[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.IV. Haushaltung. Jenen mussten alle Einkäufe besorgt werden, und da der Koch desGesandten, ein unterwegs engagirter Engländer, sich durchaus nicht zu helfen wusste, so fiel die ganze Last der Bestellungen auf die Schultern des haushaltenden Diplomaten. Jeden Morgen fanden sich der japanische Dolmetscher Fukudzi mit dem Iseya und einem Hausbeamten bei ihm ein, Ersterer um die Aufträge an den Com- prador zu übersetzen, letzterer um aufzupassen dass dabei der japanische Staat nicht verrathen würde. Dieser Process war sehr weitläufig, denn die im Privatverkehr so anstelligen Japaner be- trugen sich hier äusserst schwerfällig; sie verstanden nicht oder wollten nicht verstehen was gewünscht wurde, und es schien fast als solle der Gesandtschaft auf Befehl der Regierung der Aufent- halt nach Möglichkeit verleidet werden. Was man forderte war meist nicht zu haben -- von dem Vorhandensein hatten wir volle Gewissheit, -- und für die gelieferten Sachen wurden unmässige Preise verlangt. Die Japaner sind von Natur wahrheitsliebend, aber wo die Regierung befiehlt, lügen die Beamten mit unverwüstlicher Ruhe und lassen sich nicht aus der Fassung bringen. Es war eine harte Geduldsprobe. Der Iseya schleppte die verschiedenen Küchen- bedürfnisse -- Hühner, Enten, Fische, Ferkel, Gemüse -- unserem haushaltenden Freunde in sein Zimmer, und nun ging das Feilschen los. Wollten Holländisch und Japanisch nicht mehr fruchten, so begann er deutsch zu wettern, -- dann schallte manch wohlbekann- ter Kraftausdruck durch das Haus; und da alle Wände von Papier sind, so drangen diese Ausbrüche der Entrüstung, die von weitem etwas sehr komisches hatten, zu den Nachbarn nah und fern; sie brachen mitunter alle zugleich in helles Lachen aus und der joviale Urheber pflegte aus voller Kehle mit einzustimmen. Zuweilen gab es auch scherzhafte Missverständnisse, denn die japanische Sprache ist reich an vieldeutigen Worten welche erklärender Zu- sätze bedürfen, und der Iseya brachte oft die wunderbarsten Sachen, die bestellt zu haben Herr v. B. nicht ahnte. Solche Arbeit war die Haushaltung. Allmälich ging es besser; die Hausbeamten wurden bei näherer Bekanntschaft viel gefälliger, und gaben später unzwei- felhafte Beweise wohlwollender Gesinnung. Was den Iseya betrifft, so gehört er dem Handelsstande an -- die Yakunine der Gesandt- schaft waren Samrai, zum Theil vielleicht nur gemeine Soldaten, aber lauter zweischwertige Männer aus der Adelsclasse -- und ist deshalb nach japanischen Begriffen berufen soviel Vortheil zu nehmen IV. Haushaltung. Jenen mussten alle Einkäufe besorgt werden, und da der Koch desGesandten, ein unterwegs engagirter Engländer, sich durchaus nicht zu helfen wusste, so fiel die ganze Last der Bestellungen auf die Schultern des haushaltenden Diplomaten. Jeden Morgen fanden sich der japanische Dolmetscher Fukudži mit dem Iseya und einem Hausbeamten bei ihm ein, Ersterer um die Aufträge an den Com- prador zu übersetzen, letzterer um aufzupassen dass dabei der japanische Staat nicht verrathen würde. Dieser Process war sehr weitläufig, denn die im Privatverkehr so anstelligen Japaner be- trugen sich hier äusserst schwerfällig; sie verstanden nicht oder wollten nicht verstehen was gewünscht wurde, und es schien fast als solle der Gesandtschaft auf Befehl der Regierung der Aufent- halt nach Möglichkeit verleidet werden. Was man forderte war meist nicht zu haben — von dem Vorhandensein hatten wir volle Gewissheit, — und für die gelieferten Sachen wurden unmässige Preise verlangt. Die Japaner sind von Natur wahrheitsliebend, aber wo die Regierung befiehlt, lügen die Beamten mit unverwüstlicher Ruhe und lassen sich nicht aus der Fassung bringen. Es war eine harte Geduldsprobe. Der Iseya schleppte die verschiedenen Küchen- bedürfnisse — Hühner, Enten, Fische, Ferkel, Gemüse — unserem haushaltenden Freunde in sein Zimmer, und nun ging das Feilschen los. Wollten Holländisch und Japanisch nicht mehr fruchten, so begann er deutsch zu wettern, — dann schallte manch wohlbekann- ter Kraftausdruck durch das Haus; und da alle Wände von Papier sind, so drangen diese Ausbrüche der Entrüstung, die von weitem etwas sehr komisches hatten, zu den Nachbarn nah und fern; sie brachen mitunter alle zugleich in helles Lachen aus und der joviale Urheber pflegte aus voller Kehle mit einzustimmen. Zuweilen gab es auch scherzhafte Missverständnisse, denn die japanische Sprache ist reich an vieldeutigen Worten welche erklärender Zu- sätze bedürfen, und der Iseya brachte oft die wunderbarsten Sachen, die bestellt zu haben Herr v. B. nicht ahnte. Solche Arbeit war die Haushaltung. Allmälich ging es besser; die Hausbeamten wurden bei näherer Bekanntschaft viel gefälliger, und gaben später unzwei- felhafte Beweise wohlwollender Gesinnung. Was den Iseya betrifft, so gehört er dem Handelsstande an — die Yakunine der Gesandt- schaft waren Samraï, zum Theil vielleicht nur gemeine Soldaten, aber lauter zweischwertige Männer aus der Adelsclasse — und ist deshalb nach japanischen Begriffen berufen soviel Vortheil zu nehmen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0297" n="267"/><fw place="top" type="header">IV. Haushaltung.</fw><lb/> Jenen mussten alle Einkäufe besorgt werden, und da der Koch des<lb/> Gesandten, ein unterwegs engagirter Engländer, sich durchaus nicht<lb/> zu helfen wusste, so fiel die ganze Last der Bestellungen auf die<lb/> Schultern des haushaltenden Diplomaten. 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IV. Haushaltung.
Jenen mussten alle Einkäufe besorgt werden, und da der Koch des
Gesandten, ein unterwegs engagirter Engländer, sich durchaus nicht
zu helfen wusste, so fiel die ganze Last der Bestellungen auf die
Schultern des haushaltenden Diplomaten. Jeden Morgen fanden
sich der japanische Dolmetscher Fukudži mit dem Iseya und einem
Hausbeamten bei ihm ein, Ersterer um die Aufträge an den Com-
prador zu übersetzen, letzterer um aufzupassen dass dabei der
japanische Staat nicht verrathen würde. Dieser Process war sehr
weitläufig, denn die im Privatverkehr so anstelligen Japaner be-
trugen sich hier äusserst schwerfällig; sie verstanden nicht oder
wollten nicht verstehen was gewünscht wurde, und es schien fast
als solle der Gesandtschaft auf Befehl der Regierung der Aufent-
halt nach Möglichkeit verleidet werden. Was man forderte war
meist nicht zu haben — von dem Vorhandensein hatten wir volle
Gewissheit, — und für die gelieferten Sachen wurden unmässige
Preise verlangt. Die Japaner sind von Natur wahrheitsliebend, aber
wo die Regierung befiehlt, lügen die Beamten mit unverwüstlicher
Ruhe und lassen sich nicht aus der Fassung bringen. Es war eine
harte Geduldsprobe. Der Iseya schleppte die verschiedenen Küchen-
bedürfnisse — Hühner, Enten, Fische, Ferkel, Gemüse — unserem
haushaltenden Freunde in sein Zimmer, und nun ging das Feilschen
los. Wollten Holländisch und Japanisch nicht mehr fruchten, so
begann er deutsch zu wettern, — dann schallte manch wohlbekann-
ter Kraftausdruck durch das Haus; und da alle Wände von Papier
sind, so drangen diese Ausbrüche der Entrüstung, die von weitem
etwas sehr komisches hatten, zu den Nachbarn nah und fern;
sie brachen mitunter alle zugleich in helles Lachen aus und der
joviale Urheber pflegte aus voller Kehle mit einzustimmen. Zuweilen
gab es auch scherzhafte Missverständnisse, denn die japanische
Sprache ist reich an vieldeutigen Worten welche erklärender Zu-
sätze bedürfen, und der Iseya brachte oft die wunderbarsten Sachen,
die bestellt zu haben Herr v. B. nicht ahnte. Solche Arbeit war
die Haushaltung. Allmälich ging es besser; die Hausbeamten wurden
bei näherer Bekanntschaft viel gefälliger, und gaben später unzwei-
felhafte Beweise wohlwollender Gesinnung. Was den Iseya betrifft,
so gehört er dem Handelsstande an — die Yakunine der Gesandt-
schaft waren Samraï, zum Theil vielleicht nur gemeine Soldaten,
aber lauter zweischwertige Männer aus der Adelsclasse — und ist
deshalb nach japanischen Begriffen berufen soviel Vortheil zu nehmen
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