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[Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680.

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Kurzweiliger
wegen verübten Diebstals aufgehän-
get und der übrige Hauffen zerstreuet
war.

Jch hatte mich sehr in meinen Lehr-
meister verliebet/ daß ich nicht von ihm
kommen konte/ deßwegen reisete ich
mit ihm in Frankreich/ und dort erwar-
be er sein Brodt mit Tanz-aufschlagen
bis er endlich so sehr verdarbe und her-
unter kam/ daß ich länger nicht bey
ihm ausdauren konte. Jch lieffe ihm
also in einer Nacht samt seiner Lauten
hinweg/ und des dritten Tages kame
ich auf ein Schloß/ alwo ich in dem
Hof eines aufspielete/ und ein Fran-
zösisch Lied darein sunge/ es wohnete
eine Adeliche Wittib an diesem Ort/
welcher jüngst ihr Herr auf einem Duell
erschoßen worden/ die sahe über ein
Fenster herunter/ und ich hatte das Lied
noch nicht zu Ende gebracht/ als sie
mich durch einen kleinen Jungen zu sich
hinauf ruffen ließe. Jch hatte dazu-
mal etwan achtzehn Jahr auf mir/ aber
die Warheit zu bekennen/ so war ich
doch keck genug/ mich vor der schönen
Damen zu stellen/ so schlecht und elen-

dig ich

Kurzweiliger
wegen veruͤbten Diebſtals aufgehaͤn-
get und der uͤbrige Hauffen zerſtreuet
war.

Jch hatte mich ſehr in meinen Lehr-
meiſter verliebet/ daß ich nicht von ihm
kommen konte/ deßwegen reiſete ich
mit ihm in Frankreich/ und dort erwar-
be er ſein Brodt mit Tanz-aufſchlagen
bis er endlich ſo ſehr verdarbe und her-
unter kam/ daß ich laͤnger nicht bey
ihm ausdauren konte. Jch lieffe ihm
alſo in einer Nacht ſamt ſeiner Lauten
hinweg/ und des dritten Tages kame
ich auf ein Schloß/ alwo ich in dem
Hof eines aufſpielete/ und ein Fran-
zoͤſiſch Lied darein ſunge/ es wohnete
eine Adeliche Wittib an dieſem Ort/
welcher juͤngſt ihr Herꝛ auf einem Duell
erſchoßen worden/ die ſahe uͤber ein
Fenſter herunter/ und ich hatte das Lied
noch nicht zu Ende gebracht/ als ſie
mich durch einen kleinen Jungen zu ſich
hinauf ruffen ließe. Jch hatte dazu-
mal etwan achtzehn Jahr auf mir/ aber
die Warheit zu bekennen/ ſo war ich
doch keck genug/ mich vor der ſchoͤnen
Damen zu ſtellen/ ſo ſchlecht und elen-

dig ich
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[162/0170] Kurzweiliger wegen veruͤbten Diebſtals aufgehaͤn- get und der uͤbrige Hauffen zerſtreuet war. Jch hatte mich ſehr in meinen Lehr- meiſter verliebet/ daß ich nicht von ihm kommen konte/ deßwegen reiſete ich mit ihm in Frankreich/ und dort erwar- be er ſein Brodt mit Tanz-aufſchlagen bis er endlich ſo ſehr verdarbe und her- unter kam/ daß ich laͤnger nicht bey ihm ausdauren konte. Jch lieffe ihm alſo in einer Nacht ſamt ſeiner Lauten hinweg/ und des dritten Tages kame ich auf ein Schloß/ alwo ich in dem Hof eines aufſpielete/ und ein Fran- zoͤſiſch Lied darein ſunge/ es wohnete eine Adeliche Wittib an dieſem Ort/ welcher juͤngſt ihr Herꝛ auf einem Duell erſchoßen worden/ die ſahe uͤber ein Fenſter herunter/ und ich hatte das Lied noch nicht zu Ende gebracht/ als ſie mich durch einen kleinen Jungen zu ſich hinauf ruffen ließe. Jch hatte dazu- mal etwan achtzehn Jahr auf mir/ aber die Warheit zu bekennen/ ſo war ich doch keck genug/ mich vor der ſchoͤnen Damen zu ſtellen/ ſo ſchlecht und elen- dig ich

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Zitationshilfe: [Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beer_lebensbeschreibung_1680/170>, abgerufen am 27.04.2024.