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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Vorbereitungsarbeiten für den Hochofenbetrieb.

Testud de Beauregard konstruierte 1861 ein Dampfstrahl-
gebläse.

Von den grossen Windregulatoren kam man namentlich in Eng-
land mehr und mehr ab. Sie wurden durch sehr weite Hauptwind-
leitungsröhren ersetzt. Man zog es vor, die Gebläsemaschinen nicht
wie früher möglichst nahe bei den Hochöfen anzulegen, sondern die
grossen Maschinen, die eine ganze Reihe von Öfen zu bedienen be-
stimmt waren, an deren Ende, nicht zu nahe dabei zu erbauen und
sie durch eine sehr weite Leitung aus Eisenblech mit den Öfen zu
verbinden.

In Frankreich konstruierte Chauffriat zu St. Etienne 1865 einen
verbesserten Wasserregulator mit federndem Oberkasten für die Wind-
ausströmung 1).

v. Hoff in Hörde brachte 1864 in den Windleitungsröhren
patentierte Sicherheitsklappen an, welche beim Stillstand des Gebläses
ein Zurücktreten der Hochofengase in die Windleitung und damit
Explosionen verhinderten. Die Klappe wurde beim Ausströmen des
Windes durch diese gehoben und fiel beim Abstellen durch ihr eigenes
Gewicht herunter.

Die Winderhitzung erlangte eine immer grössere Wichtigkeit
für die Massenproduktion, und man suchte die Temperatur des Windes
in dieser Periode erheblich zu steigern. Dies geschah besonders bei
den Hochöfen des Clevelanddistriktes, der in dieser Beziehung allen
anderen vorauseilte. Cochrane zu Ormesby erwarb sich namentlich
in dieser Richtung Verdienste.

Was die Winderhitzungsapparate selbst betrifft, so entwickelten
sich dieselben, indem man ihre Leistungsfähigkeit zu steigern und
möglichst hohe Windtemperaturen zu erzielen strebte, nach zwei Rich-
tungen. Einerseits waren es die Apparate mit gusseisernen Heizröhren,
andererseits steinerne Winderhitzer mit Siemensscher Regenerativ-
feuerung, die man zu den grössten Wirkungen zu steigern strebte. Von
den Röhrenapparaten waren es ganz besonders die Pistolenapparate,
welche erst in England, dann auf dem Kontinent wegen ihres Effektes
immer grössere Verbreitung gewannen. Diese wurden Ende der fünfziger
Jahre auf den Gartscherrie-Werken in Schottland zuerst eingeführt.
Sie verbanden die Vorteile der Hosenröhrenapparate mit den in
England gebräuchlichen Fusskastenapparaten 2), die 1851 von Martin
Baldwin
zu Bilston in Südstaffordshire erfunden waren.


1) Siehe Dingler a. a. O. 181, S. 346.
2) Siehe Percy, Iron and Steel, p. 410; Wedding a. a. O., II, 106.
Vorbereitungsarbeiten für den Hochofenbetrieb.

Testud de Beauregard konstruierte 1861 ein Dampfstrahl-
gebläse.

Von den groſsen Windregulatoren kam man namentlich in Eng-
land mehr und mehr ab. Sie wurden durch sehr weite Hauptwind-
leitungsröhren ersetzt. Man zog es vor, die Gebläsemaschinen nicht
wie früher möglichst nahe bei den Hochöfen anzulegen, sondern die
groſsen Maschinen, die eine ganze Reihe von Öfen zu bedienen be-
stimmt waren, an deren Ende, nicht zu nahe dabei zu erbauen und
sie durch eine sehr weite Leitung aus Eisenblech mit den Öfen zu
verbinden.

In Frankreich konstruierte Chauffriat zu St. Etienne 1865 einen
verbesserten Wasserregulator mit federndem Oberkasten für die Wind-
ausströmung 1).

v. Hoff in Hörde brachte 1864 in den Windleitungsröhren
patentierte Sicherheitsklappen an, welche beim Stillstand des Gebläses
ein Zurücktreten der Hochofengase in die Windleitung und damit
Explosionen verhinderten. Die Klappe wurde beim Ausströmen des
Windes durch diese gehoben und fiel beim Abstellen durch ihr eigenes
Gewicht herunter.

Die Winderhitzung erlangte eine immer gröſsere Wichtigkeit
für die Massenproduktion, und man suchte die Temperatur des Windes
in dieser Periode erheblich zu steigern. Dies geschah besonders bei
den Hochöfen des Clevelanddistriktes, der in dieser Beziehung allen
anderen vorauseilte. Cochrane zu Ormesby erwarb sich namentlich
in dieser Richtung Verdienste.

Was die Winderhitzungsapparate selbst betrifft, so entwickelten
sich dieselben, indem man ihre Leistungsfähigkeit zu steigern und
möglichst hohe Windtemperaturen zu erzielen strebte, nach zwei Rich-
tungen. Einerseits waren es die Apparate mit guſseisernen Heizröhren,
andererseits steinerne Winderhitzer mit Siemensscher Regenerativ-
feuerung, die man zu den gröſsten Wirkungen zu steigern strebte. Von
den Röhrenapparaten waren es ganz besonders die Pistolenapparate,
welche erst in England, dann auf dem Kontinent wegen ihres Effektes
immer gröſsere Verbreitung gewannen. Diese wurden Ende der fünfziger
Jahre auf den Gartscherrie-Werken in Schottland zuerst eingeführt.
Sie verbanden die Vorteile der Hosenröhrenapparate mit den in
England gebräuchlichen Fuſskastenapparaten 2), die 1851 von Martin
Baldwin
zu Bilston in Südstaffordshire erfunden waren.


1) Siehe Dingler a. a. O. 181, S. 346.
2) Siehe Percy, Iron and Steel, p. 410; Wedding a. a. O., II, 106.
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[41/0055] Vorbereitungsarbeiten für den Hochofenbetrieb. Testud de Beauregard konstruierte 1861 ein Dampfstrahl- gebläse. Von den groſsen Windregulatoren kam man namentlich in Eng- land mehr und mehr ab. Sie wurden durch sehr weite Hauptwind- leitungsröhren ersetzt. Man zog es vor, die Gebläsemaschinen nicht wie früher möglichst nahe bei den Hochöfen anzulegen, sondern die groſsen Maschinen, die eine ganze Reihe von Öfen zu bedienen be- stimmt waren, an deren Ende, nicht zu nahe dabei zu erbauen und sie durch eine sehr weite Leitung aus Eisenblech mit den Öfen zu verbinden. In Frankreich konstruierte Chauffriat zu St. Etienne 1865 einen verbesserten Wasserregulator mit federndem Oberkasten für die Wind- ausströmung 1). v. Hoff in Hörde brachte 1864 in den Windleitungsröhren patentierte Sicherheitsklappen an, welche beim Stillstand des Gebläses ein Zurücktreten der Hochofengase in die Windleitung und damit Explosionen verhinderten. Die Klappe wurde beim Ausströmen des Windes durch diese gehoben und fiel beim Abstellen durch ihr eigenes Gewicht herunter. Die Winderhitzung erlangte eine immer gröſsere Wichtigkeit für die Massenproduktion, und man suchte die Temperatur des Windes in dieser Periode erheblich zu steigern. Dies geschah besonders bei den Hochöfen des Clevelanddistriktes, der in dieser Beziehung allen anderen vorauseilte. Cochrane zu Ormesby erwarb sich namentlich in dieser Richtung Verdienste. Was die Winderhitzungsapparate selbst betrifft, so entwickelten sich dieselben, indem man ihre Leistungsfähigkeit zu steigern und möglichst hohe Windtemperaturen zu erzielen strebte, nach zwei Rich- tungen. Einerseits waren es die Apparate mit guſseisernen Heizröhren, andererseits steinerne Winderhitzer mit Siemensscher Regenerativ- feuerung, die man zu den gröſsten Wirkungen zu steigern strebte. Von den Röhrenapparaten waren es ganz besonders die Pistolenapparate, welche erst in England, dann auf dem Kontinent wegen ihres Effektes immer gröſsere Verbreitung gewannen. Diese wurden Ende der fünfziger Jahre auf den Gartscherrie-Werken in Schottland zuerst eingeführt. Sie verbanden die Vorteile der Hosenröhrenapparate mit den in England gebräuchlichen Fuſskastenapparaten 2), die 1851 von Martin Baldwin zu Bilston in Südstaffordshire erfunden waren. 1) Siehe Dingler a. a. O. 181, S. 346. 2) Siehe Percy, Iron and Steel, p. 410; Wedding a. a. O., II, 106.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/55>, abgerufen am 29.03.2024.