Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite

Cement- und Gussstahlfabrikation 1861 bis 1870.
Behandlung von Gusseisenplatten mit Wasserdampf im Glühofen ein
Glühstahl erzeugt wurde, den er dann in Tiegeln zu Gussstahl um-
schmolz. Ahnliche Vorschläge hatte Fremy gemacht.

Das alte Verfahren von Clouet und David Mushet, Schmiede-
eisen mit Kohle im Tiegel zu Stahl zu schmelzen, wurde ebenfalls
wieder versucht und mehrfach patentiert, so z. B. von G. Nimmo am
17. August 1860. Der Zusatz von Blutlaugensalz bezweckte im Grunde
auch nichts anderes als die Cementation im Tiegel.

Marguerite und Sourdeval nahmen 1861 ein Patent auf eine
verbesserte Cementation mittels Kohlenwasserstoff oder Kohlenstick-
stoffverbindungen in Verbindung mit Alkalien.

Nicht zur Stahlbereitung, nur zur Reinigung wurde Wasserdampf
in verschiedener Form vorgeschlagen. W. A. Gilbee empfahl hierfür
in seinem Patent vom 31. August 1861 einen in zwei Kammern
geteilten, durch eine mit Löchern versehene Scheidewand getrennten
Flammofen. Das geschmolzene Metall sollte in dünnen Strahlen in
die obere Kammer eintreten, worauf durch einen Trichter Ätzkalk-
pulver, welches das Metallbad bedecken soll, aufgegeben wird. Das
flüssige Eisen gelangt dann durch die Öffnungen in der Scheidewand
in den unteren Ofen, welcher mit drei geneigten Formen nahe dem
Herdboden versehen ist, wovon zwei mit einem Dampfkessel verbunden
sind, während durch die dritte Luft eingeblasen wird.

Preisenhammer und Weniger wollten Wasserstoffgas zur
Reinigung und zum Schmelzen anwenden.

Theophile L. Rousselot schrieb der Borsäure eine besondere
Kraft zu, indem er behauptete, durch längeres Eintauchen von Eisen
in eine Lösung von Borsäure und darauf folgendes Umschmelzen unter
einer dünnen Decke von Kohlenstaub Stahl zu erhalten. Die Gebrüder
Gardner empfahlen Zink als Reinigungsmittel. Andere wiederholten
die alten Rezepte, durch Zusatz von Gold und Silber, Nickel, Chrom,
Wolfram u. s. w. besonders guten Gussstahl zu erzeugen. Julius
Bauer
aus Brooklyn bei New-York (Nordamerika) empfahl Alu-
miniumstahl.

R. Mushet liess sich am 19. November 1862 ein Verfahren der
Gussstahlbereitung patentieren, welches darin bestand, "graues, weisses
oder halbiertes spatiges oder Rohstahleisen oder Frankliniteisen" in
einem Ofen bis nahe seinem Schmelzpunkt zu erhitzen, und es dann
zu grobem Pulver in eisernen Mörsern zu zerstossen. Dieses Pulver
sollte dann mit Manganoxyd der Beschickung im Tiegel zugesetzt

Cement- und Guſsstahlfabrikation 1861 bis 1870.
Behandlung von Guſseisenplatten mit Wasserdampf im Glühofen ein
Glühstahl erzeugt wurde, den er dann in Tiegeln zu Guſsstahl um-
schmolz. Ahnliche Vorschläge hatte Fremy gemacht.

Das alte Verfahren von Clouet und David Mushet, Schmiede-
eisen mit Kohle im Tiegel zu Stahl zu schmelzen, wurde ebenfalls
wieder versucht und mehrfach patentiert, so z. B. von G. Nimmo am
17. August 1860. Der Zusatz von Blutlaugensalz bezweckte im Grunde
auch nichts anderes als die Cementation im Tiegel.

Marguerite und Sourdeval nahmen 1861 ein Patent auf eine
verbesserte Cementation mittels Kohlenwasserstoff oder Kohlenstick-
stoffverbindungen in Verbindung mit Alkalien.

Nicht zur Stahlbereitung, nur zur Reinigung wurde Wasserdampf
in verschiedener Form vorgeschlagen. W. A. Gilbee empfahl hierfür
in seinem Patent vom 31. August 1861 einen in zwei Kammern
geteilten, durch eine mit Löchern versehene Scheidewand getrennten
Flammofen. Das geschmolzene Metall sollte in dünnen Strahlen in
die obere Kammer eintreten, worauf durch einen Trichter Ätzkalk-
pulver, welches das Metallbad bedecken soll, aufgegeben wird. Das
flüssige Eisen gelangt dann durch die Öffnungen in der Scheidewand
in den unteren Ofen, welcher mit drei geneigten Formen nahe dem
Herdboden versehen ist, wovon zwei mit einem Dampfkessel verbunden
sind, während durch die dritte Luft eingeblasen wird.

Preisenhammer und Weniger wollten Wasserstoffgas zur
Reinigung und zum Schmelzen anwenden.

Théophile L. Rousselot schrieb der Borsäure eine besondere
Kraft zu, indem er behauptete, durch längeres Eintauchen von Eisen
in eine Lösung von Borsäure und darauf folgendes Umschmelzen unter
einer dünnen Decke von Kohlenstaub Stahl zu erhalten. Die Gebrüder
Gardner empfahlen Zink als Reinigungsmittel. Andere wiederholten
die alten Rezepte, durch Zusatz von Gold und Silber, Nickel, Chrom,
Wolfram u. s. w. besonders guten Guſsstahl zu erzeugen. Julius
Bauer
aus Brooklyn bei New-York (Nordamerika) empfahl Alu-
miniumstahl.

R. Mushet lieſs sich am 19. November 1862 ein Verfahren der
Guſsstahlbereitung patentieren, welches darin bestand, „graues, weiſses
oder halbiertes spatiges oder Rohstahleisen oder Frankliniteisen“ in
einem Ofen bis nahe seinem Schmelzpunkt zu erhitzen, und es dann
zu grobem Pulver in eisernen Mörsern zu zerstoſsen. Dieses Pulver
sollte dann mit Manganoxyd der Beschickung im Tiegel zugesetzt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0200" n="184"/><fw place="top" type="header">Cement- und Gu&#x017F;sstahlfabrikation 1861 bis 1870.</fw><lb/>
Behandlung von Gu&#x017F;seisenplatten mit Wasserdampf im Glühofen ein<lb/>
Glühstahl erzeugt wurde, den er dann in Tiegeln zu Gu&#x017F;sstahl um-<lb/>
schmolz. Ahnliche Vorschläge hatte <hi rendition="#g">Fremy</hi> gemacht.</p><lb/>
            <p>Das alte Verfahren von <hi rendition="#g">Clouet</hi> und <hi rendition="#g">David Mushet,</hi> Schmiede-<lb/>
eisen mit Kohle im Tiegel zu Stahl zu schmelzen, wurde ebenfalls<lb/>
wieder versucht und mehrfach patentiert, so z. B. von G. <hi rendition="#g">Nimmo</hi> am<lb/>
17. August 1860. Der Zusatz von Blutlaugensalz bezweckte im Grunde<lb/>
auch nichts anderes als die Cementation im Tiegel.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Marguerite</hi> und <hi rendition="#g">Sourdeval</hi> nahmen 1861 ein Patent auf eine<lb/>
verbesserte Cementation mittels Kohlenwasserstoff oder Kohlenstick-<lb/>
stoffverbindungen in Verbindung mit Alkalien.</p><lb/>
            <p>Nicht zur Stahlbereitung, nur zur Reinigung wurde Wasserdampf<lb/>
in verschiedener Form vorgeschlagen. W. A. <hi rendition="#g">Gilbee</hi> empfahl hierfür<lb/>
in seinem Patent vom 31. August 1861 einen in zwei Kammern<lb/>
geteilten, durch eine mit Löchern versehene Scheidewand getrennten<lb/>
Flammofen. Das geschmolzene Metall sollte in dünnen Strahlen in<lb/>
die obere Kammer eintreten, worauf durch einen Trichter Ätzkalk-<lb/>
pulver, welches das Metallbad bedecken soll, aufgegeben wird. Das<lb/>
flüssige Eisen gelangt dann durch die Öffnungen in der Scheidewand<lb/>
in den unteren Ofen, welcher mit drei geneigten Formen nahe dem<lb/>
Herdboden versehen ist, wovon zwei mit einem Dampfkessel verbunden<lb/>
sind, während durch die dritte Luft eingeblasen wird.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Preisenhammer</hi> und <hi rendition="#g">Weniger</hi> wollten Wasserstoffgas zur<lb/>
Reinigung und zum Schmelzen anwenden.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Théophile L. Rousselot</hi> schrieb der Borsäure eine besondere<lb/>
Kraft zu, indem er behauptete, durch längeres Eintauchen von Eisen<lb/>
in eine Lösung von Borsäure und darauf folgendes Umschmelzen unter<lb/>
einer dünnen Decke von Kohlenstaub Stahl zu erhalten. Die Gebrüder<lb/><hi rendition="#g">Gardner</hi> empfahlen Zink als Reinigungsmittel. Andere wiederholten<lb/>
die alten Rezepte, durch Zusatz von Gold und Silber, Nickel, Chrom,<lb/>
Wolfram u. s. w. besonders guten Gu&#x017F;sstahl zu erzeugen. <hi rendition="#g">Julius<lb/>
Bauer</hi> aus Brooklyn bei New-York (Nordamerika) empfahl <hi rendition="#g">Alu</hi>-<lb/>
miniumstahl.</p><lb/>
            <p>R. <hi rendition="#g">Mushet</hi> lie&#x017F;s sich am 19. November 1862 ein Verfahren der<lb/>
Gu&#x017F;sstahlbereitung patentieren, welches darin bestand, &#x201E;graues, wei&#x017F;ses<lb/>
oder halbiertes spatiges oder Rohstahleisen oder Frankliniteisen&#x201C; in<lb/>
einem Ofen bis nahe seinem Schmelzpunkt zu erhitzen, und es dann<lb/>
zu grobem Pulver in eisernen Mörsern zu zersto&#x017F;sen. Dieses Pulver<lb/>
sollte dann mit Manganoxyd der Beschickung im Tiegel zugesetzt<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[184/0200] Cement- und Guſsstahlfabrikation 1861 bis 1870. Behandlung von Guſseisenplatten mit Wasserdampf im Glühofen ein Glühstahl erzeugt wurde, den er dann in Tiegeln zu Guſsstahl um- schmolz. Ahnliche Vorschläge hatte Fremy gemacht. Das alte Verfahren von Clouet und David Mushet, Schmiede- eisen mit Kohle im Tiegel zu Stahl zu schmelzen, wurde ebenfalls wieder versucht und mehrfach patentiert, so z. B. von G. Nimmo am 17. August 1860. Der Zusatz von Blutlaugensalz bezweckte im Grunde auch nichts anderes als die Cementation im Tiegel. Marguerite und Sourdeval nahmen 1861 ein Patent auf eine verbesserte Cementation mittels Kohlenwasserstoff oder Kohlenstick- stoffverbindungen in Verbindung mit Alkalien. Nicht zur Stahlbereitung, nur zur Reinigung wurde Wasserdampf in verschiedener Form vorgeschlagen. W. A. Gilbee empfahl hierfür in seinem Patent vom 31. August 1861 einen in zwei Kammern geteilten, durch eine mit Löchern versehene Scheidewand getrennten Flammofen. Das geschmolzene Metall sollte in dünnen Strahlen in die obere Kammer eintreten, worauf durch einen Trichter Ätzkalk- pulver, welches das Metallbad bedecken soll, aufgegeben wird. Das flüssige Eisen gelangt dann durch die Öffnungen in der Scheidewand in den unteren Ofen, welcher mit drei geneigten Formen nahe dem Herdboden versehen ist, wovon zwei mit einem Dampfkessel verbunden sind, während durch die dritte Luft eingeblasen wird. Preisenhammer und Weniger wollten Wasserstoffgas zur Reinigung und zum Schmelzen anwenden. Théophile L. Rousselot schrieb der Borsäure eine besondere Kraft zu, indem er behauptete, durch längeres Eintauchen von Eisen in eine Lösung von Borsäure und darauf folgendes Umschmelzen unter einer dünnen Decke von Kohlenstaub Stahl zu erhalten. Die Gebrüder Gardner empfahlen Zink als Reinigungsmittel. Andere wiederholten die alten Rezepte, durch Zusatz von Gold und Silber, Nickel, Chrom, Wolfram u. s. w. besonders guten Guſsstahl zu erzeugen. Julius Bauer aus Brooklyn bei New-York (Nordamerika) empfahl Alu- miniumstahl. R. Mushet lieſs sich am 19. November 1862 ein Verfahren der Guſsstahlbereitung patentieren, welches darin bestand, „graues, weiſses oder halbiertes spatiges oder Rohstahleisen oder Frankliniteisen“ in einem Ofen bis nahe seinem Schmelzpunkt zu erhitzen, und es dann zu grobem Pulver in eisernen Mörsern zu zerstoſsen. Dieses Pulver sollte dann mit Manganoxyd der Beschickung im Tiegel zugesetzt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/200
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/200>, abgerufen am 23.04.2024.