[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.Einleitendes. Anschauungen in das Land, die mit den einheimischen Zuständen un-vereinbarwaren. Gewann damals das christliche Element die Oberhand, so war es um die Eigenthümlichkeit und politische Selbstständigkeit Japans geschehen. Eines musste weichen. Aber grade zu dieser Zeit kam nach langen Umwälzungen und inneren Kriegen das Regiment des Landes wieder in eine kräftige Hand. Der Machthaber hemmte den Fortschritt der Fremden, und seine Nachfolger verbannten sie gänzlich aus dem Reiche. Nur durch ein System der vollständigen Abschliessung nach aussen und der durchgreifenden Beaufsichtigung aller Verhältnisse und Personen im Inneren konnte sich die Dynastie des Jyeyas halten; sie gab aber dem Reiche Einheit und Frieden und sicherte sein Fortbestehen in der angestammten Eigenthümlich- keit. Ein wesentlicher Bestandtheil dieses merkwürdigen auf der ungemessenen Scheu und Ehrfurcht des Volkes vor den herrschenden Ständen gegründeten Systemes besteht in der principiellen Verhüllung aller Angelegenheiten, Zustände und Ereignisse, welche den Herrscher und seine Regierung betreffen. Diese Gewohnheit der Verheimlichung ist den Japanern völlig zur Natur geworden und erstreckt sich nicht bloss auf wichtige Staatsangelegenheiten, sondern auch auf die unver- fänglichsten geringfügigsten Dinge. Auch jetzt, da Japan sich der Fremden nicht mehr erwehren kann, lassen sie nicht davon, so dass es noch heute fast unmöglich ist, sei es von bestehenden Ein- richtungen und den Ereignissen des Tages, sei es von der Vergangen- heit des Reiches, zuverlässige Kunde zu erlangen. Das Volk wird in Unwissenheit erhalten und fürchtet sich auch das mitzutheilen was ihm bekannt ist, und selbst die niederen Beamten scheinen mit dem Organismus der Staatsverwaltung nicht vertraut zu sein. Aus dem Gesagten geht hervor, dass die folgenden Blätter Einleitendes. Anschauungen in das Land, die mit den einheimischen Zuständen un-vereinbarwaren. Gewann damals das christliche Element die Oberhand, so war es um die Eigenthümlichkeit und politische Selbstständigkeit Japans geschehen. Eines musste weichen. Aber grade zu dieser Zeit kam nach langen Umwälzungen und inneren Kriegen das Regiment des Landes wieder in eine kräftige Hand. Der Machthaber hemmte den Fortschritt der Fremden, und seine Nachfolger verbannten sie gänzlich aus dem Reiche. Nur durch ein System der vollständigen Abschliessung nach aussen und der durchgreifenden Beaufsichtigung aller Verhältnisse und Personen im Inneren konnte sich die Dynastie des Jyeyas halten; sie gab aber dem Reiche Einheit und Frieden und sicherte sein Fortbestehen in der angestammten Eigenthümlich- keit. Ein wesentlicher Bestandtheil dieses merkwürdigen auf der ungemessenen Scheu und Ehrfurcht des Volkes vor den herrschenden Ständen gegründeten Systemes besteht in der principiellen Verhüllung aller Angelegenheiten, Zustände und Ereignisse, welche den Herrscher und seine Regierung betreffen. Diese Gewohnheit der Verheimlichung ist den Japanern völlig zur Natur geworden und erstreckt sich nicht bloss auf wichtige Staatsangelegenheiten, sondern auch auf die unver- fänglichsten geringfügigsten Dinge. Auch jetzt, da Japan sich der Fremden nicht mehr erwehren kann, lassen sie nicht davon, so dass es noch heute fast unmöglich ist, sei es von bestehenden Ein- richtungen und den Ereignissen des Tages, sei es von der Vergangen- heit des Reiches, zuverlässige Kunde zu erlangen. Das Volk wird in Unwissenheit erhalten und fürchtet sich auch das mitzutheilen was ihm bekannt ist, und selbst die niederen Beamten scheinen mit dem Organismus der Staatsverwaltung nicht vertraut zu sein. 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Einleitendes.
Anschauungen in das Land, die mit den einheimischen Zuständen un-
vereinbarwaren. Gewann damals das christliche Element die Oberhand,
so war es um die Eigenthümlichkeit und politische Selbstständigkeit
Japans geschehen. Eines musste weichen. Aber grade zu dieser Zeit
kam nach langen Umwälzungen und inneren Kriegen das Regiment
des Landes wieder in eine kräftige Hand. Der Machthaber hemmte
den Fortschritt der Fremden, und seine Nachfolger verbannten sie
gänzlich aus dem Reiche. Nur durch ein System der vollständigen
Abschliessung nach aussen und der durchgreifenden Beaufsichtigung
aller Verhältnisse und Personen im Inneren konnte sich die Dynastie
des Jyeyas halten; sie gab aber dem Reiche Einheit und Frieden
und sicherte sein Fortbestehen in der angestammten Eigenthümlich-
keit. Ein wesentlicher Bestandtheil dieses merkwürdigen auf der
ungemessenen Scheu und Ehrfurcht des Volkes vor den herrschenden
Ständen gegründeten Systemes besteht in der principiellen Verhüllung
aller Angelegenheiten, Zustände und Ereignisse, welche den Herrscher
und seine Regierung betreffen. Diese Gewohnheit der Verheimlichung
ist den Japanern völlig zur Natur geworden und erstreckt sich nicht
bloss auf wichtige Staatsangelegenheiten, sondern auch auf die unver-
fänglichsten geringfügigsten Dinge. Auch jetzt, da Japan sich der
Fremden nicht mehr erwehren kann, lassen sie nicht davon, so
dass es noch heute fast unmöglich ist, sei es von bestehenden Ein-
richtungen und den Ereignissen des Tages, sei es von der Vergangen-
heit des Reiches, zuverlässige Kunde zu erlangen. Das Volk wird
in Unwissenheit erhalten und fürchtet sich auch das mitzutheilen
was ihm bekannt ist, und selbst die niederen Beamten scheinen mit
dem Organismus der Staatsverwaltung nicht vertraut zu sein.
Aus dem Gesagten geht hervor, dass die folgenden Blätter
nicht den Anspruch machen, ein Bild der japanischen Zustände zu
zeichnen. Es soll nur versucht werden eine Uebersicht der geschicht-
lichen Entwickelung des Volkes nach den vorhandenen Quellen zu
geben, den Leser mit dem Terrain bekannt zu machen, auf dem
sich die nachfolgenden Berichte bewegen. Die Litteratur ist aus-
gedehnt, zum Theil schwer zugänglich, und für denjenigen, der
nicht durch eigene Anschauung des Landes befähigt ist, eine gewisse
Kritik zu üben, kaum nutzbar.
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