[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.Der Phaeton. natürlich vergebens, dass sie die Holländer wiederschaffen sollten;er machte zugleich Anstalten, um Gewalt zu brauchen, erfuhr aber zu seinem Schrecken, dass auf den Kaiserwachen am Eingange des Hafens, die jederzeit von tausend Soldaten des Fürsten von Fidsen besetzt sein sollten, kaum sechszig Mann zu finden, und dass auch die Anführer abwesend seien. -- Gegen Abend desselben Tages wurde ein Zettel gebracht, welchen die fremden Matrosen auf einer Klippe niedergelegt hatten; er kam von einem der Geraubten: das Schiff sei ein englisches aus Bengalen und verlange Wasser und Lebensmittel. Die Verzweiflung der gekränkten japanischen Beamten stieg auf das Höchste; der Secretär des Statthalters wollte durch- aus an Bord gehen, um den Capitän -- und dann natürlich auch sich selbst zu erdolchen, und der Handelsvorsteher Doeff musste alle seine Ueberredungskunst aufbieten, um ihn von diesem Vor- haben abzubringen. Am folgenden Tage hissten die Engländer ihre Flagge. -- Der Statthalter hatte Aufgebote nach allen Richtungen in die benachbarten Gebiete ergehen lassen, und dachte den Feind so lange hinzuhalten, bis er die zum Angriff nothwendigen Truppen und Boote beisammen hätte. -- Nachmittags erschien einer der Geraubten, den die Engländer auf einer Klippe im Hafen aus- gesetzt hatten, mit einem von Capitän Fleetwood Pellew, Fregatte Phaeton, unterzeichneten kurzen Schreiben, "er werde die im Hafen liegenden japanischen und chinesischen Dschunken in Brand stecken, wenn der Entlassene nicht vor Abend mit den verlangten Vorräthen zurück sei. Die beiden Gefangenen waren, nach der Aussage des Zurückkehrenden, von dem englischen Befehlshaber, einem unreif aussehenden jungen Mann, mit Rohheit behandelt, und unter Androhung des Aufknüpfens befragt worden, wo die holländi- schen Schiffe lägen; der Capitän hatte Abends auch selbst eine ver- gebliche Rundfahrt im Hafen gemacht, um solche zu suchen. Der Befreite brachte noch die mündliche Drohung, dass sein Genosse ohne Gnade gehenkt werden solle, wenn er selbst nicht mit den Lebensmitteln zurückkehrte. Obgleich von seiner Regierung ermäch- tigt, alle nothleidenden Schiffe unentgeltlich mit Wasser und Vor- räthen zu versehen, entschloss sich der beleidigte Statthalter nur schwer, den dringenden Bitten des Handelsvorstehers nachzugeben, und sandte gegen Abend eine geringe Quantität Lebensmittel an Bord; bald darauf wurde auch der andere Geraubte entlassen. Die Nacht verging unter kriegerischen Anstalten. Zunächst sollte der Der Phaëton. natürlich vergebens, dass sie die Holländer wiederschaffen sollten;er machte zugleich Anstalten, um Gewalt zu brauchen, erfuhr aber zu seinem Schrecken, dass auf den Kaiserwachen am Eingange des Hafens, die jederzeit von tausend Soldaten des Fürsten von Fidsen besetzt sein sollten, kaum sechszig Mann zu finden, und dass auch die Anführer abwesend seien. — Gegen Abend desselben Tages wurde ein Zettel gebracht, welchen die fremden Matrosen auf einer Klippe niedergelegt hatten; er kam von einem der Geraubten: das Schiff sei ein englisches aus Bengalen und verlange Wasser und Lebensmittel. Die Verzweiflung der gekränkten japanischen Beamten stieg auf das Höchste; der Secretär des Statthalters wollte durch- aus an Bord gehen, um den Capitän — und dann natürlich auch sich selbst zu erdolchen, und der Handelsvorsteher Doeff musste alle seine Ueberredungskunst aufbieten, um ihn von diesem Vor- haben abzubringen. Am folgenden Tage hissten die Engländer ihre Flagge. — Der Statthalter hatte Aufgebote nach allen Richtungen in die benachbarten Gebiete ergehen lassen, und dachte den Feind so lange hinzuhalten, bis er die zum Angriff nothwendigen Truppen und Boote beisammen hätte. — Nachmittags erschien einer der Geraubten, den die Engländer auf einer Klippe im Hafen aus- gesetzt hatten, mit einem von Capitän Fleetwood Pellew, Fregatte Phaëton, unterzeichneten kurzen Schreiben, »er werde die im Hafen liegenden japanischen und chinesischen Dschunken in Brand stecken, wenn der Entlassene nicht vor Abend mit den verlangten Vorräthen zurück sei. Die beiden Gefangenen waren, nach der Aussage des Zurückkehrenden, von dem englischen Befehlshaber, einem unreif aussehenden jungen Mann, mit Rohheit behandelt, und unter Androhung des Aufknüpfens befragt worden, wo die holländi- schen Schiffe lägen; der Capitän hatte Abends auch selbst eine ver- gebliche Rundfahrt im Hafen gemacht, um solche zu suchen. Der Befreite brachte noch die mündliche Drohung, dass sein Genosse ohne Gnade gehenkt werden solle, wenn er selbst nicht mit den Lebensmitteln zurückkehrte. Obgleich von seiner Regierung ermäch- tigt, alle nothleidenden Schiffe unentgeltlich mit Wasser und Vor- räthen zu versehen, entschloss sich der beleidigte Statthalter nur schwer, den dringenden Bitten des Handelsvorstehers nachzugeben, und sandte gegen Abend eine geringe Quantität Lebensmittel an Bord; bald darauf wurde auch der andere Geraubte entlassen. Die Nacht verging unter kriegerischen Anstalten. 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Der Phaëton.
natürlich vergebens, dass sie die Holländer wiederschaffen sollten;
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Hafens, die jederzeit von tausend Soldaten des Fürsten von Fidsen
besetzt sein sollten, kaum sechszig Mann zu finden, und dass auch
die Anführer abwesend seien. — Gegen Abend desselben Tages
wurde ein Zettel gebracht, welchen die fremden Matrosen auf einer
Klippe niedergelegt hatten; er kam von einem der Geraubten: das
Schiff sei ein englisches aus Bengalen und verlange Wasser und
Lebensmittel. Die Verzweiflung der gekränkten japanischen Beamten
stieg auf das Höchste; der Secretär des Statthalters wollte durch-
aus an Bord gehen, um den Capitän — und dann natürlich auch
sich selbst zu erdolchen, und der Handelsvorsteher Doeff musste
alle seine Ueberredungskunst aufbieten, um ihn von diesem Vor-
haben abzubringen. Am folgenden Tage hissten die Engländer ihre
Flagge. — Der Statthalter hatte Aufgebote nach allen Richtungen
in die benachbarten Gebiete ergehen lassen, und dachte den Feind
so lange hinzuhalten, bis er die zum Angriff nothwendigen Truppen
und Boote beisammen hätte. — Nachmittags erschien einer der
Geraubten, den die Engländer auf einer Klippe im Hafen aus-
gesetzt hatten, mit einem von Capitän Fleetwood Pellew, Fregatte
Phaëton, unterzeichneten kurzen Schreiben, »er werde die im
Hafen liegenden japanischen und chinesischen Dschunken in Brand
stecken, wenn der Entlassene nicht vor Abend mit den verlangten
Vorräthen zurück sei. Die beiden Gefangenen waren, nach der
Aussage des Zurückkehrenden, von dem englischen Befehlshaber,
einem unreif aussehenden jungen Mann, mit Rohheit behandelt, und
unter Androhung des Aufknüpfens befragt worden, wo die holländi-
schen Schiffe lägen; der Capitän hatte Abends auch selbst eine ver-
gebliche Rundfahrt im Hafen gemacht, um solche zu suchen. Der
Befreite brachte noch die mündliche Drohung, dass sein Genosse
ohne Gnade gehenkt werden solle, wenn er selbst nicht mit den
Lebensmitteln zurückkehrte. Obgleich von seiner Regierung ermäch-
tigt, alle nothleidenden Schiffe unentgeltlich mit Wasser und Vor-
räthen zu versehen, entschloss sich der beleidigte Statthalter nur
schwer, den dringenden Bitten des Handelsvorstehers nachzugeben,
und sandte gegen Abend eine geringe Quantität Lebensmittel an
Bord; bald darauf wurde auch der andere Geraubte entlassen. Die
Nacht verging unter kriegerischen Anstalten. Zunächst sollte der
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