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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Brennmaterial.
Dagegen hatten frühere Versuche in Europa keinen Erfolg gehabt.
Lowe hatte schon 1832 vorgeschlagen, Wassergas durch Teer- und
Petroleumdämpfe leuchtend zu machen. Kirkham war es 1859
gelungen, Wassergas in einem Ofen und nicht in Retorten her-
zustellen. Lowe arbeitete nach Strongs Erfolg mit diesem an der
Lösung der Wassergasfrage und konstruierte einen Apparat. Strong
in Brooklyn erhielt 1877 ein Patent hierfür. 1878 verbesserte Dwight
den Loweschen Apparat. 1880 wurden in Amerika bereits 25 Städte,
darunter Baltimore, Lancaster und andere mit Wassergas beleuchtet.
In Europa hatte Tessie de Motay in Comines bei Lille 1875 und schon
früher ausgedehnte Versuche zur Erzeugung reinerer Generatorgase
gemacht, welche ihn ebenfalls auf die Erzeugung von Wassergas
führten. Alle Apparate haben dasselbe Prinzip, dass Wasserdampf mit
glühenden Kohlen in unmittelbare Berührung tritt, dadurch in Wasser-
stoff und Sauerstoff zerlegt wird, welche sich mit Kohlenstoff zu
Kohlenwasserstoff und Kohlenoxydgas verbinden. Strong erhitzte
erst den Wasserdampf in Regeneratoren, leitete ihn durch schwere
Kohlenwasserstoffe und dann den mit diesen gesättigten Dampf durch
glühende Kohlen. Lowe erzeugte Wassergas und karburierte dieses
hierauf durch schwere Kohlenwasserstoffe (Petroleumrückstände,
Naphtha u. s. w.). Tessie de Motay leitete Gas- und Wasserdampf
von normaler Sättigung durch eine Reihe hocherhitzter Retorten, in
denen die Kohlenwasserstoffe verdampft wurden. Strong arbeitete
mit zwei Schächten; der Wassergaserzeuger von Lowe-Dwight (1878)
hatte drei getrennte Schächte, 1. einen Überhitzer für den Dampf,
2. den Gaserzeuger, 3. einen Überhitzer für die Luft. Luft und
Dampf bewegten sich in entgegengesetzter Richtung. Dabei wurde
alle 5 bis 10 Minuten gewechselt, so dass immer einmal nur Luft,
dann nur Wasserdampf durchströmte. Die Gase, die natürlich in
ihrer Zusammensetzung verschieden waren, konnte man getrennt auf-
fangen oder in einem Sammler mischen. Das Wassergas hatte etwa
die vierfache Heizkraft des Generatorgases, aber nur die einhalbfache
des Leuchtgases. Das Gas kann mit grösserem Nutzeffekt verbrannt
werden als der feste Brennstoff. Es gab eine sehr heisse Flamme
und bewährte sich vortrefflich zum Schmelzen.

In Deutschland erwarb sich Quaglio Verdienste um die Ein-
führung des Wassergases und konstruierte 1880 einen Apparat, der
dem von Dwight ähnlich war und vier Abteilungen hatte. Bunte in
München erzeugte 1883 Wassergas in Koksgeneratoren.

Wir erwähnen weiter die Wassergaserzeuger von Granger,

Brennmaterial.
Dagegen hatten frühere Versuche in Europa keinen Erfolg gehabt.
Lowe hatte schon 1832 vorgeschlagen, Wassergas durch Teer- und
Petroleumdämpfe leuchtend zu machen. Kirkham war es 1859
gelungen, Wassergas in einem Ofen und nicht in Retorten her-
zustellen. Lowe arbeitete nach Strongs Erfolg mit diesem an der
Lösung der Wassergasfrage und konstruierte einen Apparat. Strong
in Brooklyn erhielt 1877 ein Patent hierfür. 1878 verbesserte Dwight
den Loweschen Apparat. 1880 wurden in Amerika bereits 25 Städte,
darunter Baltimore, Lancaster und andere mit Wassergas beleuchtet.
In Europa hatte Tessié de Motay in Comines bei Lille 1875 und schon
früher ausgedehnte Versuche zur Erzeugung reinerer Generatorgase
gemacht, welche ihn ebenfalls auf die Erzeugung von Wassergas
führten. Alle Apparate haben dasselbe Prinzip, daſs Wasserdampf mit
glühenden Kohlen in unmittelbare Berührung tritt, dadurch in Wasser-
stoff und Sauerstoff zerlegt wird, welche sich mit Kohlenstoff zu
Kohlenwasserstoff und Kohlenoxydgas verbinden. Strong erhitzte
erst den Wasserdampf in Regeneratoren, leitete ihn durch schwere
Kohlenwasserstoffe und dann den mit diesen gesättigten Dampf durch
glühende Kohlen. Lowe erzeugte Wassergas und karburierte dieses
hierauf durch schwere Kohlenwasserstoffe (Petroleumrückstände,
Naphtha u. s. w.). Tessié de Motay leitete Gas- und Wasserdampf
von normaler Sättigung durch eine Reihe hocherhitzter Retorten, in
denen die Kohlenwasserstoffe verdampft wurden. Strong arbeitete
mit zwei Schächten; der Wassergaserzeuger von Lowe-Dwight (1878)
hatte drei getrennte Schächte, 1. einen Überhitzer für den Dampf,
2. den Gaserzeuger, 3. einen Überhitzer für die Luft. Luft und
Dampf bewegten sich in entgegengesetzter Richtung. Dabei wurde
alle 5 bis 10 Minuten gewechselt, so daſs immer einmal nur Luft,
dann nur Wasserdampf durchströmte. Die Gase, die natürlich in
ihrer Zusammensetzung verschieden waren, konnte man getrennt auf-
fangen oder in einem Sammler mischen. Das Wassergas hatte etwa
die vierfache Heizkraft des Generatorgases, aber nur die einhalbfache
des Leuchtgases. Das Gas kann mit gröſserem Nutzeffekt verbrannt
werden als der feste Brennstoff. Es gab eine sehr heiſse Flamme
und bewährte sich vortrefflich zum Schmelzen.

In Deutschland erwarb sich Quaglio Verdienste um die Ein-
führung des Wassergases und konstruierte 1880 einen Apparat, der
dem von Dwight ähnlich war und vier Abteilungen hatte. Bunte in
München erzeugte 1883 Wassergas in Koksgeneratoren.

Wir erwähnen weiter die Wassergaserzeuger von Granger,

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[423/0439] Brennmaterial. Dagegen hatten frühere Versuche in Europa keinen Erfolg gehabt. Lowe hatte schon 1832 vorgeschlagen, Wassergas durch Teer- und Petroleumdämpfe leuchtend zu machen. Kirkham war es 1859 gelungen, Wassergas in einem Ofen und nicht in Retorten her- zustellen. Lowe arbeitete nach Strongs Erfolg mit diesem an der Lösung der Wassergasfrage und konstruierte einen Apparat. Strong in Brooklyn erhielt 1877 ein Patent hierfür. 1878 verbesserte Dwight den Loweschen Apparat. 1880 wurden in Amerika bereits 25 Städte, darunter Baltimore, Lancaster und andere mit Wassergas beleuchtet. In Europa hatte Tessié de Motay in Comines bei Lille 1875 und schon früher ausgedehnte Versuche zur Erzeugung reinerer Generatorgase gemacht, welche ihn ebenfalls auf die Erzeugung von Wassergas führten. Alle Apparate haben dasselbe Prinzip, daſs Wasserdampf mit glühenden Kohlen in unmittelbare Berührung tritt, dadurch in Wasser- stoff und Sauerstoff zerlegt wird, welche sich mit Kohlenstoff zu Kohlenwasserstoff und Kohlenoxydgas verbinden. Strong erhitzte erst den Wasserdampf in Regeneratoren, leitete ihn durch schwere Kohlenwasserstoffe und dann den mit diesen gesättigten Dampf durch glühende Kohlen. Lowe erzeugte Wassergas und karburierte dieses hierauf durch schwere Kohlenwasserstoffe (Petroleumrückstände, Naphtha u. s. w.). Tessié de Motay leitete Gas- und Wasserdampf von normaler Sättigung durch eine Reihe hocherhitzter Retorten, in denen die Kohlenwasserstoffe verdampft wurden. Strong arbeitete mit zwei Schächten; der Wassergaserzeuger von Lowe-Dwight (1878) hatte drei getrennte Schächte, 1. einen Überhitzer für den Dampf, 2. den Gaserzeuger, 3. einen Überhitzer für die Luft. Luft und Dampf bewegten sich in entgegengesetzter Richtung. Dabei wurde alle 5 bis 10 Minuten gewechselt, so daſs immer einmal nur Luft, dann nur Wasserdampf durchströmte. Die Gase, die natürlich in ihrer Zusammensetzung verschieden waren, konnte man getrennt auf- fangen oder in einem Sammler mischen. Das Wassergas hatte etwa die vierfache Heizkraft des Generatorgases, aber nur die einhalbfache des Leuchtgases. Das Gas kann mit gröſserem Nutzeffekt verbrannt werden als der feste Brennstoff. Es gab eine sehr heiſse Flamme und bewährte sich vortrefflich zum Schmelzen. In Deutschland erwarb sich Quaglio Verdienste um die Ein- führung des Wassergases und konstruierte 1880 einen Apparat, der dem von Dwight ähnlich war und vier Abteilungen hatte. Bunte in München erzeugte 1883 Wassergas in Koksgeneratoren. Wir erwähnen weiter die Wassergaserzeuger von Granger,

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/439>, abgerufen am 04.05.2024.