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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Einrichtung der Strafanstalt. Die Caserne. I.
die Hindu's leben fast ganz von Reis und Gemüsen, und vieler
Kleidung bedarf es nicht. So erhält sich die Anstalt nicht nur
selbst, sondern wirft einen beträchtlichen Gewinn ab, der 1859
gegen 40,000 Rupees (26,667 Th.) betragen haben soll. Die Zahl
der Sträflinge belief sich auf 2247, darunter einige Weiber; dazu
waren 292 Zuchthäusler aus Singapore in derselben Anstalt unter-
gebracht, also im Ganzen 2539. -- Alle zur Deportation verurtheilten
vorderindischen Verbrecher werden in die Niederlassungen der
Strasse von Malacca, nach Penang, Malacca und Singapore ge-
schickt, wo man durch ihre Arbeit den grössten Theil der Strassen
und öffentlichen Gebäude hergestellt hat. Auch am Bau des Forts
von Singapore arbeiteten sie mit chinesischen Tagelöhnern vermischt.
Schlechte Führung wird mit harter Arbeit, dem Ausklopfen der
Cocosnussfasern in Ketten bestraft.

Die Sträflinge der Anstalt von Singapore sahen munter und
gesund aus, vor allen die Aufseher. -- In einem grossen, mit Mauern
umgebenen Hofe stehen mehrere gut gehaltene Gebäude, Schlaf- und
Arbeitsäle, ein Hospital, Zellen zur Einzelnhaft, Küchen, Werkstätten,
Schmieden, ein Arbeitslocal für Widerspänstige, eine Abtheilung für
die Frauen u. s. w., alle luftig und rein im vollsten Sinne des Wortes.
Die Brunnen liefern nicht bloss Trinkwasser, sondern auch Wasch-
und Badewasser in reichlicher Menge. Die Küchen für jede Religion
und Kaste sind getrennt und dienen zugleich als Speisesäle, da jeder
Hindu seine Nahrung auf der Erde kauernd sogleich verzehrt, wo
er sie erhält. -- Es giebt im Ganzen sechs Classen Gefangener,
davon ist die fünfte die Strafabtheilung, und zur sechsten gehören
die durch Alter zur Arbeit unfähig gewordenen. Die Sträflinge
gelangen nach sechs- bis sechszehnjähriger guter Führung in die
erste Classe und dürfen sich dann selbst auf der Insel ihr Unter-
kommen suchen.

Die Caserne des 40. Native-infantry Madras-Regimentes be-
sichtigte der Gesandte bei Gelegenheit eines Besuches, den er dem
Commandeur Major Hervey abstattete. Die Gemeinen sind alle
aus der Präsidentschaft Madras geworben; sie dürfen nur drei
Jahre hintereinander ausser Landes verwendet werden und erhalten
während dieser Zeit einen monatlichen Sold von 7 bis 9 Rupees
(1 Rupee = 20 Sgr.) neben reichlichen Rationen. Viele ernähren
davon ihre in Indien zurückgebliebenen Familien. Die Madras-
Regimenter sind während des ganzen indischen Feldzuges treu

Einrichtung der Strafanstalt. Die Caserne. I.
die Hindu’s leben fast ganz von Reis und Gemüsen, und vieler
Kleidung bedarf es nicht. So erhält sich die Anstalt nicht nur
selbst, sondern wirft einen beträchtlichen Gewinn ab, der 1859
gegen 40,000 Rupees (26,667 Th.) betragen haben soll. Die Zahl
der Sträflinge belief sich auf 2247, darunter einige Weiber; dazu
waren 292 Zuchthäusler aus Singapore in derselben Anstalt unter-
gebracht, also im Ganzen 2539. — Alle zur Deportation verurtheilten
vorderindischen Verbrecher werden in die Niederlassungen der
Strasse von Malacca, nach Penang, Malacca und Singapore ge-
schickt, wo man durch ihre Arbeit den grössten Theil der Strassen
und öffentlichen Gebäude hergestellt hat. Auch am Bau des Forts
von Singapore arbeiteten sie mit chinesischen Tagelöhnern vermischt.
Schlechte Führung wird mit harter Arbeit, dem Ausklopfen der
Cocosnussfasern in Ketten bestraft.

Die Sträflinge der Anstalt von Singapore sahen munter und
gesund aus, vor allen die Aufseher. — In einem grossen, mit Mauern
umgebenen Hofe stehen mehrere gut gehaltene Gebäude, Schlaf- und
Arbeitsäle, ein Hospital, Zellen zur Einzelnhaft, Küchen, Werkstätten,
Schmieden, ein Arbeitslocal für Widerspänstige, eine Abtheilung für
die Frauen u. s. w., alle luftig und rein im vollsten Sinne des Wortes.
Die Brunnen liefern nicht bloss Trinkwasser, sondern auch Wasch-
und Badewasser in reichlicher Menge. Die Küchen für jede Religion
und Kaste sind getrennt und dienen zugleich als Speisesäle, da jeder
Hindu seine Nahrung auf der Erde kauernd sogleich verzehrt, wo
er sie erhält. — Es giebt im Ganzen sechs Classen Gefangener,
davon ist die fünfte die Strafabtheilung, und zur sechsten gehören
die durch Alter zur Arbeit unfähig gewordenen. Die Sträflinge
gelangen nach sechs- bis sechszehnjähriger guter Führung in die
erste Classe und dürfen sich dann selbst auf der Insel ihr Unter-
kommen suchen.

Die Caserne des 40. Native-infantry Madras-Regimentes be-
sichtigte der Gesandte bei Gelegenheit eines Besuches, den er dem
Commandeur Major Hervey abstattete. Die Gemeinen sind alle
aus der Präsidentschaft Madras geworben; sie dürfen nur drei
Jahre hintereinander ausser Landes verwendet werden und erhalten
während dieser Zeit einen monatlichen Sold von 7 bis 9 Rupees
(1 Rupee = 20 Sgr.) neben reichlichen Rationen. Viele ernähren
davon ihre in Indien zurückgebliebenen Familien. Die Madras-
Regimenter sind während des ganzen indischen Feldzuges treu

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[212/0242] Einrichtung der Strafanstalt. Die Caserne. I. die Hindu’s leben fast ganz von Reis und Gemüsen, und vieler Kleidung bedarf es nicht. So erhält sich die Anstalt nicht nur selbst, sondern wirft einen beträchtlichen Gewinn ab, der 1859 gegen 40,000 Rupees (26,667 Th.) betragen haben soll. Die Zahl der Sträflinge belief sich auf 2247, darunter einige Weiber; dazu waren 292 Zuchthäusler aus Singapore in derselben Anstalt unter- gebracht, also im Ganzen 2539. — Alle zur Deportation verurtheilten vorderindischen Verbrecher werden in die Niederlassungen der Strasse von Malacca, nach Penang, Malacca und Singapore ge- schickt, wo man durch ihre Arbeit den grössten Theil der Strassen und öffentlichen Gebäude hergestellt hat. Auch am Bau des Forts von Singapore arbeiteten sie mit chinesischen Tagelöhnern vermischt. Schlechte Führung wird mit harter Arbeit, dem Ausklopfen der Cocosnussfasern in Ketten bestraft. Die Sträflinge der Anstalt von Singapore sahen munter und gesund aus, vor allen die Aufseher. — In einem grossen, mit Mauern umgebenen Hofe stehen mehrere gut gehaltene Gebäude, Schlaf- und Arbeitsäle, ein Hospital, Zellen zur Einzelnhaft, Küchen, Werkstätten, Schmieden, ein Arbeitslocal für Widerspänstige, eine Abtheilung für die Frauen u. s. w., alle luftig und rein im vollsten Sinne des Wortes. Die Brunnen liefern nicht bloss Trinkwasser, sondern auch Wasch- und Badewasser in reichlicher Menge. Die Küchen für jede Religion und Kaste sind getrennt und dienen zugleich als Speisesäle, da jeder Hindu seine Nahrung auf der Erde kauernd sogleich verzehrt, wo er sie erhält. — Es giebt im Ganzen sechs Classen Gefangener, davon ist die fünfte die Strafabtheilung, und zur sechsten gehören die durch Alter zur Arbeit unfähig gewordenen. Die Sträflinge gelangen nach sechs- bis sechszehnjähriger guter Führung in die erste Classe und dürfen sich dann selbst auf der Insel ihr Unter- kommen suchen. Die Caserne des 40. Native-infantry Madras-Regimentes be- sichtigte der Gesandte bei Gelegenheit eines Besuches, den er dem Commandeur Major Hervey abstattete. Die Gemeinen sind alle aus der Präsidentschaft Madras geworben; sie dürfen nur drei Jahre hintereinander ausser Landes verwendet werden und erhalten während dieser Zeit einen monatlichen Sold von 7 bis 9 Rupees (1 Rupee = 20 Sgr.) neben reichlichen Rationen. Viele ernähren davon ihre in Indien zurückgebliebenen Familien. Die Madras- Regimenter sind während des ganzen indischen Feldzuges treu

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/242>, abgerufen am 25.11.2024.