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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Verlassenheit der Holländer auf Desima.
schmale und seichte Eingang des Hafens durch einige Kahnladungen
Steine verschüttet, dann die Fregatte von 300 kleinen Fahrzeugen
angegriffen und in Brand gesteckt werden. Aber in der Frühe, ehe
die Japaner mit ihren Vorbereitungen fertig waren, setzte der Phaeton
Segel, und lief mit frischem Winde zum Hafen hinaus. Eine halbe
Stunde darauf hatten sich der Statthalter von Nangasaki und die
vier Befehlshaber der Kaiserwachen den Leib aufgeschlitzt163).
Der Fürst von Fidsen, der grade in Yeddo, aber für die militärische
Besatzung verantwortlich war, wurde mit hundert Tagen Haus-
gefängniss bestraft.

Da im folgenden Jahre von den beiden holländischen nach
Nangasaki bestimmten Schiffen das eine, welches den ablösenden
Handelsvorsteher an Bord hatte, auf der Reise unterging, so musste
Doeff, dessen Zeit eigentlich um war, im Amte bleiben164). Er verab-
redete mit dem neuen Statthalter wegen der unangenehmen Vorfälle
mit dem Phaeton eine geheime Signalflagge, an welcher die zunächst
eintreffenden holländischen Schiffe kenntlich sein sollten. Das
Schreiben, in welchem dieses Signal der Regierung von Batavia
mitgetheilt wurde, sollte der Capitän des zurückkehrenden Schiffes,
falls die Engländer ihn angriffen, sogleich vernichten. -- Für Doeff
und seine Gefährten brach jetzt eine schwere Zeit an; sie blieben,
da Java in die Hände der Engländer übergegangen war, in den
Jahren 1810, 1811 und 1812 ohne alle Nachricht aus Europa. Seit
ihrer Ankunft im sechszehnten Jahrhundert waren die Bewohner von
Desima niemals zwei Jahre hinter einander ohne Sendungen geblieben.
Man denke sich eine Gesellschaft von sieben Europäern auf einem

163) Dieses ist ein Beispiel von den japanischen Begriffen von Verantwortlichkeit.
Der Statthalter sowohl als die Befehlshaber hatten wegen der der japanischen Re-
gierung angethanen ungerächten Schmach das Leben verwirkt, und zogen den
Selbstmord der Schande der Hinrichtung vor, welche ihre Familie mitbetroffen hätte.
Der kleine Sohn des Statthalters blieb in Yeddo in hohen Ehren, denn jetzt war
alle Schuld gesühnt. Der Fürst von Fidsen, dessen Untergebene durch ihre Nach-
lässigkeit den Tod des Statthalters mit veranlasst hatten, bat um die Erlaubniss,
dem Sohne 2000 Kobang verehren zu dürfen. Der Siogun gestattete ihm nicht nur
diese einmalige, sondern die jährliche Wiederholung der Gabe, eine Erlaubniss, die
einem Befehle gleichkam.
164) Bis gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts durfte kein Handelsvorsteher
länger als ein Jahr hintereinander auf Desima bleiben. Von der Zeit an wurde ihre
Amtsdauer mit Genehmigung der japanischen Regierung auf fünf Jahre festgesetzt.
Die späteren Handelsvorsteher blieben gewöhnlich zwei bis drei Jahre in Nangasaki.
11*

Verlassenheit der Holländer auf Desima.
schmale und seichte Eingang des Hafens durch einige Kahnladungen
Steine verschüttet, dann die Fregatte von 300 kleinen Fahrzeugen
angegriffen und in Brand gesteckt werden. Aber in der Frühe, ehe
die Japaner mit ihren Vorbereitungen fertig waren, setzte der Phaëton
Segel, und lief mit frischem Winde zum Hafen hinaus. Eine halbe
Stunde darauf hatten sich der Statthalter von Naṅgasaki und die
vier Befehlshaber der Kaiserwachen den Leib aufgeschlitzt163).
Der Fürst von Fidsen, der grade in Yeddo, aber für die militärische
Besatzung verantwortlich war, wurde mit hundert Tagen Haus-
gefängniss bestraft.

Da im folgenden Jahre von den beiden holländischen nach
Naṅgasaki bestimmten Schiffen das eine, welches den ablösenden
Handelsvorsteher an Bord hatte, auf der Reise unterging, so musste
Doeff, dessen Zeit eigentlich um war, im Amte bleiben164). Er verab-
redete mit dem neuen Statthalter wegen der unangenehmen Vorfälle
mit dem Phaëton eine geheime Signalflagge, an welcher die zunächst
eintreffenden holländischen Schiffe kenntlich sein sollten. Das
Schreiben, in welchem dieses Signal der Regierung von Batavia
mitgetheilt wurde, sollte der Capitän des zurückkehrenden Schiffes,
falls die Engländer ihn angriffen, sogleich vernichten. — Für Doeff
und seine Gefährten brach jetzt eine schwere Zeit an; sie blieben,
da Java in die Hände der Engländer übergegangen war, in den
Jahren 1810, 1811 und 1812 ohne alle Nachricht aus Europa. Seit
ihrer Ankunft im sechszehnten Jahrhundert waren die Bewohner von
Desima niemals zwei Jahre hinter einander ohne Sendungen geblieben.
Man denke sich eine Gesellschaft von sieben Europäern auf einem

163) Dieses ist ein Beispiel von den japanischen Begriffen von Verantwortlichkeit.
Der Statthalter sowohl als die Befehlshaber hatten wegen der der japanischen Re-
gierung angethanen ungerächten Schmach das Leben verwirkt, und zogen den
Selbstmord der Schande der Hinrichtung vor, welche ihre Familie mitbetroffen hätte.
Der kleine Sohn des Statthalters blieb in Yeddo in hohen Ehren, denn jetzt war
alle Schuld gesühnt. Der Fürst von Fidsen, dessen Untergebene durch ihre Nach-
lässigkeit den Tod des Statthalters mit veranlasst hatten, bat um die Erlaubniss,
dem Sohne 2000 Kobang verehren zu dürfen. Der Siogun gestattete ihm nicht nur
diese einmalige, sondern die jährliche Wiederholung der Gabe, eine Erlaubniss, die
einem Befehle gleichkam.
164) Bis gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts durfte kein Handelsvorsteher
länger als ein Jahr hintereinander auf Desima bleiben. Von der Zeit an wurde ihre
Amtsdauer mit Genehmigung der japanischen Regierung auf fünf Jahre festgesetzt.
Die späteren Handelsvorsteher blieben gewöhnlich zwei bis drei Jahre in Naṅgasaki.
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[163/0193] Verlassenheit der Holländer auf Desima. schmale und seichte Eingang des Hafens durch einige Kahnladungen Steine verschüttet, dann die Fregatte von 300 kleinen Fahrzeugen angegriffen und in Brand gesteckt werden. Aber in der Frühe, ehe die Japaner mit ihren Vorbereitungen fertig waren, setzte der Phaëton Segel, und lief mit frischem Winde zum Hafen hinaus. Eine halbe Stunde darauf hatten sich der Statthalter von Naṅgasaki und die vier Befehlshaber der Kaiserwachen den Leib aufgeschlitzt 163). Der Fürst von Fidsen, der grade in Yeddo, aber für die militärische Besatzung verantwortlich war, wurde mit hundert Tagen Haus- gefängniss bestraft. Da im folgenden Jahre von den beiden holländischen nach Naṅgasaki bestimmten Schiffen das eine, welches den ablösenden Handelsvorsteher an Bord hatte, auf der Reise unterging, so musste Doeff, dessen Zeit eigentlich um war, im Amte bleiben 164). Er verab- redete mit dem neuen Statthalter wegen der unangenehmen Vorfälle mit dem Phaëton eine geheime Signalflagge, an welcher die zunächst eintreffenden holländischen Schiffe kenntlich sein sollten. Das Schreiben, in welchem dieses Signal der Regierung von Batavia mitgetheilt wurde, sollte der Capitän des zurückkehrenden Schiffes, falls die Engländer ihn angriffen, sogleich vernichten. — Für Doeff und seine Gefährten brach jetzt eine schwere Zeit an; sie blieben, da Java in die Hände der Engländer übergegangen war, in den Jahren 1810, 1811 und 1812 ohne alle Nachricht aus Europa. Seit ihrer Ankunft im sechszehnten Jahrhundert waren die Bewohner von Desima niemals zwei Jahre hinter einander ohne Sendungen geblieben. Man denke sich eine Gesellschaft von sieben Europäern auf einem 163) Dieses ist ein Beispiel von den japanischen Begriffen von Verantwortlichkeit. Der Statthalter sowohl als die Befehlshaber hatten wegen der der japanischen Re- gierung angethanen ungerächten Schmach das Leben verwirkt, und zogen den Selbstmord der Schande der Hinrichtung vor, welche ihre Familie mitbetroffen hätte. Der kleine Sohn des Statthalters blieb in Yeddo in hohen Ehren, denn jetzt war alle Schuld gesühnt. Der Fürst von Fidsen, dessen Untergebene durch ihre Nach- lässigkeit den Tod des Statthalters mit veranlasst hatten, bat um die Erlaubniss, dem Sohne 2000 Kobang verehren zu dürfen. Der Siogun gestattete ihm nicht nur diese einmalige, sondern die jährliche Wiederholung der Gabe, eine Erlaubniss, die einem Befehle gleichkam. 164) Bis gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts durfte kein Handelsvorsteher länger als ein Jahr hintereinander auf Desima bleiben. Von der Zeit an wurde ihre Amtsdauer mit Genehmigung der japanischen Regierung auf fünf Jahre festgesetzt. Die späteren Handelsvorsteher blieben gewöhnlich zwei bis drei Jahre in Naṅgasaki. 11*

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/193>, abgerufen am 23.11.2024.