Englands in den achtziger Jahren, so bietet die Entwickelung der Hochofenindustrie nicht viel Bemerkenswertes dar. Wohl strebte man nach Materialersparnis, nach Vermehrung der Produktion, nach Ver- besserung der Qualität. Nach diesen drei Richtungen hin wurden auch Erfolge erreicht, aber keine hervorragenden. Ein grosser Auf- schwung in der Gesamtproduktion fand nicht statt. Bei der Roh- eisenerzeugung und dem Hochofenbetriebe machte sich allzu sehr ein konservatives Bestreben geltend. Die von Sir Lowthian Bell wieder- holt aufgestellten Grundsätze, man solle, im Gegensatz zu den Bestre- bungen der Amerikaner, die Öfen nicht zu gross bauen und, um sie zu erhalten, nicht zu stark blasen, auch den Wind nicht zu hoch erhitzen, indem eine über 500° C. getriebene Erhitzung keinen Vorteil mehr bringe, wurden von den meisten als richtig angenommen oder waren vielmehr der Ausdruck der Anschauungen der Majorität der englischen Eisenhüttenleute, die eine Scheu vor kostspieligen Neue- rungen hatten.
Dass aber der Hochofenbetrieb Grossbritanniens in diesem Jahr- zehnt trotzdem Fortschritte machte, ergiebt sich aus folgenden Zahlen. Der Kohlenverbrauch für 1 Tonne Eisen betrug 1880 2,19 Tonnen, 1890 2,00 Tonnen. Die durchschnittliche Tagesleistung eines Hoch- ofens betrug 1880 46,33 Tonnen, 1890 64,62 Tonnen. Es wurden nämlich 1880 mit 567 Hochöfen 7873 Kilotonnen, 1890 mit 414 Hoch- öfen 8031 Kilotonnen Roheisen erblasen.
Die Produktionsbewegung der verschiedenen Bezirke zeigt nichts Besonderes, nur erfuhr die Roheisenerzeugung von Lincolnshire und Cumberland seit 1880 eine beträchtliche Zunahme. Von Wichtig- keit war die Verbesserung der Winderhitzer. Die Vorzüge der steinernen Winderhitzer wurden von den meisten Hüttenbesitzern an- erkannt, während allerdings einige, wie Gjers und Bell, auch 1883 noch sich prinzipiell für die eisernen Winderhitzer aussprachen und auf ihren Werken Ayrsome (Gjers, Mills & Co.) und Clarence Works (Bell Brothers) in Cleveland daran festhielten. Bei den steinernen Winderhitzern hatte schon Ende der siebziger Jahre ein Verdrängen der Konstruktion von Whitwell durch die von Cowper begonnen, weil letztere für die gleiche Leistung billiger waren und weniger Raum beanspruchten. Whitwell suchte durch Vergrösserung seiner Apparate hiergegen anzukämpfen. So wurden 1883 auf der Thornaly-Hütte bei Süd-Stockton Whitwellapparate von 20,70 m Höhe, 6,70 m Durchmesser und 2600 qm Heizfläche in Betrieb genommen. Man erreichte damit eine Windtemperatur von durchschnittlich 700° C.
Groſsbritannien.
Englands in den achtziger Jahren, so bietet die Entwickelung der Hochofenindustrie nicht viel Bemerkenswertes dar. Wohl strebte man nach Materialersparnis, nach Vermehrung der Produktion, nach Ver- besserung der Qualität. Nach diesen drei Richtungen hin wurden auch Erfolge erreicht, aber keine hervorragenden. Ein groſser Auf- schwung in der Gesamtproduktion fand nicht statt. Bei der Roh- eisenerzeugung und dem Hochofenbetriebe machte sich allzu sehr ein konservatives Bestreben geltend. Die von Sir Lowthian Bell wieder- holt aufgestellten Grundsätze, man solle, im Gegensatz zu den Bestre- bungen der Amerikaner, die Öfen nicht zu groſs bauen und, um sie zu erhalten, nicht zu stark blasen, auch den Wind nicht zu hoch erhitzen, indem eine über 500° C. getriebene Erhitzung keinen Vorteil mehr bringe, wurden von den meisten als richtig angenommen oder waren vielmehr der Ausdruck der Anschauungen der Majorität der englischen Eisenhüttenleute, die eine Scheu vor kostspieligen Neue- rungen hatten.
Daſs aber der Hochofenbetrieb Groſsbritanniens in diesem Jahr- zehnt trotzdem Fortschritte machte, ergiebt sich aus folgenden Zahlen. Der Kohlenverbrauch für 1 Tonne Eisen betrug 1880 2,19 Tonnen, 1890 2,00 Tonnen. Die durchschnittliche Tagesleistung eines Hoch- ofens betrug 1880 46,33 Tonnen, 1890 64,62 Tonnen. Es wurden nämlich 1880 mit 567 Hochöfen 7873 Kilotonnen, 1890 mit 414 Hoch- öfen 8031 Kilotonnen Roheisen erblasen.
Die Produktionsbewegung der verschiedenen Bezirke zeigt nichts Besonderes, nur erfuhr die Roheisenerzeugung von Lincolnshire und Cumberland seit 1880 eine beträchtliche Zunahme. Von Wichtig- keit war die Verbesserung der Winderhitzer. Die Vorzüge der steinernen Winderhitzer wurden von den meisten Hüttenbesitzern an- erkannt, während allerdings einige, wie Gjers und Bell, auch 1883 noch sich prinzipiell für die eisernen Winderhitzer aussprachen und auf ihren Werken Ayrsome (Gjers, Mills & Co.) und Clarence Works (Bell Brothers) in Cleveland daran festhielten. Bei den steinernen Winderhitzern hatte schon Ende der siebziger Jahre ein Verdrängen der Konstruktion von Whitwell durch die von Cowper begonnen, weil letztere für die gleiche Leistung billiger waren und weniger Raum beanspruchten. Whitwell suchte durch Vergröſserung seiner Apparate hiergegen anzukämpfen. So wurden 1883 auf der Thornaly-Hütte bei Süd-Stockton Whitwellapparate von 20,70 m Höhe, 6,70 m Durchmesser und 2600 qm Heizfläche in Betrieb genommen. Man erreichte damit eine Windtemperatur von durchschnittlich 700° C.
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Groſsbritannien.
Englands in den achtziger Jahren, so bietet die Entwickelung der
Hochofenindustrie nicht viel Bemerkenswertes dar. Wohl strebte man
nach Materialersparnis, nach Vermehrung der Produktion, nach Ver-
besserung der Qualität. Nach diesen drei Richtungen hin wurden
auch Erfolge erreicht, aber keine hervorragenden. Ein groſser Auf-
schwung in der Gesamtproduktion fand nicht statt. Bei der Roh-
eisenerzeugung und dem Hochofenbetriebe machte sich allzu sehr ein
konservatives Bestreben geltend. Die von Sir Lowthian Bell wieder-
holt aufgestellten Grundsätze, man solle, im Gegensatz zu den Bestre-
bungen der Amerikaner, die Öfen nicht zu groſs bauen und, um sie
zu erhalten, nicht zu stark blasen, auch den Wind nicht zu hoch
erhitzen, indem eine über 500° C. getriebene Erhitzung keinen Vorteil
mehr bringe, wurden von den meisten als richtig angenommen oder
waren vielmehr der Ausdruck der Anschauungen der Majorität der
englischen Eisenhüttenleute, die eine Scheu vor kostspieligen Neue-
rungen hatten.
Daſs aber der Hochofenbetrieb Groſsbritanniens in diesem Jahr-
zehnt trotzdem Fortschritte machte, ergiebt sich aus folgenden Zahlen.
Der Kohlenverbrauch für 1 Tonne Eisen betrug 1880 2,19 Tonnen,
1890 2,00 Tonnen. Die durchschnittliche Tagesleistung eines Hoch-
ofens betrug 1880 46,33 Tonnen, 1890 64,62 Tonnen. Es wurden
nämlich 1880 mit 567 Hochöfen 7873 Kilotonnen, 1890 mit 414 Hoch-
öfen 8031 Kilotonnen Roheisen erblasen.
Die Produktionsbewegung der verschiedenen Bezirke zeigt nichts
Besonderes, nur erfuhr die Roheisenerzeugung von Lincolnshire und
Cumberland seit 1880 eine beträchtliche Zunahme. Von Wichtig-
keit war die Verbesserung der Winderhitzer. Die Vorzüge der
steinernen Winderhitzer wurden von den meisten Hüttenbesitzern an-
erkannt, während allerdings einige, wie Gjers und Bell, auch 1883
noch sich prinzipiell für die eisernen Winderhitzer aussprachen und
auf ihren Werken Ayrsome (Gjers, Mills & Co.) und Clarence
Works (Bell Brothers) in Cleveland daran festhielten. Bei den
steinernen Winderhitzern hatte schon Ende der siebziger Jahre ein
Verdrängen der Konstruktion von Whitwell durch die von Cowper
begonnen, weil letztere für die gleiche Leistung billiger waren und
weniger Raum beanspruchten. Whitwell suchte durch Vergröſserung
seiner Apparate hiergegen anzukämpfen. So wurden 1883 auf der
Thornaly-Hütte bei Süd-Stockton Whitwellapparate von 20,70 m Höhe,
6,70 m Durchmesser und 2600 qm Heizfläche in Betrieb genommen.
Man erreichte damit eine Windtemperatur von durchschnittlich 700° C.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 934. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/950>, abgerufen am 23.11.2024.
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