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Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860.

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1. Die Lage. Jn der Schweiz, als einem kühlen Lande,
werden wir unsere Wohnung immer nach Süden stellen, d. h.
Wohnstube, Schlafzimmer, überhaupt die Zimmer, in denen wir
uns am meisten aufhalten, in die Sonne; andere Räume, Küche,
Speisekammern, Bibliotheken, Holzbehälter, Abtritte etc. nach
Norden. Abgesehen von dem wohlthätigen Einflusse des Lichtes,
können wir damit gewissermaßen ein um mehrere Grade wär-
meres Clima erzeugen; die Sonnenwärme bildet im Winter
eine schöne Nachhülfe; im Frühling und Herbst kann sie uns das
Einheizen ganz ersparen und in den paar heißen Monaten im
Sommer werden wir uns wohl durch etwas Schatten helfen
können, und gar zu delicat braucht man auch nicht zu sein.
Man weiß heutzutage nicht, ob man nicht noch einmal in ein
wärmeres Clima verschlagen werde. Seit man jetzt in Austra-
lien so viel Gold findet, ist es ja leicht möglich, daß wir auch
noch einmal nach Australien kommen. Da ist es denn gut, daß
man sich bei Hause etwas dran gewöhnt und auf's Gold hin
abhärtet.

Stelle dein Häuschen zweitens so, daß es von allen
Seiten frei
ist, daß Licht und Luft freien Zutritt haben.
Natürlich wird man es nicht an Orte stellen, da regelmäßige
und heftige Winde wehen; aber frei sollte es von allen Seiten
sein, ein Gütchen, ein Gärtchen, oder doch mindestens einen
eingefaßten Hofraum um sich haben. Eine hohe Mauer und
ein eisernes Portal braucht der Hof nicht zu haben; es kann
ein Steckenzaun sein, in den man Dornen oder Rosen pflanzt.
Nur frei und abgeschlossen sollte das Haus sein.

Stelle dein Häuschen drittens nicht in schädliche Um-
gebung
; nicht an steile Berghalden, nicht in die Nähe von
Sümpfen, namentlich, wenn du das nicht ganz vermeiden kannst,
nicht in die Richtung, in welcher von Sümpfen her die Winde
wehen. Vermeide die Nähe von gewissen Fabriklokalen, Ger-
bereien, Schlachthäusern; ja auch ganz ehrwürdige Dinge giebt
es, bei denen man besser thut, etwas wegzubleiben, z. B. Fried-
höfe. Habe die Zugebäude, namentlich Ställe, hinter dem Hause
und nicht in zu großer Nähe, nicht so, daß der Wind von ihnen
her dir alles zuträgt. Habe Thiere, weil wir gerade ob den

II. 3

1. Die Lage. Jn der Schweiz, als einem kühlen Lande,
werden wir unſere Wohnung immer nach Süden ſtellen, d. h.
Wohnſtube, Schlafzimmer, überhaupt die Zimmer, in denen wir
uns am meiſten aufhalten, in die Sonne; andere Räume, Küche,
Speiſekammern, Bibliotheken, Holzbehälter, Abtritte ꝛc. nach
Norden. Abgeſehen von dem wohlthätigen Einfluſſe des Lichtes,
können wir damit gewiſſermaßen ein um mehrere Grade wär-
meres Clima erzeugen; die Sonnenwärme bildet im Winter
eine ſchöne Nachhülfe; im Frühling und Herbſt kann ſie uns das
Einheizen ganz erſparen und in den paar heißen Monaten im
Sommer werden wir uns wohl durch etwas Schatten helfen
können, und gar zu delicat braucht man auch nicht zu ſein.
Man weiß heutzutage nicht, ob man nicht noch einmal in ein
wärmeres Clima verſchlagen werde. Seit man jetzt in Auſtra-
lien ſo viel Gold findet, iſt es ja leicht möglich, daß wir auch
noch einmal nach Auſtralien kommen. Da iſt es denn gut, daß
man ſich bei Hauſe etwas dran gewöhnt und auf's Gold hin
abhärtet.

Stelle dein Häuschen zweitens ſo, daß es von allen
Seiten frei
iſt, daß Licht und Luft freien Zutritt haben.
Natürlich wird man es nicht an Orte ſtellen, da regelmäßige
und heftige Winde wehen; aber frei ſollte es von allen Seiten
ſein, ein Gütchen, ein Gärtchen, oder doch mindeſtens einen
eingefaßten Hofraum um ſich haben. Eine hohe Mauer und
ein eiſernes Portal braucht der Hof nicht zu haben; es kann
ein Steckenzaun ſein, in den man Dornen oder Roſen pflanzt.
Nur frei und abgeſchloſſen ſollte das Haus ſein.

Stelle dein Häuschen drittens nicht in ſchädliche Um-
gebung
; nicht an ſteile Berghalden, nicht in die Nähe von
Sümpfen, namentlich, wenn du das nicht ganz vermeiden kannſt,
nicht in die Richtung, in welcher von Sümpfen her die Winde
wehen. Vermeide die Nähe von gewiſſen Fabriklokalen, Ger-
bereien, Schlachthäuſern; ja auch ganz ehrwürdige Dinge giebt
es, bei denen man beſſer thut, etwas wegzubleiben, z. B. Fried-
höfe. Habe die Zugebäude, namentlich Ställe, hinter dem Hauſe
und nicht in zu großer Nähe, nicht ſo, daß der Wind von ihnen
her dir alles zuträgt. Habe Thiere, weil wir gerade ob den

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[33/0033] 1. Die Lage. Jn der Schweiz, als einem kühlen Lande, werden wir unſere Wohnung immer nach Süden ſtellen, d. h. Wohnſtube, Schlafzimmer, überhaupt die Zimmer, in denen wir uns am meiſten aufhalten, in die Sonne; andere Räume, Küche, Speiſekammern, Bibliotheken, Holzbehälter, Abtritte ꝛc. nach Norden. Abgeſehen von dem wohlthätigen Einfluſſe des Lichtes, können wir damit gewiſſermaßen ein um mehrere Grade wär- meres Clima erzeugen; die Sonnenwärme bildet im Winter eine ſchöne Nachhülfe; im Frühling und Herbſt kann ſie uns das Einheizen ganz erſparen und in den paar heißen Monaten im Sommer werden wir uns wohl durch etwas Schatten helfen können, und gar zu delicat braucht man auch nicht zu ſein. Man weiß heutzutage nicht, ob man nicht noch einmal in ein wärmeres Clima verſchlagen werde. Seit man jetzt in Auſtra- lien ſo viel Gold findet, iſt es ja leicht möglich, daß wir auch noch einmal nach Auſtralien kommen. Da iſt es denn gut, daß man ſich bei Hauſe etwas dran gewöhnt und auf's Gold hin abhärtet. Stelle dein Häuschen zweitens ſo, daß es von allen Seiten frei iſt, daß Licht und Luft freien Zutritt haben. Natürlich wird man es nicht an Orte ſtellen, da regelmäßige und heftige Winde wehen; aber frei ſollte es von allen Seiten ſein, ein Gütchen, ein Gärtchen, oder doch mindeſtens einen eingefaßten Hofraum um ſich haben. Eine hohe Mauer und ein eiſernes Portal braucht der Hof nicht zu haben; es kann ein Steckenzaun ſein, in den man Dornen oder Roſen pflanzt. Nur frei und abgeſchloſſen ſollte das Haus ſein. Stelle dein Häuschen drittens nicht in ſchädliche Um- gebung; nicht an ſteile Berghalden, nicht in die Nähe von Sümpfen, namentlich, wenn du das nicht ganz vermeiden kannſt, nicht in die Richtung, in welcher von Sümpfen her die Winde wehen. Vermeide die Nähe von gewiſſen Fabriklokalen, Ger- bereien, Schlachthäuſern; ja auch ganz ehrwürdige Dinge giebt es, bei denen man beſſer thut, etwas wegzubleiben, z. B. Fried- höfe. Habe die Zugebäude, namentlich Ställe, hinter dem Hauſe und nicht in zu großer Nähe, nicht ſo, daß der Wind von ihnen her dir alles zuträgt. Habe Thiere, weil wir gerade ob den II. 3

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Zitationshilfe: Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becker_arbeiter_1860/33>, abgerufen am 29.03.2024.