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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Vorbereitungsarbeiten für den Hochofenbetrieb.
Die meist nach aufwärts gebogene Verlängerung des Balanciers nannte
man horse-head. Dagegen fanden stehende Maschinen, bei denen sich
der Dampfcylinder unten, der Gebläsecylinder oben befand, grosse
Anerkennung. Solche Maschinen baute auf dem Kontinent namentlich
die Gesellschaft Cockerill zu Seraing in grosser Zahl. Ähnliche lieferte
auch Borsig in Berlin. Von letzteren kam das erste Paar Mitte
der sechziger Jahre auf der Borsigschen Hochofenanlage bei Biskuspitz
in Schlesien zur Aufstellung 1).

In Oberschlesien wendete man um 1861 neben den sogenannten
Woolfschen Maschinen die Schmidtschen an, bei denen der Dampf-
cylinder unmittelbar über dem Gebläsecylinder stand. In Westfalen
zog man dagegen die liegenden Maschinen vor und der fortdauernde
Kampf zwischen beiden Systemen kam zu keiner Entscheidung. In
vielen Fällen war die Platzfrage ausschlaggebend. Man baute die
Gebläsemaschinen in dieser Periode aber durchgehends viel stärker
wie früher. Der englische Grundsatz, mehrere Hochöfen mit
einem sehr starken Gebläse zu betreiben, fand auch auf den
grossen Hüttenwerken des Kontinents Anwendung. So stellte man
beispielsweise um 1868 in Oberschlesien sehr starke Gebläsemaschinen
auf; eine liegende zu Laurahütte, von Wöhlert in Berlin gebaut,
hatte 8 Fuss Kolbendurchmesser und 8 Fuss Hub und 600 Pferde-
kräfte. Eine andere stehende Zwillingsmaschine mit Balancier nach
englischem Muster von 750 Pferdekräften für die Königshütte wurde
in Gleiwitz ausgeführt.

Noch viel grössere Maschinen gab es in England, wo z. B. zu
Ebbw-Vale 1867 eine von 12 Fuss Kolbendurchmesser und 12 Fuss
Hub in Betrieb stand. Zu Ormesby, Newport, Thornaby und Grosmont
hatte man schnelllaufende Gebläse nach Slade (1867).

Von neuen Konstruktionen erwähnen wir noch die Gebläse-
maschine von Kirk. Dieselbe hatte eine hohle Kolbenstange, durch
welche nahe an den Cylinderböden Wind ein- und austreten konnte.
Hierdurch wurde der schädliche Raum sehr vermindert. Die Maschine
lief sehr schnell und machte bis 120 Touren in der Minute 2).

Eine sehr gründliche Berechnung der Gebläsemaschinen veröffent-
lichte der um den Maschinenbau hochverdiente Professor Gustav
Schmidt
3).


1) Siehe Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleisses in
Preussen, 1867.
2) Siehe Pract. Mechan. Journ. 1868, p. 336.
3) Siehe Zeitschr. d. Österreich. Ingen.-Ver. 1864, S. 179.

Vorbereitungsarbeiten für den Hochofenbetrieb.
Die meist nach aufwärts gebogene Verlängerung des Balanciers nannte
man horse-head. Dagegen fanden stehende Maschinen, bei denen sich
der Dampfcylinder unten, der Gebläsecylinder oben befand, groſse
Anerkennung. Solche Maschinen baute auf dem Kontinent namentlich
die Gesellschaft Cockerill zu Seraing in groſser Zahl. Ähnliche lieferte
auch Borsig in Berlin. Von letzteren kam das erste Paar Mitte
der sechziger Jahre auf der Borsigschen Hochofenanlage bei Biskuspitz
in Schlesien zur Aufstellung 1).

In Oberschlesien wendete man um 1861 neben den sogenannten
Woolfschen Maschinen die Schmidtschen an, bei denen der Dampf-
cylinder unmittelbar über dem Gebläsecylinder stand. In Westfalen
zog man dagegen die liegenden Maschinen vor und der fortdauernde
Kampf zwischen beiden Systemen kam zu keiner Entscheidung. In
vielen Fällen war die Platzfrage ausschlaggebend. Man baute die
Gebläsemaschinen in dieser Periode aber durchgehends viel stärker
wie früher. Der englische Grundsatz, mehrere Hochöfen mit
einem sehr starken Gebläse zu betreiben, fand auch auf den
groſsen Hüttenwerken des Kontinents Anwendung. So stellte man
beispielsweise um 1868 in Oberschlesien sehr starke Gebläsemaschinen
auf; eine liegende zu Laurahütte, von Wöhlert in Berlin gebaut,
hatte 8 Fuſs Kolbendurchmesser und 8 Fuſs Hub und 600 Pferde-
kräfte. Eine andere stehende Zwillingsmaschine mit Balancier nach
englischem Muster von 750 Pferdekräften für die Königshütte wurde
in Gleiwitz ausgeführt.

Noch viel gröſsere Maschinen gab es in England, wo z. B. zu
Ebbw-Vale 1867 eine von 12 Fuſs Kolbendurchmesser und 12 Fuſs
Hub in Betrieb stand. Zu Ormesby, Newport, Thornaby und Grosmont
hatte man schnelllaufende Gebläse nach Slade (1867).

Von neuen Konstruktionen erwähnen wir noch die Gebläse-
maschine von Kirk. Dieselbe hatte eine hohle Kolbenstange, durch
welche nahe an den Cylinderböden Wind ein- und austreten konnte.
Hierdurch wurde der schädliche Raum sehr vermindert. Die Maschine
lief sehr schnell und machte bis 120 Touren in der Minute 2).

Eine sehr gründliche Berechnung der Gebläsemaschinen veröffent-
lichte der um den Maschinenbau hochverdiente Professor Gustav
Schmidt
3).


1) Siehe Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleiſses in
Preuſsen, 1867.
2) Siehe Pract. Mechan. Journ. 1868, p. 336.
3) Siehe Zeitschr. d. Österreich. Ingen.-Ver. 1864, S. 179.
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[40/0054] Vorbereitungsarbeiten für den Hochofenbetrieb. Die meist nach aufwärts gebogene Verlängerung des Balanciers nannte man horse-head. Dagegen fanden stehende Maschinen, bei denen sich der Dampfcylinder unten, der Gebläsecylinder oben befand, groſse Anerkennung. Solche Maschinen baute auf dem Kontinent namentlich die Gesellschaft Cockerill zu Seraing in groſser Zahl. Ähnliche lieferte auch Borsig in Berlin. Von letzteren kam das erste Paar Mitte der sechziger Jahre auf der Borsigschen Hochofenanlage bei Biskuspitz in Schlesien zur Aufstellung 1). In Oberschlesien wendete man um 1861 neben den sogenannten Woolfschen Maschinen die Schmidtschen an, bei denen der Dampf- cylinder unmittelbar über dem Gebläsecylinder stand. In Westfalen zog man dagegen die liegenden Maschinen vor und der fortdauernde Kampf zwischen beiden Systemen kam zu keiner Entscheidung. In vielen Fällen war die Platzfrage ausschlaggebend. Man baute die Gebläsemaschinen in dieser Periode aber durchgehends viel stärker wie früher. Der englische Grundsatz, mehrere Hochöfen mit einem sehr starken Gebläse zu betreiben, fand auch auf den groſsen Hüttenwerken des Kontinents Anwendung. So stellte man beispielsweise um 1868 in Oberschlesien sehr starke Gebläsemaschinen auf; eine liegende zu Laurahütte, von Wöhlert in Berlin gebaut, hatte 8 Fuſs Kolbendurchmesser und 8 Fuſs Hub und 600 Pferde- kräfte. Eine andere stehende Zwillingsmaschine mit Balancier nach englischem Muster von 750 Pferdekräften für die Königshütte wurde in Gleiwitz ausgeführt. Noch viel gröſsere Maschinen gab es in England, wo z. B. zu Ebbw-Vale 1867 eine von 12 Fuſs Kolbendurchmesser und 12 Fuſs Hub in Betrieb stand. Zu Ormesby, Newport, Thornaby und Grosmont hatte man schnelllaufende Gebläse nach Slade (1867). Von neuen Konstruktionen erwähnen wir noch die Gebläse- maschine von Kirk. Dieselbe hatte eine hohle Kolbenstange, durch welche nahe an den Cylinderböden Wind ein- und austreten konnte. Hierdurch wurde der schädliche Raum sehr vermindert. Die Maschine lief sehr schnell und machte bis 120 Touren in der Minute 2). Eine sehr gründliche Berechnung der Gebläsemaschinen veröffent- lichte der um den Maschinenbau hochverdiente Professor Gustav Schmidt 3). 1) Siehe Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleiſses in Preuſsen, 1867. 2) Siehe Pract. Mechan. Journ. 1868, p. 336. 3) Siehe Zeitschr. d. Österreich. Ingen.-Ver. 1864, S. 179.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/54>, abgerufen am 23.11.2024.