bei Stahl bei unverminderter Festigkeit, 240 bis 300° beträchtliche Steigerung der Festigkeit und Dehnbarkeit, über 300° Abnahme beider.
Über den Einfluss niedriger Temperaturen machte J. Webster 1880 zwischen + 10 und -- 21° C. Versuche. Danach ist die Abnahme der absoluten Festigkeit nur gering, die Abnahme der Stossfestigkeit und Biegsamkeit beträgt dagegen bei -- 21° C. bei Eisen 3,0 und 18 Prozent, bei Stahl 3,5 und 17 Prozent. -- Nach Versuchen von Martens und Steiner1) ist die Festigkeit des Eisens in der Kälte (bei -- 20 und -- 50°) bei ruhiger Belastung sogar grösser als bei warmer Witterung. Über die Zunahme der Steifigkeit in niedriger Temperatur haben Köpcke und Hartig2) Versuche angestellt.
Ausglühen erhöht ähnlich wie die mechanische Bearbeitung die Festigkeit des Eisens und Stahls, wenn auch nicht in demselben Masse 3). Dies zeigt sich deutlich beim Glühen von unbearbeitetem Flusseisen in Kirschrotglut 4). Hiervon macht man bei der Herstellung von Formgussstücken Gebrauch, welche erst hierdurch ihre volle Brauchbarkeit erlangen. Durch andauernde Bearbeitung nimmt die Zerreissfestigkeit zu, die Zähigkeit ab, das Eisen wird hart und spröde. Ausglühen stellt den ursprünglichen Festigkeitszustand wieder her, verbessert ihn sogar unter Umständen 5), doch muss dies in gewissen Temperaturgrenzen geschehen. Erwärmung unter 400° bei Schweiss- eisen und unter 450° bei Flusseisen bleibt nach Versuchen von Bau- schinger ohne Wirkung.
Dass das Ablöschen von erhitztem Stahl in Wasser dessen Festigkeitseigenschaften verändert, ihn hart und spröde macht, ist eine seit undenklicher Zeit bekannte Thatsache. Hierfür hat C. Fromme6) 1879 Werthe ermittelt. Genaue Messungen Kirkaldys haben ergeben, dass auch beim weichsten Eisen durch das Ablöschen eine Änderung der Festigkeitseigenschaften eintritt, welche in ihrer Grösse mit dem Kohlenstoffgehalte wächst 7). Dass auch hierbei der Grad der Er-
1) Zeitschr. d. Österreich. Ingen.- u. Architekten-Vereins 1891, Nr. 8 u. 10.
2) Siehe Stahl und Eisen 1892, S. 196 und 220.
3)Tunner, Österreich. Zeischr. f. Berg- u. Hüttenwesen 1877, S. 425.
4) Siehe Iron 1880, XVI, p. 487; ferner Holley in Metallurgical Review II, p. 220.
5) Versuche von Wedding, Sitzungsbericht d. Vereins für Beförderung des Gewerbefleisses 1889, S. 91; von Sattmann, Stahl und Eisen 1892, S. 551; von Thurston, Engineering and Mining Journ. XLVII, p. 262; von Wertheim, Annales de chimie et de physique, ser. 3, t. XII.
6) Annalen der Physik u. Chemie VIII, S. 352.
7) Versuche von Kirkaldy in R. Akermans On hardening iron and steel im Journ. of the Iron and Steel Inst. 1879, II.
Physik des Eisens seit 1871.
bei Stahl bei unverminderter Festigkeit, 240 bis 300° beträchtliche Steigerung der Festigkeit und Dehnbarkeit, über 300° Abnahme beider.
Über den Einfluſs niedriger Temperaturen machte J. Webster 1880 zwischen + 10 und — 21° C. Versuche. Danach ist die Abnahme der absoluten Festigkeit nur gering, die Abnahme der Stoſsfestigkeit und Biegsamkeit beträgt dagegen bei — 21° C. bei Eisen 3,0 und 18 Prozent, bei Stahl 3,5 und 17 Prozent. — Nach Versuchen von Martens und Steiner1) ist die Festigkeit des Eisens in der Kälte (bei — 20 und — 50°) bei ruhiger Belastung sogar gröſser als bei warmer Witterung. Über die Zunahme der Steifigkeit in niedriger Temperatur haben Köpcke und Hartig2) Versuche angestellt.
Ausglühen erhöht ähnlich wie die mechanische Bearbeitung die Festigkeit des Eisens und Stahls, wenn auch nicht in demselben Maſse 3). Dies zeigt sich deutlich beim Glühen von unbearbeitetem Fluſseisen in Kirschrotglut 4). Hiervon macht man bei der Herstellung von Formguſsstücken Gebrauch, welche erst hierdurch ihre volle Brauchbarkeit erlangen. Durch andauernde Bearbeitung nimmt die Zerreiſsfestigkeit zu, die Zähigkeit ab, das Eisen wird hart und spröde. Ausglühen stellt den ursprünglichen Festigkeitszustand wieder her, verbessert ihn sogar unter Umständen 5), doch muſs dies in gewissen Temperaturgrenzen geschehen. Erwärmung unter 400° bei Schweiſs- eisen und unter 450° bei Fluſseisen bleibt nach Versuchen von Bau- schinger ohne Wirkung.
Daſs das Ablöschen von erhitztem Stahl in Wasser dessen Festigkeitseigenschaften verändert, ihn hart und spröde macht, ist eine seit undenklicher Zeit bekannte Thatsache. Hierfür hat C. Fromme6) 1879 Werthe ermittelt. Genaue Messungen Kirkaldys haben ergeben, daſs auch beim weichsten Eisen durch das Ablöschen eine Änderung der Festigkeitseigenschaften eintritt, welche in ihrer Gröſse mit dem Kohlenstoffgehalte wächst 7). Daſs auch hierbei der Grad der Er-
1) Zeitschr. d. Österreich. Ingen.- u. Architekten-Vereins 1891, Nr. 8 u. 10.
2) Siehe Stahl und Eisen 1892, S. 196 und 220.
3)Tunner, Österreich. Zeischr. f. Berg- u. Hüttenwesen 1877, S. 425.
4) Siehe Iron 1880, XVI, p. 487; ferner Holley in Metallurgical Review II, p. 220.
5) Versuche von Wedding, Sitzungsbericht d. Vereins für Beförderung des Gewerbefleiſses 1889, S. 91; von Sattmann, Stahl und Eisen 1892, S. 551; von Thurston, Engineering and Mining Journ. XLVII, p. 262; von Wertheim, Annales de chimie et de physique, sér. 3, t. XII.
6) Annalen der Physik u. Chemie VIII, S. 352.
7) Versuche von Kirkaldy in R. Akermans On hardening iron and steel im Journ. of the Iron and Steel Inst. 1879, II.
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Physik des Eisens seit 1871.
bei Stahl bei unverminderter Festigkeit, 240 bis 300° beträchtliche
Steigerung der Festigkeit und Dehnbarkeit, über 300° Abnahme
beider.
Über den Einfluſs niedriger Temperaturen machte J. Webster
1880 zwischen + 10 und — 21° C. Versuche. Danach ist die Abnahme
der absoluten Festigkeit nur gering, die Abnahme der Stoſsfestigkeit
und Biegsamkeit beträgt dagegen bei — 21° C. bei Eisen 3,0 und
18 Prozent, bei Stahl 3,5 und 17 Prozent. — Nach Versuchen von
Martens und Steiner 1) ist die Festigkeit des Eisens in der Kälte
(bei — 20 und — 50°) bei ruhiger Belastung sogar gröſser als bei
warmer Witterung. Über die Zunahme der Steifigkeit in niedriger
Temperatur haben Köpcke und Hartig 2) Versuche angestellt.
Ausglühen erhöht ähnlich wie die mechanische Bearbeitung die
Festigkeit des Eisens und Stahls, wenn auch nicht in demselben
Maſse 3). Dies zeigt sich deutlich beim Glühen von unbearbeitetem
Fluſseisen in Kirschrotglut 4). Hiervon macht man bei der Herstellung
von Formguſsstücken Gebrauch, welche erst hierdurch ihre volle
Brauchbarkeit erlangen. Durch andauernde Bearbeitung nimmt die
Zerreiſsfestigkeit zu, die Zähigkeit ab, das Eisen wird hart und spröde.
Ausglühen stellt den ursprünglichen Festigkeitszustand wieder her,
verbessert ihn sogar unter Umständen 5), doch muſs dies in gewissen
Temperaturgrenzen geschehen. Erwärmung unter 400° bei Schweiſs-
eisen und unter 450° bei Fluſseisen bleibt nach Versuchen von Bau-
schinger ohne Wirkung.
Daſs das Ablöschen von erhitztem Stahl in Wasser dessen
Festigkeitseigenschaften verändert, ihn hart und spröde macht, ist eine
seit undenklicher Zeit bekannte Thatsache. Hierfür hat C. Fromme 6)
1879 Werthe ermittelt. Genaue Messungen Kirkaldys haben ergeben,
daſs auch beim weichsten Eisen durch das Ablöschen eine Änderung
der Festigkeitseigenschaften eintritt, welche in ihrer Gröſse mit dem
Kohlenstoffgehalte wächst 7). Daſs auch hierbei der Grad der Er-
1) Zeitschr. d. Österreich. Ingen.- u. Architekten-Vereins 1891, Nr. 8 u. 10.
2) Siehe Stahl und Eisen 1892, S. 196 und 220.
3) Tunner, Österreich. Zeischr. f. Berg- u. Hüttenwesen 1877, S. 425.
4) Siehe Iron 1880, XVI, p. 487; ferner Holley in Metallurgical Review
II, p. 220.
5) Versuche von Wedding, Sitzungsbericht d. Vereins für Beförderung des
Gewerbefleiſses 1889, S. 91; von Sattmann, Stahl und Eisen 1892, S. 551; von
Thurston, Engineering and Mining Journ. XLVII, p. 262; von Wertheim,
Annales de chimie et de physique, sér. 3, t. XII.
6) Annalen der Physik u. Chemie VIII, S. 352.
7) Versuche von Kirkaldy in R. Akermans On hardening iron and steel
im Journ. of the Iron and Steel Inst. 1879, II.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/415>, abgerufen am 22.11.2024.
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