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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Der Puddelprozess oder das Flammofenfrischen.
den der Drehherd mit der Esse in Verbindung steht, fest stehen. Die
Feuerung ist ein einfacher Planrost für Steinkohlen, doch wendete
man zur Regulierung des Feuers Unterwind (durch b) und Oberwind
(durch a) an. Der Drehmechanismus des cylindrischen Herdes ist aus
der Zeichnung ersichtlich. Der eiserne Drehofen hat einen inneren
Durchmesser von 1,65 m, die beiden konischen Öffnungen von 1 m.
Die Länge des Cylinders ist 0,85 m. Die konischen Enden auf beiden
Seiten sind durch zwei durch Wasser gekühlte Ringe abgeschlossen.
Ebenso sind Feuerthür und Feuerbrücke mit Wasserkühlung versehen.
Der aus eisernen Platten zusammengesetzte Drehcylinder ist innen
mit vorspringenden Rippen versehen, um das Ofenfutter zu halten.
Die Herstellung dieses Futters war von besonderer Wichtigkeit. Man
unterschied Unterfutter (initial lining) und Decke (fix). Das Unter-
futter bestand aus einem mit Wasser angerührten Gemisch von feuer-
festem Thon und Erz, das in teigartigem Zustande 4/5 Zoll dick auf-
getragen und festgestampft wurde; alsdann wurde es mit Holzfeuer
abgetrocknet. Eingeworfener Hammerschlag erzeugte eine Art Glasur.
Hierauf wurde die Decke (fix) aus einem Gemenge von Kiesabbränden
(fettling) und geröstetem Kohleneisenstein (pottery-mine), dem zuletzt
noch reiches Eisenerz zugesetzt wurde, in fünf Abteilungen, bis die
ganze Oberfläche von fix bedeckt war, aufgeschmolzen. Am meisten
haben sich zur Herstellung des Futters reine Roheisensteine von
Bilbao, Marbella in Spanien und von Iron Mountain in Missouri
bewährt, weniger Ilmenit und andere Titaneisenerze, die im Anfang
empfohlen wurden. Da das Roheisen beim Frischen den nötigen
Sauerstoff hauptsächlich aus dem Futter zieht, so leidet dieses sehr
und muss fortwährend durch Erzzusatz erneuert werden. Dieser
betrug in England für einen Ofen von 320 kg Einsatz 2 bis 21/2 Tonnen
in 11 Stunden.

Infolge dieser Reduktion von Eisen aus dem Futter war das Aus-
bringen grösser als der Einsatz. Anfangs schmolz man das Roheisen
im Drehofen selbst ein. Beispielsweise betrug ein Einsatz in England
280 kg Coneygree-Roheisen. Derselbe war nach 60 Minuten ein-
geschmolzen, nach 65 Minuten wurde Schlacke abgestochen, nach
70 Minuten konnte die Luppe ausgezogen werden, die 317 kg wog.
Das Einschmelzen des Roheisens im Drehofen war aber aus ver-
schiedenen Gründen unvorteilhaft. Es kostete viel Zeit und Brenn-
material und die ungeschmolzenen Stücke beschädigten beim Drehen
das Futter. Deshalb gab man es sehr bald auf und brachte das in
einem Kupolofen geschmolzene Roheisen flüssig in den Danksofen.

Der Puddelprozeſs oder das Flammofenfrischen.
den der Drehherd mit der Esse in Verbindung steht, fest stehen. Die
Feuerung ist ein einfacher Planrost für Steinkohlen, doch wendete
man zur Regulierung des Feuers Unterwind (durch b) und Oberwind
(durch a) an. Der Drehmechanismus des cylindrischen Herdes ist aus
der Zeichnung ersichtlich. Der eiserne Drehofen hat einen inneren
Durchmesser von 1,65 m, die beiden konischen Öffnungen von 1 m.
Die Länge des Cylinders ist 0,85 m. Die konischen Enden auf beiden
Seiten sind durch zwei durch Wasser gekühlte Ringe abgeschlossen.
Ebenso sind Feuerthür und Feuerbrücke mit Wasserkühlung versehen.
Der aus eisernen Platten zusammengesetzte Drehcylinder ist innen
mit vorspringenden Rippen versehen, um das Ofenfutter zu halten.
Die Herstellung dieses Futters war von besonderer Wichtigkeit. Man
unterschied Unterfutter (initial lining) und Decke (fix). Das Unter-
futter bestand aus einem mit Wasser angerührten Gemisch von feuer-
festem Thon und Erz, das in teigartigem Zustande ⅘ Zoll dick auf-
getragen und festgestampft wurde; alsdann wurde es mit Holzfeuer
abgetrocknet. Eingeworfener Hammerschlag erzeugte eine Art Glasur.
Hierauf wurde die Decke (fix) aus einem Gemenge von Kiesabbränden
(fettling) und geröstetem Kohleneisenstein (pottery-mine), dem zuletzt
noch reiches Eisenerz zugesetzt wurde, in fünf Abteilungen, bis die
ganze Oberfläche von fix bedeckt war, aufgeschmolzen. Am meisten
haben sich zur Herstellung des Futters reine Roheisensteine von
Bilbao, Marbella in Spanien und von Iron Mountain in Missouri
bewährt, weniger Ilmenit und andere Titaneisenerze, die im Anfang
empfohlen wurden. Da das Roheisen beim Frischen den nötigen
Sauerstoff hauptsächlich aus dem Futter zieht, so leidet dieses sehr
und muſs fortwährend durch Erzzusatz erneuert werden. Dieser
betrug in England für einen Ofen von 320 kg Einsatz 2 bis 2½ Tonnen
in 11 Stunden.

Infolge dieser Reduktion von Eisen aus dem Futter war das Aus-
bringen gröſser als der Einsatz. Anfangs schmolz man das Roheisen
im Drehofen selbst ein. Beispielsweise betrug ein Einsatz in England
280 kg Coneygree-Roheisen. Derselbe war nach 60 Minuten ein-
geschmolzen, nach 65 Minuten wurde Schlacke abgestochen, nach
70 Minuten konnte die Luppe ausgezogen werden, die 317 kg wog.
Das Einschmelzen des Roheisens im Drehofen war aber aus ver-
schiedenen Gründen unvorteilhaft. Es kostete viel Zeit und Brenn-
material und die ungeschmolzenen Stücke beschädigten beim Drehen
das Futter. Deshalb gab man es sehr bald auf und brachte das in
einem Kupolofen geschmolzene Roheisen flüssig in den Danksofen.

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[592/0608] Der Puddelprozeſs oder das Flammofenfrischen. den der Drehherd mit der Esse in Verbindung steht, fest stehen. Die Feuerung ist ein einfacher Planrost für Steinkohlen, doch wendete man zur Regulierung des Feuers Unterwind (durch b) und Oberwind (durch a) an. Der Drehmechanismus des cylindrischen Herdes ist aus der Zeichnung ersichtlich. Der eiserne Drehofen hat einen inneren Durchmesser von 1,65 m, die beiden konischen Öffnungen von 1 m. Die Länge des Cylinders ist 0,85 m. Die konischen Enden auf beiden Seiten sind durch zwei durch Wasser gekühlte Ringe abgeschlossen. Ebenso sind Feuerthür und Feuerbrücke mit Wasserkühlung versehen. Der aus eisernen Platten zusammengesetzte Drehcylinder ist innen mit vorspringenden Rippen versehen, um das Ofenfutter zu halten. Die Herstellung dieses Futters war von besonderer Wichtigkeit. Man unterschied Unterfutter (initial lining) und Decke (fix). Das Unter- futter bestand aus einem mit Wasser angerührten Gemisch von feuer- festem Thon und Erz, das in teigartigem Zustande ⅘ Zoll dick auf- getragen und festgestampft wurde; alsdann wurde es mit Holzfeuer abgetrocknet. Eingeworfener Hammerschlag erzeugte eine Art Glasur. Hierauf wurde die Decke (fix) aus einem Gemenge von Kiesabbränden (fettling) und geröstetem Kohleneisenstein (pottery-mine), dem zuletzt noch reiches Eisenerz zugesetzt wurde, in fünf Abteilungen, bis die ganze Oberfläche von fix bedeckt war, aufgeschmolzen. Am meisten haben sich zur Herstellung des Futters reine Roheisensteine von Bilbao, Marbella in Spanien und von Iron Mountain in Missouri bewährt, weniger Ilmenit und andere Titaneisenerze, die im Anfang empfohlen wurden. Da das Roheisen beim Frischen den nötigen Sauerstoff hauptsächlich aus dem Futter zieht, so leidet dieses sehr und muſs fortwährend durch Erzzusatz erneuert werden. Dieser betrug in England für einen Ofen von 320 kg Einsatz 2 bis 2½ Tonnen in 11 Stunden. Infolge dieser Reduktion von Eisen aus dem Futter war das Aus- bringen gröſser als der Einsatz. Anfangs schmolz man das Roheisen im Drehofen selbst ein. Beispielsweise betrug ein Einsatz in England 280 kg Coneygree-Roheisen. Derselbe war nach 60 Minuten ein- geschmolzen, nach 65 Minuten wurde Schlacke abgestochen, nach 70 Minuten konnte die Luppe ausgezogen werden, die 317 kg wog. Das Einschmelzen des Roheisens im Drehofen war aber aus ver- schiedenen Gründen unvorteilhaft. Es kostete viel Zeit und Brenn- material und die ungeschmolzenen Stücke beschädigten beim Drehen das Futter. Deshalb gab man es sehr bald auf und brachte das in einem Kupolofen geschmolzene Roheisen flüssig in den Danksofen.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 592. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/608>, abgerufen am 22.11.2024.