Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite

Grossbritannien.
Auch andere Konstruktionen fanden Eingang, so versah die Glengarnock
Eisen- und Stahlgesellschaft in Schottland ihre neue Hütte von neun
Hochöfen mit Massicks-Winderhitzern.

1881 waren von 968 Hochöfen 552 in Betrieb, sechs davon
schmolzen noch mit Holzkohlen. Diese gehörten alle einer Firma
und erzeugten etwa 3000 Tonnen.

1882 wurden die wichtigen Erfolge, welche Alexander und
Mc Cosh von der Firma Baird & Co. zu Gartsherrie in Schottland
durch die Gewinnung von Teer und Ammoniak aus den Gichtgasen
der mit roher Steinkohle betriebenen Hochöfen erzielt hatten, öffent-
lich bekannt. William Baird & Co. machten kostspielige Ein-
richtungen zur Ausnutzung dieser Erfindung. Bei den Hochöfen von
Muikirk wurde dieses Verfahren ebenfalls eingeführt. Die Gichtgase
wurden durch grosse Rootsgebläse in die von Mc Cosh und Angus
konstruierten Kondensatoren getrieben; das Ammoniak wurde aus dem
Sulfat gewonnen. Auch bei der Koksfabrikation begann man auf die
Gewinnung der Nebenprodukte grösseren Wert zu legen und führte auf
mehreren Werken Carves-Öfen ein. Jameson erfand eine eigene
Koksofenkonstruktion für diesen Zweck. Die Einführung des Thomas-
prozesses führte zur ausgedehnten Verschmelzung der angesammelten
Frischschlacken; namentlich in Staffordshire wurde aus diesen
ein sogenanntes Schlackeneisen mit 3 Prozent Phosphorgehalt er-
blasen.

In Cleveland stellte sich der Koksverbrauch beim Hochofen-
betriebe im Jahre 1882 bereits sehr günstig. Nach Cochranes An-
gabe hatten seine Öfen einen Koksverbrauch nur von 1072/1000, während
Bolckow, Vaughan & Co. in ihren Hochöfen 1168/1000 verschmolzen.

Der Bessemerprozess verlangte grosse Mengen von Spiegeleisen, die
damals meist noch eingeführt wurden, so 1881 etwa 100000 Tonnen.
Man bemühte sich eifrig, das Spiegeleisen aus importierten Erzen im
eigenen Lande zu erblasen. 1883 wurden auch bereits 179500 Tonnen
Spiegeleisen und Ferromangan in britischen Hochöfen erblasen, hier-
von entfielen 71200 Tonnen auf Süd-Wales.

Der Verwertung der Hochofenschlacken wendete man ebenfalls
grössere Aufmerksamkeit zu, und es machten 1883 die Tees Eisen-
werke gute Schlackensandsteine, während die Aklamhütte gegossene
und getemperte Schlackensteine lieferte.

Je grösser die Leistungsfähigkeit der Hochöfen wurde, desto mehr

Groſsbritannien.
Auch andere Konstruktionen fanden Eingang, so versah die Glengarnock
Eisen- und Stahlgesellschaft in Schottland ihre neue Hütte von neun
Hochöfen mit Massicks-Winderhitzern.

1881 waren von 968 Hochöfen 552 in Betrieb, sechs davon
schmolzen noch mit Holzkohlen. Diese gehörten alle einer Firma
und erzeugten etwa 3000 Tonnen.

1882 wurden die wichtigen Erfolge, welche Alexander und
Mc Cosh von der Firma Baird & Co. zu Gartsherrie in Schottland
durch die Gewinnung von Teer und Ammoniak aus den Gichtgasen
der mit roher Steinkohle betriebenen Hochöfen erzielt hatten, öffent-
lich bekannt. William Baird & Co. machten kostspielige Ein-
richtungen zur Ausnutzung dieser Erfindung. Bei den Hochöfen von
Muikirk wurde dieses Verfahren ebenfalls eingeführt. Die Gichtgase
wurden durch groſse Rootsgebläse in die von Mc Cosh und Angus
konstruierten Kondensatoren getrieben; das Ammoniak wurde aus dem
Sulfat gewonnen. Auch bei der Koksfabrikation begann man auf die
Gewinnung der Nebenprodukte gröſseren Wert zu legen und führte auf
mehreren Werken Carvés-Öfen ein. Jameson erfand eine eigene
Koksofenkonstruktion für diesen Zweck. Die Einführung des Thomas-
prozeſses führte zur ausgedehnten Verschmelzung der angesammelten
Frischschlacken; namentlich in Staffordshire wurde aus diesen
ein sogenanntes Schlackeneisen mit 3 Prozent Phosphorgehalt er-
blasen.

In Cleveland stellte sich der Koksverbrauch beim Hochofen-
betriebe im Jahre 1882 bereits sehr günstig. Nach Cochranes An-
gabe hatten seine Öfen einen Koksverbrauch nur von 1072/1000, während
Bolckow, Vaughan & Co. in ihren Hochöfen 1168/1000 verschmolzen.

Der Bessemerprozeſs verlangte groſse Mengen von Spiegeleisen, die
damals meist noch eingeführt wurden, so 1881 etwa 100000 Tonnen.
Man bemühte sich eifrig, das Spiegeleisen aus importierten Erzen im
eigenen Lande zu erblasen. 1883 wurden auch bereits 179500 Tonnen
Spiegeleisen und Ferromangan in britischen Hochöfen erblasen, hier-
von entfielen 71200 Tonnen auf Süd-Wales.

Der Verwertung der Hochofenschlacken wendete man ebenfalls
gröſsere Aufmerksamkeit zu, und es machten 1883 die Tees Eisen-
werke gute Schlackensandsteine, während die Aklamhütte gegossene
und getemperte Schlackensteine lieferte.

Je gröſser die Leistungsfähigkeit der Hochöfen wurde, desto mehr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0951" n="935"/><fw place="top" type="header">Gro&#x017F;sbritannien.</fw><lb/>
Auch andere Konstruktionen fanden Eingang, so versah die Glengarnock<lb/>
Eisen- und Stahlgesellschaft in Schottland ihre neue Hütte von neun<lb/>
Hochöfen mit Massicks-Winderhitzern.</p><lb/>
          <p>1881 waren von 968 Hochöfen 552 in Betrieb, sechs davon<lb/>
schmolzen noch mit Holzkohlen. Diese gehörten alle einer Firma<lb/>
und erzeugten etwa 3000 Tonnen.</p><lb/>
          <p>1882 wurden die wichtigen Erfolge, welche <hi rendition="#g">Alexander</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Mc Cosh</hi> von der Firma <hi rendition="#g">Baird &amp; Co</hi>. zu Gartsherrie in Schottland<lb/>
durch die Gewinnung von Teer und Ammoniak aus den Gichtgasen<lb/>
der mit roher Steinkohle betriebenen Hochöfen erzielt hatten, öffent-<lb/>
lich bekannt. <hi rendition="#g">William Baird &amp; Co</hi>. machten kostspielige Ein-<lb/>
richtungen zur Ausnutzung dieser Erfindung. Bei den Hochöfen von<lb/>
Muikirk wurde dieses Verfahren ebenfalls eingeführt. Die Gichtgase<lb/>
wurden durch gro&#x017F;se Rootsgebläse in die von <hi rendition="#g">Mc Cosh</hi> und <hi rendition="#g">Angus</hi><lb/>
konstruierten Kondensatoren getrieben; das Ammoniak wurde aus dem<lb/>
Sulfat gewonnen. Auch bei der Koksfabrikation begann man auf die<lb/>
Gewinnung der Nebenprodukte grö&#x017F;seren Wert zu legen und führte auf<lb/>
mehreren Werken Carvés-Öfen ein. <hi rendition="#g">Jameson</hi> erfand eine eigene<lb/>
Koksofenkonstruktion für diesen Zweck. Die Einführung des Thomas-<lb/>
proze&#x017F;ses führte zur ausgedehnten Verschmelzung der angesammelten<lb/>
Frischschlacken; namentlich in Staffordshire wurde aus diesen<lb/>
ein sogenanntes Schlackeneisen mit 3 Prozent Phosphorgehalt er-<lb/>
blasen.</p><lb/>
          <p>In Cleveland stellte sich der Koksverbrauch beim Hochofen-<lb/>
betriebe im Jahre 1882 bereits sehr günstig. Nach <hi rendition="#g">Cochranes</hi> An-<lb/>
gabe hatten seine Öfen einen Koksverbrauch nur von 1072/1000, während<lb/><hi rendition="#g">Bolckow, Vaughan &amp; Co</hi>. in ihren Hochöfen 1168/1000 verschmolzen.</p><lb/>
          <p>Der Bessemerproze&#x017F;s verlangte gro&#x017F;se Mengen von Spiegeleisen, die<lb/>
damals meist noch eingeführt wurden, so 1881 etwa 100000 Tonnen.<lb/>
Man bemühte sich eifrig, das Spiegeleisen aus importierten Erzen im<lb/>
eigenen Lande zu erblasen. 1883 wurden auch bereits 179500 Tonnen<lb/>
Spiegeleisen und Ferromangan in britischen Hochöfen erblasen, hier-<lb/>
von entfielen 71200 Tonnen auf Süd-Wales.</p><lb/>
          <p>Der Verwertung der Hochofenschlacken wendete man ebenfalls<lb/>
grö&#x017F;sere Aufmerksamkeit zu, und es machten 1883 die Tees Eisen-<lb/>
werke gute Schlackensandsteine, während die Aklamhütte gegossene<lb/>
und getemperte Schlackensteine lieferte.</p><lb/>
          <p>Je grö&#x017F;ser die Leistungsfähigkeit der Hochöfen wurde, desto mehr<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[935/0951] Groſsbritannien. Auch andere Konstruktionen fanden Eingang, so versah die Glengarnock Eisen- und Stahlgesellschaft in Schottland ihre neue Hütte von neun Hochöfen mit Massicks-Winderhitzern. 1881 waren von 968 Hochöfen 552 in Betrieb, sechs davon schmolzen noch mit Holzkohlen. Diese gehörten alle einer Firma und erzeugten etwa 3000 Tonnen. 1882 wurden die wichtigen Erfolge, welche Alexander und Mc Cosh von der Firma Baird & Co. zu Gartsherrie in Schottland durch die Gewinnung von Teer und Ammoniak aus den Gichtgasen der mit roher Steinkohle betriebenen Hochöfen erzielt hatten, öffent- lich bekannt. William Baird & Co. machten kostspielige Ein- richtungen zur Ausnutzung dieser Erfindung. Bei den Hochöfen von Muikirk wurde dieses Verfahren ebenfalls eingeführt. Die Gichtgase wurden durch groſse Rootsgebläse in die von Mc Cosh und Angus konstruierten Kondensatoren getrieben; das Ammoniak wurde aus dem Sulfat gewonnen. Auch bei der Koksfabrikation begann man auf die Gewinnung der Nebenprodukte gröſseren Wert zu legen und führte auf mehreren Werken Carvés-Öfen ein. Jameson erfand eine eigene Koksofenkonstruktion für diesen Zweck. Die Einführung des Thomas- prozeſses führte zur ausgedehnten Verschmelzung der angesammelten Frischschlacken; namentlich in Staffordshire wurde aus diesen ein sogenanntes Schlackeneisen mit 3 Prozent Phosphorgehalt er- blasen. In Cleveland stellte sich der Koksverbrauch beim Hochofen- betriebe im Jahre 1882 bereits sehr günstig. Nach Cochranes An- gabe hatten seine Öfen einen Koksverbrauch nur von 1072/1000, während Bolckow, Vaughan & Co. in ihren Hochöfen 1168/1000 verschmolzen. Der Bessemerprozeſs verlangte groſse Mengen von Spiegeleisen, die damals meist noch eingeführt wurden, so 1881 etwa 100000 Tonnen. Man bemühte sich eifrig, das Spiegeleisen aus importierten Erzen im eigenen Lande zu erblasen. 1883 wurden auch bereits 179500 Tonnen Spiegeleisen und Ferromangan in britischen Hochöfen erblasen, hier- von entfielen 71200 Tonnen auf Süd-Wales. Der Verwertung der Hochofenschlacken wendete man ebenfalls gröſsere Aufmerksamkeit zu, und es machten 1883 die Tees Eisen- werke gute Schlackensandsteine, während die Aklamhütte gegossene und getemperte Schlackensteine lieferte. Je gröſser die Leistungsfähigkeit der Hochöfen wurde, desto mehr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/951
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 935. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/951>, abgerufen am 26.11.2024.