Beckmann, Johann: Anleitung zur Technologie. Göttingen, 1777.Einleitung. §. 9. 3. Es ist unangenehm, daß einerley Werkzeuge und Arbeiten, bey verschiedenen Handwerken, ganz verschiedene Benennungen haben. Wol- te man die technologische Terminologie phi- losophisch oder systematisch bearbeiten, so wür- de man mehr Synonymen abzuschaffen, als neue Namen einzuführen haben. Aber gesetzt, daß jemand diese Arbeit zu Stande brächte, welches, so nützlich sie seyn würde, doch so bald nicht geschehn wird, so würde man sich dennoch die gemeine Sprache der Handwerker bekant machen müssen, wenn man ihnen Rath, Vorschriften und Gesetze geben, und von ih- nen Nachrichten und Bemerkungen haben will, oder wenn wir von ihnen, und sie von uns verstanden werden sollen; so gut als man die Provinzialnamen der Pflanzen wissen muß, wenn man die Botanik gemeinnützlich machen will. 4. Bey diesem Reichthum unserer Sprache an Kunstwörtern, fehlt ihr gleichwohl ein eigener Namen für manches Handwerk, objectivisch betrachtet, wenn sie gleich für den Meister, der es treibt, einen Namen hat, mit dem man sich denn wohl, stat des mangelnden, zu be- helfen pflegt. Die Kunst zu färben, heißt die Färberey, die Kunst zu malen Malerey, u. s. w. aber wie soll die Kunst heissen, Schießpul- ver, Wein, Stärke, Darmsaiten zu machen? Es ist ein mislicher Versuch, neue Namen nach der Analogie zu machen, um damit die fehlenden zu ergänzen. Man bemerkt leicht, daß bey solchen Künsten, deren Arbeit im Deutschen durch ein einziges Zeitwort ausge- drückt werden kan, der Namen des Künstlers durch die Endsilbe er, und der Namen der Kunst durch die Endsilbe ey gebildet werden kan;
Einleitung. §. 9. 3. Es iſt unangenehm, daß einerley Werkzeuge und Arbeiten, bey verſchiedenen Handwerken, ganz verſchiedene Benennungen haben. Wol- te man die technologiſche Terminologie phi- loſophiſch oder ſyſtematiſch bearbeiten, ſo wuͤr- de man mehr Synonymen abzuſchaffen, als neue Namen einzufuͤhren haben. Aber geſetzt, daß jemand dieſe Arbeit zu Stande braͤchte, welches, ſo nuͤtzlich ſie ſeyn wuͤrde, doch ſo bald nicht geſchehn wird, ſo wuͤrde man ſich dennoch die gemeine Sprache der Handwerker bekant machen muͤſſen, wenn man ihnen Rath, Vorſchriften und Geſetze geben, und von ih- nen Nachrichten und Bemerkungen haben will, oder wenn wir von ihnen, und ſie von uns verſtanden werden ſollen; ſo gut als man die Provinzialnamen der Pflanzen wiſſen muß, wenn man die Botanik gemeinnuͤtzlich machen will. 4. Bey dieſem Reichthum unſerer Sprache an Kunſtwoͤrtern, fehlt ihr gleichwohl ein eigener Namen fuͤr manches Handwerk, objectiviſch betrachtet, wenn ſie gleich fuͤr den Meiſter, der es treibt, einen Namen hat, mit dem man ſich denn wohl, ſtat des mangelnden, zu be- helfen pflegt. Die Kunſt zu faͤrben, heißt die Faͤrberey, die Kunſt zu malen Malerey, u. ſ. w. aber wie ſoll die Kunſt heiſſen, Schießpul- ver, Wein, Staͤrke, Darmſaiten zu machen? Es iſt ein mislicher Verſuch, neue Namen nach der Analogie zu machen, um damit die fehlenden zu ergaͤnzen. Man bemerkt leicht, daß bey ſolchen Kuͤnſten, deren Arbeit im Deutſchen durch ein einziges Zeitwort ausge- druͤckt werden kan, der Namen des Kuͤnſtlers durch die Endſilbe er, und der Namen der Kunſt durch die Endſilbe ey gebildet werden kan;
<TEI> <text> <front> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0036" n="XII"/><lb/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Einleitung.</hi> §. 9.</fw><lb/> <list> <item>3. Es iſt unangenehm, daß einerley Werkzeuge<lb/> und Arbeiten, bey verſchiedenen Handwerken,<lb/> ganz verſchiedene Benennungen haben. Wol-<lb/> te man die <hi rendition="#fr">technologiſche Terminologie</hi> phi-<lb/> loſophiſch oder ſyſtematiſch bearbeiten, ſo wuͤr-<lb/> de man mehr Synonymen abzuſchaffen, als<lb/> neue Namen einzufuͤhren haben. Aber geſetzt,<lb/> daß jemand dieſe Arbeit zu Stande braͤchte,<lb/> welches, ſo nuͤtzlich ſie ſeyn wuͤrde, doch ſo<lb/> bald nicht geſchehn wird, ſo wuͤrde man ſich<lb/> dennoch die gemeine Sprache der Handwerker<lb/> bekant machen muͤſſen, wenn man ihnen Rath,<lb/> Vorſchriften und Geſetze geben, und von ih-<lb/> nen Nachrichten und Bemerkungen haben will,<lb/> oder wenn wir von ihnen, und ſie von uns<lb/> verſtanden werden ſollen; ſo gut als man die<lb/> Provinzialnamen der Pflanzen wiſſen muß,<lb/> wenn man die Botanik gemeinnuͤtzlich machen<lb/> will.</item><lb/> <item>4. Bey dieſem Reichthum unſerer Sprache an<lb/> Kunſtwoͤrtern, fehlt ihr gleichwohl ein eigener<lb/> Namen fuͤr manches Handwerk, objectiviſch<lb/> betrachtet, wenn ſie gleich fuͤr den Meiſter,<lb/> der es treibt, einen Namen hat, mit dem man<lb/> ſich denn wohl, ſtat des mangelnden, zu be-<lb/> helfen pflegt. Die Kunſt zu faͤrben, heißt die<lb/> Faͤrberey, die Kunſt zu malen Malerey, u. ſ.<lb/> w. aber wie ſoll die Kunſt heiſſen, Schießpul-<lb/> ver, Wein, Staͤrke, Darmſaiten zu machen?<lb/> Es iſt ein mislicher Verſuch, neue Namen<lb/> nach der Analogie zu machen, um damit die<lb/> fehlenden zu ergaͤnzen. Man bemerkt leicht,<lb/> daß bey ſolchen Kuͤnſten, deren Arbeit im<lb/> Deutſchen durch ein einziges Zeitwort ausge-<lb/> druͤckt werden kan, der Namen des Kuͤnſtlers<lb/> durch die Endſilbe <hi rendition="#fr">er,</hi> und der Namen der<lb/> Kunſt durch die Endſilbe <hi rendition="#fr">ey</hi> gebildet werden<lb/> <fw place="bottom" type="catch">kan;</fw><lb/></item> </list> </div> </div> </front> </text> </TEI> [XII/0036]
Einleitung. §. 9.
3. Es iſt unangenehm, daß einerley Werkzeuge
und Arbeiten, bey verſchiedenen Handwerken,
ganz verſchiedene Benennungen haben. Wol-
te man die technologiſche Terminologie phi-
loſophiſch oder ſyſtematiſch bearbeiten, ſo wuͤr-
de man mehr Synonymen abzuſchaffen, als
neue Namen einzufuͤhren haben. Aber geſetzt,
daß jemand dieſe Arbeit zu Stande braͤchte,
welches, ſo nuͤtzlich ſie ſeyn wuͤrde, doch ſo
bald nicht geſchehn wird, ſo wuͤrde man ſich
dennoch die gemeine Sprache der Handwerker
bekant machen muͤſſen, wenn man ihnen Rath,
Vorſchriften und Geſetze geben, und von ih-
nen Nachrichten und Bemerkungen haben will,
oder wenn wir von ihnen, und ſie von uns
verſtanden werden ſollen; ſo gut als man die
Provinzialnamen der Pflanzen wiſſen muß,
wenn man die Botanik gemeinnuͤtzlich machen
will.
4. Bey dieſem Reichthum unſerer Sprache an
Kunſtwoͤrtern, fehlt ihr gleichwohl ein eigener
Namen fuͤr manches Handwerk, objectiviſch
betrachtet, wenn ſie gleich fuͤr den Meiſter,
der es treibt, einen Namen hat, mit dem man
ſich denn wohl, ſtat des mangelnden, zu be-
helfen pflegt. Die Kunſt zu faͤrben, heißt die
Faͤrberey, die Kunſt zu malen Malerey, u. ſ.
w. aber wie ſoll die Kunſt heiſſen, Schießpul-
ver, Wein, Staͤrke, Darmſaiten zu machen?
Es iſt ein mislicher Verſuch, neue Namen
nach der Analogie zu machen, um damit die
fehlenden zu ergaͤnzen. Man bemerkt leicht,
daß bey ſolchen Kuͤnſten, deren Arbeit im
Deutſchen durch ein einziges Zeitwort ausge-
druͤckt werden kan, der Namen des Kuͤnſtlers
durch die Endſilbe er, und der Namen der
Kunſt durch die Endſilbe ey gebildet werden
kan;
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |