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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Herrschaft der Ex-Mikado's.
schon im zweiundzwanzigsten Jahre zu Gunsten seines Sohnes
Siutok und ergreift bei Dsiro-kawa's Tode die Zügel der Herrschaft.
Auf sein Geheiss muss später Siutok die Krone einem jüngeren
Halbbruder abtreten, nach dessen Tode Toba abermals einen seiner
unmündigen Söhne auf den Thron setzt. Dsiro-kawa stirbt, und
Siutok sucht sich (1156), zu schwach für die Herrschaft, wenigstens1156.
des Thrones wieder zu bemächtigen, um seinen eigenen Söhnen
die Nachfolge zu sichern. Der Hof ist in zwei Partheien gespalten:
Siutok unterliegt nach blutigem Kampfe, wird zum Priester ge-
schoren und in die Verbannung geschickt.

Alle diese Herrscher waren ihrer Stellung nicht gewachsen.
Unter der kraftlosen Verwaltung der letzten Kuanbak's hatten die
Lehnsfürsten ihre Häupter erhoben und boten der kaiserlichen Re-
gierung Trotz, und wenn auch Go-Sansio auf kurze Zeit der auf-
rührerischen Grossen wieder Meister wurde, so konnten doch weder
er noch seine Nachfolger ihr Ansehn auf die Länge behaupten.
Der Zwist in der Familie der Mikado's gab ihrer Macht den Todes-
stoss. Seitdem Siutok seinen Bruder zu entthronen suchte, war das
Kaiserhaus immer in verschiedene Factionen zerspalten und wandte
vergebens alle Mittel der Gewalt und Intrigue auf, um die Herrschaft
wieder an sich zu reissen; sie wurden seitdem ein Spielball der
Grossen, welche sich ihres Ansehns nur zu Erreichung der eigenen
selbstsüchtigen Zwecke bedienten.

Schon unter der Herrschaft des Dsiro-kawa waren wieder Un-
ruhen in den nördlichen Landschaften von Nippon ausgebrochen, zu
deren Unterdrückung zwei blutige Kriege geführt werden mussten. Der
kaiserliche Feldherr Minamoto-no-Yosi-ye, ein Sohn des Yori-yosi,
benutzte sein in diesem Kriege gewonnenes Ansehn, um sich von den
Bewohnern des Kuanto33) huldigen zu lassen. Dsiro-kawa sandte den

33) Unter dem Namen Kuanto verstand man den ganzen östlichen Theil von
Nippon, jenseit der Grenzwachen von Suzunga in der Landschaft Isye; das westlich
von diesem Passe gelegene Land hiess Kuansei; im engeren Sinne scheint der Land-
strich zwischen jenen Grenzgebirgen von Isye und dem Golfe von Yeddo -- also die
Provinzen Yetsingo, Fida, Kootske, Sinano, Sangami, Idsu, Tootomi, Surunga
und Mikawa -- den Namen Kuanto geführt zu haben; -- so ist dieser Complex von
Landschaften wenigstens auf einer alten französischen Karte von Japan bezeichnet,
welche sich wahrscheinlich auf einheimische Karten des siebzehnten Jahrhunderts
und die Angaben der Jesuiten gründet. -- Jetzt heisst Kuanto nach einer Notiz
des Herrn von Siebold nur das östlich von den Grenzwachen von Fakone (Provinz
Sangami) gelegene Land, also die um den Golf von Yeddo liegenden Provinzen.
I. 3

Herrschaft der Ex-Mikado’s.
schon im zweiundzwanzigsten Jahre zu Gunsten seines Sohnes
Siutok und ergreift bei Dsiro-kawa’s Tode die Zügel der Herrschaft.
Auf sein Geheiss muss später Siutok die Krone einem jüngeren
Halbbruder abtreten, nach dessen Tode Toba abermals einen seiner
unmündigen Söhne auf den Thron setzt. Dsiro-kawa stirbt, und
Siutok sucht sich (1156), zu schwach für die Herrschaft, wenigstens1156.
des Thrones wieder zu bemächtigen, um seinen eigenen Söhnen
die Nachfolge zu sichern. Der Hof ist in zwei Partheien gespalten:
Siutok unterliegt nach blutigem Kampfe, wird zum Priester ge-
schoren und in die Verbannung geschickt.

Alle diese Herrscher waren ihrer Stellung nicht gewachsen.
Unter der kraftlosen Verwaltung der letzten Kuanbak’s hatten die
Lehnsfürsten ihre Häupter erhoben und boten der kaiserlichen Re-
gierung Trotz, und wenn auch Go-Sansio auf kurze Zeit der auf-
rührerischen Grossen wieder Meister wurde, so konnten doch weder
er noch seine Nachfolger ihr Ansehn auf die Länge behaupten.
Der Zwist in der Familie der Mikado’s gab ihrer Macht den Todes-
stoss. Seitdem Siutok seinen Bruder zu entthronen suchte, war das
Kaiserhaus immer in verschiedene Factionen zerspalten und wandte
vergebens alle Mittel der Gewalt und Intrigue auf, um die Herrschaft
wieder an sich zu reissen; sie wurden seitdem ein Spielball der
Grossen, welche sich ihres Ansehns nur zu Erreichung der eigenen
selbstsüchtigen Zwecke bedienten.

Schon unter der Herrschaft des Dsiro-kawa waren wieder Un-
ruhen in den nördlichen Landschaften von Nippon ausgebrochen, zu
deren Unterdrückung zwei blutige Kriege geführt werden mussten. Der
kaiserliche Feldherr Minamoto-no-Yosi-ye, ein Sohn des Yori-yosi,
benutzte sein in diesem Kriege gewonnenes Ansehn, um sich von den
Bewohnern des Kuanto33) huldigen zu lassen. Dsiro-kawa sandte den

33) Unter dem Namen Kuanto verstand man den ganzen östlichen Theil von
Nippon, jenseit der Grenzwachen von Suzuṅga in der Landschaft Isye; das westlich
von diesem Passe gelegene Land hiess Kuanseï; im engeren Sinne scheint der Land-
strich zwischen jenen Grenzgebirgen von Isye und dem Golfe von Yeddo — also die
Provinzen Yetsiṅgo, Fida, Kootske, Sinano, Saṅgami, Idsu, Tootomi, Suruṅga
und Mikawa — den Namen Kuanto geführt zu haben; — so ist dieser Complex von
Landschaften wenigstens auf einer alten französischen Karte von Japan bezeichnet,
welche sich wahrscheinlich auf einheimische Karten des siebzehnten Jahrhunderts
und die Angaben der Jesuiten gründet. — Jetzt heisst Kuanto nach einer Notiz
des Herrn von Siebold nur das östlich von den Grenzwachen von Fakone (Provinz
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I. 3
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[33/0063] Herrschaft der Ex-Mikado’s. schon im zweiundzwanzigsten Jahre zu Gunsten seines Sohnes Siutok und ergreift bei Dsiro-kawa’s Tode die Zügel der Herrschaft. Auf sein Geheiss muss später Siutok die Krone einem jüngeren Halbbruder abtreten, nach dessen Tode Toba abermals einen seiner unmündigen Söhne auf den Thron setzt. Dsiro-kawa stirbt, und Siutok sucht sich (1156), zu schwach für die Herrschaft, wenigstens des Thrones wieder zu bemächtigen, um seinen eigenen Söhnen die Nachfolge zu sichern. Der Hof ist in zwei Partheien gespalten: Siutok unterliegt nach blutigem Kampfe, wird zum Priester ge- schoren und in die Verbannung geschickt. 1156. Alle diese Herrscher waren ihrer Stellung nicht gewachsen. Unter der kraftlosen Verwaltung der letzten Kuanbak’s hatten die Lehnsfürsten ihre Häupter erhoben und boten der kaiserlichen Re- gierung Trotz, und wenn auch Go-Sansio auf kurze Zeit der auf- rührerischen Grossen wieder Meister wurde, so konnten doch weder er noch seine Nachfolger ihr Ansehn auf die Länge behaupten. Der Zwist in der Familie der Mikado’s gab ihrer Macht den Todes- stoss. Seitdem Siutok seinen Bruder zu entthronen suchte, war das Kaiserhaus immer in verschiedene Factionen zerspalten und wandte vergebens alle Mittel der Gewalt und Intrigue auf, um die Herrschaft wieder an sich zu reissen; sie wurden seitdem ein Spielball der Grossen, welche sich ihres Ansehns nur zu Erreichung der eigenen selbstsüchtigen Zwecke bedienten. Schon unter der Herrschaft des Dsiro-kawa waren wieder Un- ruhen in den nördlichen Landschaften von Nippon ausgebrochen, zu deren Unterdrückung zwei blutige Kriege geführt werden mussten. Der kaiserliche Feldherr Minamoto-no-Yosi-ye, ein Sohn des Yori-yosi, benutzte sein in diesem Kriege gewonnenes Ansehn, um sich von den Bewohnern des Kuanto 33) huldigen zu lassen. Dsiro-kawa sandte den 33) Unter dem Namen Kuanto verstand man den ganzen östlichen Theil von Nippon, jenseit der Grenzwachen von Suzuṅga in der Landschaft Isye; das westlich von diesem Passe gelegene Land hiess Kuanseï; im engeren Sinne scheint der Land- strich zwischen jenen Grenzgebirgen von Isye und dem Golfe von Yeddo — also die Provinzen Yetsiṅgo, Fida, Kootske, Sinano, Saṅgami, Idsu, Tootomi, Suruṅga und Mikawa — den Namen Kuanto geführt zu haben; — so ist dieser Complex von Landschaften wenigstens auf einer alten französischen Karte von Japan bezeichnet, welche sich wahrscheinlich auf einheimische Karten des siebzehnten Jahrhunderts und die Angaben der Jesuiten gründet. — Jetzt heisst Kuanto nach einer Notiz des Herrn von Siebold nur das östlich von den Grenzwachen von Fakone (Provinz Saṅgami) gelegene Land, also die um den Golf von Yeddo liegenden Provinzen. I. 3

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/63>, abgerufen am 23.11.2024.