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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Handwerkercolonieen u. s. w. aus Korea. -- Streitigkeiten um die Thronfolge.
und erhielten dort zunftmässige Rechte. Man warb Baumeister,
Maler, Töpfer, Metallgiesser, Ziegelbrenner, Sattler, und erlernte
die Kunstfertigkeiten des Nähens, Stickens, Spinnens und Webens.
Auch Aerzte und Meister der classischen Litteratur kamen aus China
herbei, und die Werke chinesischer Poesie erweckten gleiche Be-
strebungen in Japan -- schon werden einheimische Dichter und
Dichterinnen genannt. -- Den Maulbeerbaum und die Seidenzucht
führte schon der zweiundzwanzigste Mikado -- um 470 -- ein.

Den meisten Raum erfüllen in den Annalen des vierten und
fünften Jahrhunderts die Familienzwiste der Grossen und die Erb-
streitigkeiten im Hause des Mikado; um die Thronfolge wurden oft
blutige Kriege geführt.

Es ist ein merkwürdiger und für die Entwickelung aller
dortigen Verhältnisse höchst wichtiger Zug, dass in Japan, wo fast
alles Recht sich auf Erblichkeit gründet, die Erstgeburt fast gar
keine Bedeutung hat: der Erbe wird durch das Familienhaupt aus
der Zahl seiner legitimen Kinder und Agnaten erwählt. So ist es
auch im Kaiserhause. Da nun die Mikado's zu allen Zeiten mehrere
rechtmässige Frauen hatten, so war hier der Intrigue Thüre und
Thor geöffnet. Jeder Günstling suchte dem Herrscher Gemalinnen
aus seiner Familie zu geben und dann deren Söhne auf den Thron
zu bringen. Oft kam es durch die Eifersucht der Grossen gar nicht
zur Ernennung eines Thronfolgers, dann entspannen sich nach dem
Tode des Kaisers heftige Fehden. In dieser Einrichtung der Viel-
weiberei bei den Mikado's und der Thronfolge durch Erwählung
ohne Berechtigung der Primogenitur liegt der natürliche Keim des
Verfalles ihrer Macht. Verweichlichung, Entkräftung, Beeinflussung
von vielen Seiten mussten die Folgen dieser Verhältnisse sein. Die
Partheiungen und eifersüchtigen Kämpfe der dem Kaiserhause ver-
schwägerten Geschlechter haben in hohem Maasse den Gang der
japanischen Geschichte bestimmt.

Schon gegen Ende des fünften Jahrhunderts entzogen sich
mehrere Mikado's ganz den Regierungsgeschäften, und bestellten Re-
genten, die an ihrer statt die Verwaltung leiten mussten.



Die Ereignisse, welche die Einführung des Buddismus in
Japan begleiteten, verdienen erzählt zu werden, da sie einiges Licht
auf die Zustände jenes Zeitalters werfen.


Handwerkercolonieen u. s. w. aus Korea. — Streitigkeiten um die Thronfolge.
und erhielten dort zunftmässige Rechte. Man warb Baumeister,
Maler, Töpfer, Metallgiesser, Ziegelbrenner, Sattler, und erlernte
die Kunstfertigkeiten des Nähens, Stickens, Spinnens und Webens.
Auch Aerzte und Meister der classischen Litteratur kamen aus China
herbei, und die Werke chinesischer Poesie erweckten gleiche Be-
strebungen in Japan — schon werden einheimische Dichter und
Dichterinnen genannt. — Den Maulbeerbaum und die Seidenzucht
führte schon der zweiundzwanzigste Mikado — um 470 — ein.

Den meisten Raum erfüllen in den Annalen des vierten und
fünften Jahrhunderts die Familienzwiste der Grossen und die Erb-
streitigkeiten im Hause des Mikado; um die Thronfolge wurden oft
blutige Kriege geführt.

Es ist ein merkwürdiger und für die Entwickelung aller
dortigen Verhältnisse höchst wichtiger Zug, dass in Japan, wo fast
alles Recht sich auf Erblichkeit gründet, die Erstgeburt fast gar
keine Bedeutung hat: der Erbe wird durch das Familienhaupt aus
der Zahl seiner legitimen Kinder und Agnaten erwählt. So ist es
auch im Kaiserhause. Da nun die Mikado’s zu allen Zeiten mehrere
rechtmässige Frauen hatten, so war hier der Intrigue Thüre und
Thor geöffnet. Jeder Günstling suchte dem Herrscher Gemalinnen
aus seiner Familie zu geben und dann deren Söhne auf den Thron
zu bringen. Oft kam es durch die Eifersucht der Grossen gar nicht
zur Ernennung eines Thronfolgers, dann entspannen sich nach dem
Tode des Kaisers heftige Fehden. In dieser Einrichtung der Viel-
weiberei bei den Mikado’s und der Thronfolge durch Erwählung
ohne Berechtigung der Primogenitur liegt der natürliche Keim des
Verfalles ihrer Macht. Verweichlichung, Entkräftung, Beeinflussung
von vielen Seiten mussten die Folgen dieser Verhältnisse sein. Die
Partheiungen und eifersüchtigen Kämpfe der dem Kaiserhause ver-
schwägerten Geschlechter haben in hohem Maasse den Gang der
japanischen Geschichte bestimmt.

Schon gegen Ende des fünften Jahrhunderts entzogen sich
mehrere Mikado’s ganz den Regierungsgeschäften, und bestellten Re-
genten, die an ihrer statt die Verwaltung leiten mussten.



Die Ereignisse, welche die Einführung des Buddismus in
Japan begleiteten, verdienen erzählt zu werden, da sie einiges Licht
auf die Zustände jenes Zeitalters werfen.


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[21/0051] Handwerkercolonieen u. s. w. aus Korea. — Streitigkeiten um die Thronfolge. und erhielten dort zunftmässige Rechte. Man warb Baumeister, Maler, Töpfer, Metallgiesser, Ziegelbrenner, Sattler, und erlernte die Kunstfertigkeiten des Nähens, Stickens, Spinnens und Webens. Auch Aerzte und Meister der classischen Litteratur kamen aus China herbei, und die Werke chinesischer Poesie erweckten gleiche Be- strebungen in Japan — schon werden einheimische Dichter und Dichterinnen genannt. — Den Maulbeerbaum und die Seidenzucht führte schon der zweiundzwanzigste Mikado — um 470 — ein. Den meisten Raum erfüllen in den Annalen des vierten und fünften Jahrhunderts die Familienzwiste der Grossen und die Erb- streitigkeiten im Hause des Mikado; um die Thronfolge wurden oft blutige Kriege geführt. Es ist ein merkwürdiger und für die Entwickelung aller dortigen Verhältnisse höchst wichtiger Zug, dass in Japan, wo fast alles Recht sich auf Erblichkeit gründet, die Erstgeburt fast gar keine Bedeutung hat: der Erbe wird durch das Familienhaupt aus der Zahl seiner legitimen Kinder und Agnaten erwählt. So ist es auch im Kaiserhause. Da nun die Mikado’s zu allen Zeiten mehrere rechtmässige Frauen hatten, so war hier der Intrigue Thüre und Thor geöffnet. Jeder Günstling suchte dem Herrscher Gemalinnen aus seiner Familie zu geben und dann deren Söhne auf den Thron zu bringen. Oft kam es durch die Eifersucht der Grossen gar nicht zur Ernennung eines Thronfolgers, dann entspannen sich nach dem Tode des Kaisers heftige Fehden. In dieser Einrichtung der Viel- weiberei bei den Mikado’s und der Thronfolge durch Erwählung ohne Berechtigung der Primogenitur liegt der natürliche Keim des Verfalles ihrer Macht. Verweichlichung, Entkräftung, Beeinflussung von vielen Seiten mussten die Folgen dieser Verhältnisse sein. Die Partheiungen und eifersüchtigen Kämpfe der dem Kaiserhause ver- schwägerten Geschlechter haben in hohem Maasse den Gang der japanischen Geschichte bestimmt. Schon gegen Ende des fünften Jahrhunderts entzogen sich mehrere Mikado’s ganz den Regierungsgeschäften, und bestellten Re- genten, die an ihrer statt die Verwaltung leiten mussten. Die Ereignisse, welche die Einführung des Buddismus in Japan begleiteten, verdienen erzählt zu werden, da sie einiges Licht auf die Zustände jenes Zeitalters werfen.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/51>, abgerufen am 23.11.2024.