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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Die Vereinigten Staaten 1861 bis 1870.
die Eisenindustrie der Vereinigten Staaten von Nordamerika: der
Bürgerkrieg (1861 bis 1865) und die Einführung des Bessemer-
prozesses. Unmittelbar vor dem Ausbruch des Krieges war die am
12. März 1860 eingebrachte Morill bill, durch welche zum erstenmal
ein ausgesprochener und wirksamer Schutzzolltarif eingeführt wurde,
angenommen worden. Dieser Tarif, und die Blockade, welche die
Eiseneinfuhr erschwerte, wirkten so günstig für die amerikanische
Eisenindustrie, dass trotz des Krieges die Eisenproduktion von Jahr
zu Jahr zunahm, wenn auch nicht in dem raschen Masse wie nach
dem Kriege. Die Tabelle S. 288 giebt das Bild der Produktions-
zunahme. Diese genügte aber dem rasch wachsenden Bedarf nicht,
so dass auch die Einfuhr stieg.

Einfuhr von Roheisen.

1861     74026 Tonnen
1862     22246 "
1863     31007 "
1864     102223 "
1865     50652 "
1866     102392 Tonnen
1867     112042 "
1868     112133 "
1869     136973 "
1870     153282 "

Beim Hochofenbetrieb führte Samuel Thomas 1861 eine ver-
besserte Winderhitzung ein. 1867/68 baute John Player zuerst
englische Winderhitzungsapparate (Pistolenapparate).

Die Einführung des Bessemerverfahrens im Jahre 1865 veranlasste
nicht nur eine Vermehrung der Produktion, sondern beeinflusste auch
den Betrieb der Hochöfen. Man fand bald, dass die fast phosphor-
freien Erze vom Oberensee ebenso gutes Bessemerroheisen lieferten,
wie die englischen Cumberlanderze. Infolgedessen wurden jene nicht
nur an Ort und Stelle, sondern auch in Ohio, Pennsylvanien u. s. w.
verhüttet.

Ausgezeichnetes Giessereieisen wurde ausser dem Salisburyeisen
zu Lime Rock, Connecticut, besonders auf den Richmond-Eisenwerken,
wo vortreffliche Kanonen gegossen wurden, und von der Sterling-
Giesserei zu New-York, wo brauner Hämatit verschmolzen wurde,
hergestellt.

Die Anthrazithochöfen bewährten sich gut und zeichneten sich
durch lange Kampagnen, einzelne bis zu 20 Jahren, aus. Gegen
Ende des Jahrzehnts suchte man sie in ihrer Konstruktion vielfach
zu verbessern. 1870 wurden auf dem Edgar Thomson-Werk (Pa.) vier
neue Hochöfen mit freistehenden Gestellen und je acht Gasabzügen,

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Die Vereinigten Staaten 1861 bis 1870.
die Eisenindustrie der Vereinigten Staaten von Nordamerika: der
Bürgerkrieg (1861 bis 1865) und die Einführung des Bessemer-
prozesses. Unmittelbar vor dem Ausbruch des Krieges war die am
12. März 1860 eingebrachte Morill bill, durch welche zum erstenmal
ein ausgesprochener und wirksamer Schutzzolltarif eingeführt wurde,
angenommen worden. Dieser Tarif, und die Blockade, welche die
Eiseneinfuhr erschwerte, wirkten so günstig für die amerikanische
Eisenindustrie, daſs trotz des Krieges die Eisenproduktion von Jahr
zu Jahr zunahm, wenn auch nicht in dem raschen Maſse wie nach
dem Kriege. Die Tabelle S. 288 giebt das Bild der Produktions-
zunahme. Diese genügte aber dem rasch wachsenden Bedarf nicht,
so daſs auch die Einfuhr stieg.

Einfuhr von Roheisen.

1861     74026 Tonnen
1862     22246 „
1863     31007 „
1864     102223 „
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1868     112133 „
1869     136973 „
1870     153282 „

Beim Hochofenbetrieb führte Samuel Thomas 1861 eine ver-
besserte Winderhitzung ein. 1867/68 baute John Player zuerst
englische Winderhitzungsapparate (Pistolenapparate).

Die Einführung des Bessemerverfahrens im Jahre 1865 veranlaſste
nicht nur eine Vermehrung der Produktion, sondern beeinfluſste auch
den Betrieb der Hochöfen. Man fand bald, daſs die fast phosphor-
freien Erze vom Oberensee ebenso gutes Bessemerroheisen lieferten,
wie die englischen Cumberlanderze. Infolgedessen wurden jene nicht
nur an Ort und Stelle, sondern auch in Ohio, Pennsylvanien u. s. w.
verhüttet.

Ausgezeichnetes Gieſsereieisen wurde auſser dem Salisburyeisen
zu Lime Rock, Connecticut, besonders auf den Richmond-Eisenwerken,
wo vortreffliche Kanonen gegossen wurden, und von der Sterling-
Gieſserei zu New-York, wo brauner Hämatit verschmolzen wurde,
hergestellt.

Die Anthrazithochöfen bewährten sich gut und zeichneten sich
durch lange Kampagnen, einzelne bis zu 20 Jahren, aus. Gegen
Ende des Jahrzehnts suchte man sie in ihrer Konstruktion vielfach
zu verbessern. 1870 wurden auf dem Edgar Thomson-Werk (Pa.) vier
neue Hochöfen mit freistehenden Gestellen und je acht Gasabzügen,

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[291/0307] Die Vereinigten Staaten 1861 bis 1870. die Eisenindustrie der Vereinigten Staaten von Nordamerika: der Bürgerkrieg (1861 bis 1865) und die Einführung des Bessemer- prozesses. Unmittelbar vor dem Ausbruch des Krieges war die am 12. März 1860 eingebrachte Morill bill, durch welche zum erstenmal ein ausgesprochener und wirksamer Schutzzolltarif eingeführt wurde, angenommen worden. Dieser Tarif, und die Blockade, welche die Eiseneinfuhr erschwerte, wirkten so günstig für die amerikanische Eisenindustrie, daſs trotz des Krieges die Eisenproduktion von Jahr zu Jahr zunahm, wenn auch nicht in dem raschen Maſse wie nach dem Kriege. Die Tabelle S. 288 giebt das Bild der Produktions- zunahme. Diese genügte aber dem rasch wachsenden Bedarf nicht, so daſs auch die Einfuhr stieg. Einfuhr von Roheisen. 1861 74026 Tonnen 1862 22246 „ 1863 31007 „ 1864 102223 „ 1865 50652 „ 1866 102392 Tonnen 1867 112042 „ 1868 112133 „ 1869 136973 „ 1870 153282 „ Beim Hochofenbetrieb führte Samuel Thomas 1861 eine ver- besserte Winderhitzung ein. 1867/68 baute John Player zuerst englische Winderhitzungsapparate (Pistolenapparate). Die Einführung des Bessemerverfahrens im Jahre 1865 veranlaſste nicht nur eine Vermehrung der Produktion, sondern beeinfluſste auch den Betrieb der Hochöfen. Man fand bald, daſs die fast phosphor- freien Erze vom Oberensee ebenso gutes Bessemerroheisen lieferten, wie die englischen Cumberlanderze. Infolgedessen wurden jene nicht nur an Ort und Stelle, sondern auch in Ohio, Pennsylvanien u. s. w. verhüttet. Ausgezeichnetes Gieſsereieisen wurde auſser dem Salisburyeisen zu Lime Rock, Connecticut, besonders auf den Richmond-Eisenwerken, wo vortreffliche Kanonen gegossen wurden, und von der Sterling- Gieſserei zu New-York, wo brauner Hämatit verschmolzen wurde, hergestellt. Die Anthrazithochöfen bewährten sich gut und zeichneten sich durch lange Kampagnen, einzelne bis zu 20 Jahren, aus. Gegen Ende des Jahrzehnts suchte man sie in ihrer Konstruktion vielfach zu verbessern. 1870 wurden auf dem Edgar Thomson-Werk (Pa.) vier neue Hochöfen mit freistehenden Gestellen und je acht Gasabzügen, 19*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/307>, abgerufen am 28.11.2024.