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Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703.

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Das I Capitel
es dem Kirchero, wie er in seinem mundo subterraneo libr. 8 cap. 4
den Unterschied zwischen den mineralischen und versteinerten Bei-
nen lehren und sagen will/ daß die rechten Knochen ihre inwendige
hole Röhren/ darinnen vormahls das Marck gesessen/ behalten hät-
ten/ die mineralischen aber gar nicht hohl/ sondern durch und durch
gantz feste wie ein Stein wären/ denn solches ebenfals nicht perpe-
tuae veritatis
ist/ und allezeit eintrifft; massen man auch zu Zeiten
unter denen mineralischen Knochen etliche findet/ die da hohl sind
und Marck-Knochen haben/ ob sie schon sonst in andern Stücken
mit einem rechten animalischen Knochen nicht allerdinges überein
kommen/ dahero auch solches in specie zu sagen sehr schwer fället.
Hieraus kan nun ein Curiosus leicht ersehen/ was man vor einen
Zweyspalt des gegrabenen Einhorns wegen schon vor diesem ge-
macht habe/ und ist solcher alte Disputat vor etlichen Jahren gleich-
sam wieder aufgewärmet worden/ als ein Sand-Gräber im Anfang
des Decembris 1695 bey dem in dem Hoch-Fürstlichen Sächsi-
schen Gothaischen Gebiethe gelegenen Dorffe Burg-Tonna einen
sonderlichen Cörper gefunden; Jndem das Hoch-Löbliche Colle-
gium Medicum
in Gotha denselben/ vermöge eines darüber Anno
1696 den 14 Februarii verfertigten und heraus gegebenen Berichts/
vor ein mineralisches Gewächs und Spiel der Natur gehalten/ da
hingegen im April. Ann. 1696 derer von Herr Fritschen in Leipzig
verlegten so genannten monatlichen Unterredungen einiger guten
Freünde nicht will zugegeben werden/ daß solche ausgegrabene gros-
se Beine ein unicornu fossile proprie dictum seyn/ sondern es wird
darinnen von dem 302 Blatt an biß zum Ende statuiret: daß solche
nichts anders/ als wahrhafftige versteinerte Beine von einem Ele-
phanten wären/ und haben beyde Theile an gedachten Orten aller-
hand argumenta zu Defendirung ihrer Meinung vorgebracht. Ob
ich nun schon mich in solchen curieusen Schrifft-Streit zu mischen
nicht gesinnet bin/ und einem ieden leicht gönne/ daß er/ wie man zu
sagen pfleget/ auf seinen fünff Augen bleibe dennoch/ wenn ich meine
Meinung hievon sagen solte und müste/ wie offt von guten Freün-
den/ denen etwas von dem Tonnischen unicornu fossili zu Handen

kom-

Das I Capitel
es dem Kirchero, wie er in ſeinem mundo ſubterraneo libr. 8 cap. 4
den Unterſchied zwiſchen den mineraliſchen und verſteinerten Bei-
nen lehren und ſagen will/ daß die rechten Knochen ihre inwendige
hole Roͤhren/ darinnen vormahls das Marck geſeſſen/ behalten haͤt-
ten/ die mineraliſchen aber gar nicht hohl/ ſondern durch und durch
gantz feſte wie ein Stein waͤren/ denn ſolches ebenfals nicht perpe-
tuæ veritatis
iſt/ und allezeit eintrifft; maſſen man auch zu Zeiten
unter denen mineraliſchen Knochen etliche findet/ die da hohl ſind
und Marck-Knochen haben/ ob ſie ſchon ſonſt in andern Stuͤcken
mit einem rechten animaliſchen Knochen nicht allerdinges uͤberein
kommen/ dahero auch ſolches in ſpecie zu ſagen ſehr ſchwer faͤllet.
Hieraus kan nun ein Curioſus leicht erſehen/ was man vor einen
Zweyſpalt des gegrabenen Einhorns wegen ſchon vor dieſem ge-
macht habe/ und iſt ſolcher alte Diſputat vor etlichen Jahren gleich-
ſam wieder aufgewaͤrmet worden/ als ein Sand-Graͤber im Anfang
des Decembris 1695 bey dem in dem Hoch-Fuͤrſtlichen Saͤchſi-
ſchen Gothaiſchen Gebiethe gelegenen Dorffe Burg-Tonna einen
ſonderlichen Coͤrper gefunden; Jndem das Hoch-Loͤbliche Colle-
gium Medicum
in Gotha denſelben/ vermoͤge eines daruͤber Anno
1696 den 14 Februarii verfertigten und heraus gegebenen Berichts/
vor ein mineraliſches Gewaͤchs und Spiel der Natur gehalten/ da
hingegen im April. Ann. 1696 derer von Herr Fritſchen in Leipzig
verlegten ſo genannten monatlichen Unterredungen einiger guten
Freuͤnde nicht will zugegeben werden/ daß ſolche ausgegrabene groſ-
ſe Beine ein unicornu foſſile propriè dictum ſeyn/ ſondern es wird
darinnen von dem 302 Blatt an biß zum Ende ſtatuiret: daß ſolche
nichts anders/ als wahrhafftige verſteinerte Beine von einem Ele-
phanten waͤren/ und haben beyde Theile an gedachten Orten aller-
hand argumenta zu Defendirung ihrer Meinung vorgebracht. Ob
ich nun ſchon mich in ſolchen curieuſen Schrifft-Streit zu miſchen
nicht geſinnet bin/ und einem ieden leicht goͤnne/ daß er/ wie man zu
ſagen pfleget/ auf ſeinen fuͤnff Augen bleibe dennoch/ wenn ich meine
Meinung hievon ſagen ſolte und muͤſte/ wie offt von guten Freuͤn-
den/ denen etwas von dem Tonniſchen unicornu foſſili zu Handen

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[56/0068] Das I Capitel es dem Kirchero, wie er in ſeinem mundo ſubterraneo libr. 8 cap. 4 den Unterſchied zwiſchen den mineraliſchen und verſteinerten Bei- nen lehren und ſagen will/ daß die rechten Knochen ihre inwendige hole Roͤhren/ darinnen vormahls das Marck geſeſſen/ behalten haͤt- ten/ die mineraliſchen aber gar nicht hohl/ ſondern durch und durch gantz feſte wie ein Stein waͤren/ denn ſolches ebenfals nicht perpe- tuæ veritatis iſt/ und allezeit eintrifft; maſſen man auch zu Zeiten unter denen mineraliſchen Knochen etliche findet/ die da hohl ſind und Marck-Knochen haben/ ob ſie ſchon ſonſt in andern Stuͤcken mit einem rechten animaliſchen Knochen nicht allerdinges uͤberein kommen/ dahero auch ſolches in ſpecie zu ſagen ſehr ſchwer faͤllet. Hieraus kan nun ein Curioſus leicht erſehen/ was man vor einen Zweyſpalt des gegrabenen Einhorns wegen ſchon vor dieſem ge- macht habe/ und iſt ſolcher alte Diſputat vor etlichen Jahren gleich- ſam wieder aufgewaͤrmet worden/ als ein Sand-Graͤber im Anfang des Decembris 1695 bey dem in dem Hoch-Fuͤrſtlichen Saͤchſi- ſchen Gothaiſchen Gebiethe gelegenen Dorffe Burg-Tonna einen ſonderlichen Coͤrper gefunden; Jndem das Hoch-Loͤbliche Colle- gium Medicum in Gotha denſelben/ vermoͤge eines daruͤber Anno 1696 den 14 Februarii verfertigten und heraus gegebenen Berichts/ vor ein mineraliſches Gewaͤchs und Spiel der Natur gehalten/ da hingegen im April. Ann. 1696 derer von Herr Fritſchen in Leipzig verlegten ſo genannten monatlichen Unterredungen einiger guten Freuͤnde nicht will zugegeben werden/ daß ſolche ausgegrabene groſ- ſe Beine ein unicornu foſſile propriè dictum ſeyn/ ſondern es wird darinnen von dem 302 Blatt an biß zum Ende ſtatuiret: daß ſolche nichts anders/ als wahrhafftige verſteinerte Beine von einem Ele- phanten waͤren/ und haben beyde Theile an gedachten Orten aller- hand argumenta zu Defendirung ihrer Meinung vorgebracht. Ob ich nun ſchon mich in ſolchen curieuſen Schrifft-Streit zu miſchen nicht geſinnet bin/ und einem ieden leicht goͤnne/ daß er/ wie man zu ſagen pfleget/ auf ſeinen fuͤnff Augen bleibe dennoch/ wenn ich meine Meinung hievon ſagen ſolte und muͤſte/ wie offt von guten Freuͤn- den/ denen etwas von dem Tonniſchen unicornu foſſili zu Handen kom-

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Zitationshilfe: Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/behrens_hercynia_1703/68>, abgerufen am 24.11.2024.