nur zu häufig. Die Natur-
forscher fanden in dem Verkehr mit dem einfachen unbefangenen
Landvolk geradezu eine Lebensannehmlichkeit, und besuchten man-
ches stille Thal, wohin niemals Fremde gedrungen waren. Dann
war ihre Tuchkleidung immer Gegenstand der grössten Bewunderung
und wurde unter vielen Fragen von allen Seiten betastet. Dass man
sie weder verstand noch antworten konnte begriffen die Meisten gar
nicht; man schien das Japanische für die natürliche Sprache des
Menschengeschlechtes zu halten, und nicht zu ahnen dass es noch
andere gäbe. -- Sowohl der Botaniker als der Zoologe liessen sich
auf diesen Wanderungen häufig durch ihre japanischen Diener be-
gleiten, deren Treue und Anhänglichkeit sie nicht genug zu rühmen
wussten; beide lernten ihren Herren bald ab worauf es ankam, und
bewiesen, durchdrungen von der Wichtigkeit ihres Amtes, den
grössten Eifer in Herbeischaffung und Präparirung der Naturalien.

Die sumpfige Niederung von Yokuhama ist von Hügelland
umgeben, das sich an der Südseite des Städtchens in steilen Thon-
mergelwänden in das Meer hinausschiebt; -- die Fremden nennen
das Vorgebirge "Mandarin-Bluff". Hier liegt in einer nach Norden
sich öffnenden Schlucht das Denkmal der ermordeten Russen. Viele
Thäler und Thälchen, deren flacher Boden, wie bei Yeddo, mit
Reis bebaut und künstlich bewässert ist, durchfurchen die niedrigen,
meist mit Pinus Massoniana bestandenen Höhen. Am oberen Ende
der Senkung liegt gewöhnlich im Waldesdickicht ein Teich, zahlreich
bewohnt von Fischen, Wassersalamandern und Libellen, wo die
von den Hängen abfliessenden Gewässer sich sammeln, um nach
Bedürfniss auf die Felder abgelassen zu werden. Hier und da sind
kleine Hochebenen mit Rüben und Gerste, Weizen, Bohnen, Buch-
weizen, Bataten, Hibiscus, mit Moorhirse und Baumwolle bestellt.
Bauernhütten trifft man überall, und mitten im Walde stattliche
Tempel, deren Priester dem Wanderer oft nicht ganz uneigennützig

Umgebung von Yokuhama. VI.
oder zudringlich, gingen oft, dienstfertig und bescheiden, weite
Strecken mit um den Weg zu zeigen, oder beauftragten damit ihre
Kinder. Kleine Knaben und Mädchen liefen, wo ein Fremder sie
zufällig in Busch oder Feld allein überraschte, wohl schreiend davon,
wurden aber bei näherer Bekanntschaft leicht freundlich und ver-
traulich; sie waren in Schwärmen höchstens durch unaufhörliches
Zurufen des Grusses »Anata oheio«, durch neugieriges Andrängen
und starres Begaffen, niemals aber durch absichtliche Unarten und
Possen lästig, wie in anderen Ländern nur zu häufig. Die Natur-
forscher fanden in dem Verkehr mit dem einfachen unbefangenen
Landvolk geradezu eine Lebensannehmlichkeit, und besuchten man-
ches stille Thal, wohin niemals Fremde gedrungen waren. Dann
war ihre Tuchkleidung immer Gegenstand der grössten Bewunderung
und wurde unter vielen Fragen von allen Seiten betastet. Dass man
sie weder verstand noch antworten konnte begriffen die Meisten gar
nicht; man schien das Japanische für die natürliche Sprache des
Menschengeschlechtes zu halten, und nicht zu ahnen dass es noch
andere gäbe. — Sowohl der Botaniker als der Zoologe liessen sich
auf diesen Wanderungen häufig durch ihre japanischen Diener be-
gleiten, deren Treue und Anhänglichkeit sie nicht genug zu rühmen
wussten; beide lernten ihren Herren bald ab worauf es ankam, und
bewiesen, durchdrungen von der Wichtigkeit ihres Amtes, den
grössten Eifer in Herbeischaffung und Präparirung der Naturalien.

Die sumpfige Niederung von Yokuhama ist von Hügelland
umgeben, das sich an der Südseite des Städtchens in steilen Thon-
mergelwänden in das Meer hinausschiebt; — die Fremden nennen
das Vorgebirge »Mandarin-Bluff«. Hier liegt in einer nach Norden
sich öffnenden Schlucht das Denkmal der ermordeten Russen. Viele
Thäler und Thälchen, deren flacher Boden, wie bei Yeddo, mit
Reis bebaut und künstlich bewässert ist, durchfurchen die niedrigen,
meist mit Pinus Massoniana bestandenen Höhen. Am oberen Ende
der Senkung liegt gewöhnlich im Waldesdickicht ein Teich, zahlreich
bewohnt von Fischen, Wassersalamandern und Libellen, wo die
von den Hängen abfliessenden Gewässer sich sammeln, um nach
Bedürfniss auf die Felder abgelassen zu werden. Hier und da sind
kleine Hochebenen mit Rüben und Gerste, Weizen, Bohnen, Buch-
weizen, Bataten, Hibiscus, mit Moorhirse und Baumwolle bestellt.
Bauernhütten trifft man überall, und mitten im Walde stattliche
Tempel, deren Priester dem Wanderer oft nicht ganz uneigennützig

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[4/0024] Umgebung von Yokuhama. VI. oder zudringlich, gingen oft, dienstfertig und bescheiden, weite Strecken mit um den Weg zu zeigen, oder beauftragten damit ihre Kinder. Kleine Knaben und Mädchen liefen, wo ein Fremder sie zufällig in Busch oder Feld allein überraschte, wohl schreiend davon, wurden aber bei näherer Bekanntschaft leicht freundlich und ver- traulich; sie waren in Schwärmen höchstens durch unaufhörliches Zurufen des Grusses »Anata oheio«, durch neugieriges Andrängen und starres Begaffen, niemals aber durch absichtliche Unarten und Possen lästig, wie in anderen Ländern nur zu häufig. Die Natur- forscher fanden in dem Verkehr mit dem einfachen unbefangenen Landvolk geradezu eine Lebensannehmlichkeit, und besuchten man- ches stille Thal, wohin niemals Fremde gedrungen waren. Dann war ihre Tuchkleidung immer Gegenstand der grössten Bewunderung und wurde unter vielen Fragen von allen Seiten betastet. Dass man sie weder verstand noch antworten konnte begriffen die Meisten gar nicht; man schien das Japanische für die natürliche Sprache des Menschengeschlechtes zu halten, und nicht zu ahnen dass es noch andere gäbe. — Sowohl der Botaniker als der Zoologe liessen sich auf diesen Wanderungen häufig durch ihre japanischen Diener be- gleiten, deren Treue und Anhänglichkeit sie nicht genug zu rühmen wussten; beide lernten ihren Herren bald ab worauf es ankam, und bewiesen, durchdrungen von der Wichtigkeit ihres Amtes, den grössten Eifer in Herbeischaffung und Präparirung der Naturalien. Die sumpfige Niederung von Yokuhama ist von Hügelland umgeben, das sich an der Südseite des Städtchens in steilen Thon- mergelwänden in das Meer hinausschiebt; — die Fremden nennen das Vorgebirge »Mandarin-Bluff«. Hier liegt in einer nach Norden sich öffnenden Schlucht das Denkmal der ermordeten Russen. Viele Thäler und Thälchen, deren flacher Boden, wie bei Yeddo, mit Reis bebaut und künstlich bewässert ist, durchfurchen die niedrigen, meist mit Pinus Massoniana bestandenen Höhen. Am oberen Ende der Senkung liegt gewöhnlich im Waldesdickicht ein Teich, zahlreich bewohnt von Fischen, Wassersalamandern und Libellen, wo die von den Hängen abfliessenden Gewässer sich sammeln, um nach Bedürfniss auf die Felder abgelassen zu werden. Hier und da sind kleine Hochebenen mit Rüben und Gerste, Weizen, Bohnen, Buch- weizen, Bataten, Hibiscus, mit Moorhirse und Baumwolle bestellt. Bauernhütten trifft man überall, und mitten im Walde stattliche Tempel, deren Priester dem Wanderer oft nicht ganz uneigennützig

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/24>, abgerufen am 24.11.2024.