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Beckmann, Johann: Anleitung zur Technologie. Göttingen, 1777.

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Wollenfärberey. §. 10.
diese Cultur bereits im 13ten Jahrhunderte
allgemein, so daß die Erfurter im Jahre 1290,
auf den Plätzen der von ihnen zerstörten Raub-
schlösser, Waid ausstreueten, zum Andenken,
daß Erfurter da gewesen wären. Noch im
Jahre 1616 baueten 300 Thüringische Dörfer
Waid; manches Dorf lösete dafür jährlich 12
bis 16000 Thaler, und das ganze Land drey
Tonnen Goldes. Jährlich thaten Wenden
aus Lausitz Wanderungen nach Thüringen,
um bey der Waidarbeit zu helfen, etwa so
wie jetzt Osnabrüggische Bauren zum Torf-
stechen nach Holland gehen. Die letzte Zu-
richtung des gewonnenen und geballeten Waids,
war ein Stadtgewerb, und ward, so wie der
Handel mit dieser Waare, vornehmlich in Er-
furt, Gotha, Langensalze, Tänstädt und
Arnstadt getrieben, welche Oerter die fünf
Waidhandelsstädte genant wurden. Die Stadt
Görlitz hatte schon im zwölften Jahrhunderte
die Stapelgerechtigkeit auf den aus Thürin-
gen kommenden Waid, und Zittau erhielt
eben diese Gerechtigkeit im 14ten Jahrhunder-
te. Aber in der Mitte des 16ten ward der
Jndig durch Holländer aus Ostindien gebracht,
der jedoch vornehmlich erst im Anfange des
17ten allgemein bekant ward. Durch ihn
ward der Waid verdrängt, theils weil jener
wohlfeiler war, theils weil er angenehmere
Farben gab, theils weil der Waid durch Nach-
lässigkeit und Betrug allmälig an Güte ab-
nahm. Sachsen verboth den Gebrauch des
Jndigs im Jahre 1650, und damals ward er
zum erstenmal in einem landesherlichen Be-
fehle genant. Durch einen kaiserlichen Befehl
ward er im Jahre 1654 zu denjenigen schäd-
lichen Farben gerechnet, die unter dem Namen
der fressenden Farbe, oder der Teufelsfarbe,
bey
Wollenfaͤrberey. §. 10.
dieſe Cultur bereits im 13ten Jahrhunderte
allgemein, ſo daß die Erfurter im Jahre 1290,
auf den Plaͤtzen der von ihnen zerſtoͤrten Raub-
ſchloͤſſer, Waid ausſtreueten, zum Andenken,
daß Erfurter da geweſen waͤren. Noch im
Jahre 1616 baueten 300 Thuͤringiſche Doͤrfer
Waid; manches Dorf loͤſete dafuͤr jaͤhrlich 12
bis 16000 Thaler, und das ganze Land drey
Tonnen Goldes. Jaͤhrlich thaten Wenden
aus Lauſitz Wanderungen nach Thuͤringen,
um bey der Waidarbeit zu helfen, etwa ſo
wie jetzt Osnabruͤggiſche Bauren zum Torf-
ſtechen nach Holland gehen. Die letzte Zu-
richtung des gewonnenen und geballeten Waids,
war ein Stadtgewerb, und ward, ſo wie der
Handel mit dieſer Waare, vornehmlich in Er-
furt, Gotha, Langenſalze, Taͤnſtaͤdt und
Arnſtadt getrieben, welche Oerter die fuͤnf
Waidhandelsſtaͤdte genant wurden. Die Stadt
Goͤrlitz hatte ſchon im zwoͤlften Jahrhunderte
die Stapelgerechtigkeit auf den aus Thuͤrin-
gen kommenden Waid, und Zittau erhielt
eben dieſe Gerechtigkeit im 14ten Jahrhunder-
te. Aber in der Mitte des 16ten ward der
Jndig durch Hollaͤnder aus Oſtindien gebracht,
der jedoch vornehmlich erſt im Anfange des
17ten allgemein bekant ward. Durch ihn
ward der Waid verdraͤngt, theils weil jener
wohlfeiler war, theils weil er angenehmere
Farben gab, theils weil der Waid durch Nach-
laͤſſigkeit und Betrug allmaͤlig an Guͤte ab-
nahm. Sachſen verboth den Gebrauch des
Jndigs im Jahre 1650, und damals ward er
zum erſtenmal in einem landesherlichen Be-
fehle genant. Durch einen kaiſerlichen Befehl
ward er im Jahre 1654 zu denjenigen ſchaͤd-
lichen Farben gerechnet, die unter dem Namen
der freſſenden Farbe, oder der Teufelsfarbe,
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[63/0123] Wollenfaͤrberey. §. 10. dieſe Cultur bereits im 13ten Jahrhunderte allgemein, ſo daß die Erfurter im Jahre 1290, auf den Plaͤtzen der von ihnen zerſtoͤrten Raub- ſchloͤſſer, Waid ausſtreueten, zum Andenken, daß Erfurter da geweſen waͤren. Noch im Jahre 1616 baueten 300 Thuͤringiſche Doͤrfer Waid; manches Dorf loͤſete dafuͤr jaͤhrlich 12 bis 16000 Thaler, und das ganze Land drey Tonnen Goldes. Jaͤhrlich thaten Wenden aus Lauſitz Wanderungen nach Thuͤringen, um bey der Waidarbeit zu helfen, etwa ſo wie jetzt Osnabruͤggiſche Bauren zum Torf- ſtechen nach Holland gehen. Die letzte Zu- richtung des gewonnenen und geballeten Waids, war ein Stadtgewerb, und ward, ſo wie der Handel mit dieſer Waare, vornehmlich in Er- furt, Gotha, Langenſalze, Taͤnſtaͤdt und Arnſtadt getrieben, welche Oerter die fuͤnf Waidhandelsſtaͤdte genant wurden. Die Stadt Goͤrlitz hatte ſchon im zwoͤlften Jahrhunderte die Stapelgerechtigkeit auf den aus Thuͤrin- gen kommenden Waid, und Zittau erhielt eben dieſe Gerechtigkeit im 14ten Jahrhunder- te. Aber in der Mitte des 16ten ward der Jndig durch Hollaͤnder aus Oſtindien gebracht, der jedoch vornehmlich erſt im Anfange des 17ten allgemein bekant ward. Durch ihn ward der Waid verdraͤngt, theils weil jener wohlfeiler war, theils weil er angenehmere Farben gab, theils weil der Waid durch Nach- laͤſſigkeit und Betrug allmaͤlig an Guͤte ab- nahm. Sachſen verboth den Gebrauch des Jndigs im Jahre 1650, und damals ward er zum erſtenmal in einem landesherlichen Be- fehle genant. Durch einen kaiſerlichen Befehl ward er im Jahre 1654 zu denjenigen ſchaͤd- lichen Farben gerechnet, die unter dem Namen der freſſenden Farbe, oder der Teufelsfarbe, bey

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Zitationshilfe: Beckmann, Johann: Anleitung zur Technologie. Göttingen, 1777, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beckmann_technologie_1777/123>, abgerufen am 25.11.2024.