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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Die Walzwerke.
von grosser Bedeutung geworden ist. Die Mittelwalze lag fest, während
Ober- und Unterwalze nach jedem Stich durch Druckschrauben ein-
gestellt wurden. Die Druckschrauben der Unterwalze gingen durch
den Ständerfuss. Die beweglichen Walzentische waren mit Rollen
versehen. Diese waren durch ineinandergreifende Zahnräder verbunden
und wurden von kegelförmigen Friktionsrädern, die durch Riemen
von dem Walzwerk selbst ihre Bewegung erhielten, angetrieben. Die
Rollen liefen nur in einer Richtung, wenn der Tisch oben, und in
entgegengesetzter Richtung, wenn der Tisch unten war.

Diesen noch unvollkommenen Mechanismus verbesserte Fritz
später dahin, dass er die Rollen durch eine besondere kleine Reversier-
maschine in jeder Richtung und Stellung des Tisches antrieb. Diese
Verbesserung wurde zuerst auf dem Bethlehem-Stahlwerk eingeführt.
Ebenso war die Vorrichtung zum Umwenden und Einstellen der
Blöcke eine Erfindung von Fritz, die sich als sehr praktisch erwiesen
und allgemeine Verbreitung gefunden hat. Es war dies eine Art
Kamm auf horizontalem Gerüst, das gehoben und gesenkt und seit-
lich bewegt werden konnte. Der Kamm griff zwischen den Rollen
und den Blöcken durch und konnte dann letztere seitlich verschieben;
wurden die Zinken des Kammes auf die Ecke des Blocks eingestellt,
so kippten sie diesen um.

Deby zu Brüssel kombinierte das Lauthsche Trio mit dem
Universalwalzwerk. Das Modell eines solchen zu Sclessin ausgeführten
Walzwerks 1) war 1873 auf der Wiener Weltausstellung zu sehen.

In Amerika baute man (1874) Universalwalzwerke mit Umkeh-
rung und zwar erfolgte diese durch Friktionskuppelung mit Gelenk-
stangen, welche als Kniehebel wirkten nach dem Patent von Andrew
Kloman
in Pittsburg. Der Eingriff geschah leicht und sanft; die
Umsteuerung wurde durch Dampf bewirkt. Die mit Schwungrad
versehene Maschine lief immer in demselben Sinne um.

Pernot hatte bereits um 1870 ein Universal-Trägerwalzwerk zu
St. Chamond gebaut, dessen Haupteigentümlichkeit in der Anwendung
der vertikalen Walzen, deren Achsen sich in der Vertikalebene der
horizontalen Walzen befanden, bestand. Durch Verstellen der horizon-
talen und vertikalen Walzen wurden die Profile gebildet. Es wurden
nicht Pakete, sondern Martinstahlblöcke damit verwalzt.

Das Prinzip, zwei oder mehr Walzenpaare dicht hintereinander

1) Dürre, Anlage und Betrieb der Eisenhütten, Taf. XXVI.

Die Walzwerke.
von groſser Bedeutung geworden ist. Die Mittelwalze lag fest, während
Ober- und Unterwalze nach jedem Stich durch Druckschrauben ein-
gestellt wurden. Die Druckschrauben der Unterwalze gingen durch
den Ständerfuſs. Die beweglichen Walzentische waren mit Rollen
versehen. Diese waren durch ineinandergreifende Zahnräder verbunden
und wurden von kegelförmigen Friktionsrädern, die durch Riemen
von dem Walzwerk selbst ihre Bewegung erhielten, angetrieben. Die
Rollen liefen nur in einer Richtung, wenn der Tisch oben, und in
entgegengesetzter Richtung, wenn der Tisch unten war.

Diesen noch unvollkommenen Mechanismus verbesserte Fritz
später dahin, daſs er die Rollen durch eine besondere kleine Reversier-
maschine in jeder Richtung und Stellung des Tisches antrieb. Diese
Verbesserung wurde zuerst auf dem Bethlehem-Stahlwerk eingeführt.
Ebenso war die Vorrichtung zum Umwenden und Einstellen der
Blöcke eine Erfindung von Fritz, die sich als sehr praktisch erwiesen
und allgemeine Verbreitung gefunden hat. Es war dies eine Art
Kamm auf horizontalem Gerüst, das gehoben und gesenkt und seit-
lich bewegt werden konnte. Der Kamm griff zwischen den Rollen
und den Blöcken durch und konnte dann letztere seitlich verschieben;
wurden die Zinken des Kammes auf die Ecke des Blocks eingestellt,
so kippten sie diesen um.

Deby zu Brüssel kombinierte das Lauthsche Trio mit dem
Universalwalzwerk. Das Modell eines solchen zu Sclessin ausgeführten
Walzwerks 1) war 1873 auf der Wiener Weltausstellung zu sehen.

In Amerika baute man (1874) Universalwalzwerke mit Umkeh-
rung und zwar erfolgte diese durch Friktionskuppelung mit Gelenk-
stangen, welche als Kniehebel wirkten nach dem Patent von Andrew
Kloman
in Pittsburg. Der Eingriff geschah leicht und sanft; die
Umsteuerung wurde durch Dampf bewirkt. Die mit Schwungrad
versehene Maschine lief immer in demselben Sinne um.

Pernot hatte bereits um 1870 ein Universal-Trägerwalzwerk zu
St. Chamond gebaut, dessen Haupteigentümlichkeit in der Anwendung
der vertikalen Walzen, deren Achsen sich in der Vertikalebene der
horizontalen Walzen befanden, bestand. Durch Verstellen der horizon-
talen und vertikalen Walzen wurden die Profile gebildet. Es wurden
nicht Pakete, sondern Martinstahlblöcke damit verwalzt.

Das Prinzip, zwei oder mehr Walzenpaare dicht hintereinander

1) Dürre, Anlage und Betrieb der Eisenhütten, Taf. XXVI.
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[792/0808] Die Walzwerke. von groſser Bedeutung geworden ist. Die Mittelwalze lag fest, während Ober- und Unterwalze nach jedem Stich durch Druckschrauben ein- gestellt wurden. Die Druckschrauben der Unterwalze gingen durch den Ständerfuſs. Die beweglichen Walzentische waren mit Rollen versehen. Diese waren durch ineinandergreifende Zahnräder verbunden und wurden von kegelförmigen Friktionsrädern, die durch Riemen von dem Walzwerk selbst ihre Bewegung erhielten, angetrieben. Die Rollen liefen nur in einer Richtung, wenn der Tisch oben, und in entgegengesetzter Richtung, wenn der Tisch unten war. Diesen noch unvollkommenen Mechanismus verbesserte Fritz später dahin, daſs er die Rollen durch eine besondere kleine Reversier- maschine in jeder Richtung und Stellung des Tisches antrieb. Diese Verbesserung wurde zuerst auf dem Bethlehem-Stahlwerk eingeführt. Ebenso war die Vorrichtung zum Umwenden und Einstellen der Blöcke eine Erfindung von Fritz, die sich als sehr praktisch erwiesen und allgemeine Verbreitung gefunden hat. Es war dies eine Art Kamm auf horizontalem Gerüst, das gehoben und gesenkt und seit- lich bewegt werden konnte. Der Kamm griff zwischen den Rollen und den Blöcken durch und konnte dann letztere seitlich verschieben; wurden die Zinken des Kammes auf die Ecke des Blocks eingestellt, so kippten sie diesen um. Deby zu Brüssel kombinierte das Lauthsche Trio mit dem Universalwalzwerk. Das Modell eines solchen zu Sclessin ausgeführten Walzwerks 1) war 1873 auf der Wiener Weltausstellung zu sehen. In Amerika baute man (1874) Universalwalzwerke mit Umkeh- rung und zwar erfolgte diese durch Friktionskuppelung mit Gelenk- stangen, welche als Kniehebel wirkten nach dem Patent von Andrew Kloman in Pittsburg. Der Eingriff geschah leicht und sanft; die Umsteuerung wurde durch Dampf bewirkt. Die mit Schwungrad versehene Maschine lief immer in demselben Sinne um. Pernot hatte bereits um 1870 ein Universal-Trägerwalzwerk zu St. Chamond gebaut, dessen Haupteigentümlichkeit in der Anwendung der vertikalen Walzen, deren Achsen sich in der Vertikalebene der horizontalen Walzen befanden, bestand. Durch Verstellen der horizon- talen und vertikalen Walzen wurden die Profile gebildet. Es wurden nicht Pakete, sondern Martinstahlblöcke damit verwalzt. Das Prinzip, zwei oder mehr Walzenpaare dicht hintereinander 1) Dürre, Anlage und Betrieb der Eisenhütten, Taf. XXVI.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 792. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/808>, abgerufen am 22.11.2024.