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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Direkte Schmiedeeisenbereitung.

Andere Verfahren der Zugutemachung der Erze kamen mehr auf
Uchatius' Erzstahlprozess hinaus. W. H. Buckland wollte nach seinem
Patent vom 9. März 1861 reiche Eisenerze, wie Hämatit, in einem
gewöhnlichen Kupolofen mit Roheisen zusammen einschmelzen.

In ähnlicher Weise wollte G. Davies (Patent vom 28. August 1863
nach Mitteilung von A. L. Fleury) eisenreiche Schlacken oder Erze,
indem er sie mit Kalk einband, im Kupol- oder Flammofen direkt
auf Stahl oder Eisen verschmelzen, wobei er (nach seinem Patent
vom 3. Mai 1864) vorher Roheisen einschmolz.

Uchatius' Prozess selbst wurde in den sechziger Jahren noch zu
Wikmanshyttan in Schweden mit Magneteisenstein ausgeführt.

Am 20. September 1866 nahm Charles William Siemens in
England ein Patent auf seinen Erzstahlprozess. Derselbe beruhte
auf derselben Grundlage wie die seither beschriebenen Methoden, neu
war nur die Verbindung mit dem Siemensschen Regenerativofen.
Diese Neuerung war allerdings ausschlaggebend.

Die Einführung des Regenerativprincips bei den Eisenschmelz-
prozessen war ein Fortschritt von der grössten Tragweite für die
ganze Eisenindustrie, ganz besonders für die Flussstahlbereitung. Als
die beiden Brüder Carl Wilhelm und Friedrich Siemens am
22. Januar 1861 das englische Patent für ihre Öfen mit Regeneratoren
nahmen, sahen sie darin bereits das Schmelzen von Eisen, die Stahl-
bereitung und das Puddeln vor. Nur diese Verwendungen für die
Eisenfabrikation sind in der Patentbeschreibung ausdrücklich ange-
führt, erschienen also den Erfindern, namentlich C. W. Siemens, von
Anfang an als die wichtigsten. Indessen hatten die Versuche, die sie
damals in Sheffield anstellten, keinen günstigen Erfolg 1). 1862 nahm
Charles Attwood eine Licenz, Stahl mit Hülfe von Regenerativöfen
zu schmelzen, wofür ihm Siemens den Entwurf lieferte. Obgleich
der Ofen sich bewährte, fiel aus anderen Gründen der Stahl schlecht
aus, weshalb Attwood zum Schmelzen in Tiegeln zurückkehrte.

1863 hatte Le Chatelier in Frankreich ein Verfahren ausge-
arbeitet, um Stahl zu puddeln und die erzeugten Luppen in einem
Regenerativgasofen in einem Bad von Gusseisen auf einem Bette von
Bauxit einzuschmelzen. Um dieses Verfahren auszubeuten, erbauten
die Herren Boigne, Rambour & Co. auf ihren Werken zu Mont-
lucon
unter Siemens' Anleitung einen Regenerativofen von grosser

1) Siehe On the regenerative gas furnace as applied to the Manufacture of
cast Steel by C. W. Siemens, London 1868, p. 9.
Direkte Schmiedeeisenbereitung.

Andere Verfahren der Zugutemachung der Erze kamen mehr auf
Uchatius’ Erzstahlprozeſs hinaus. W. H. Buckland wollte nach seinem
Patent vom 9. März 1861 reiche Eisenerze, wie Hämatit, in einem
gewöhnlichen Kupolofen mit Roheisen zusammen einschmelzen.

In ähnlicher Weise wollte G. Davies (Patent vom 28. August 1863
nach Mitteilung von A. L. Fleury) eisenreiche Schlacken oder Erze,
indem er sie mit Kalk einband, im Kupol- oder Flammofen direkt
auf Stahl oder Eisen verschmelzen, wobei er (nach seinem Patent
vom 3. Mai 1864) vorher Roheisen einschmolz.

Uchatius’ Prozeſs selbst wurde in den sechziger Jahren noch zu
Wikmanshyttan in Schweden mit Magneteisenstein ausgeführt.

Am 20. September 1866 nahm Charles William Siemens in
England ein Patent auf seinen Erzstahlprozeſs. Derselbe beruhte
auf derselben Grundlage wie die seither beschriebenen Methoden, neu
war nur die Verbindung mit dem Siemensschen Regenerativofen.
Diese Neuerung war allerdings ausschlaggebend.

Die Einführung des Regenerativprincips bei den Eisenschmelz-
prozessen war ein Fortschritt von der gröſsten Tragweite für die
ganze Eisenindustrie, ganz besonders für die Fluſsstahlbereitung. Als
die beiden Brüder Carl Wilhelm und Friedrich Siemens am
22. Januar 1861 das englische Patent für ihre Öfen mit Regeneratoren
nahmen, sahen sie darin bereits das Schmelzen von Eisen, die Stahl-
bereitung und das Puddeln vor. Nur diese Verwendungen für die
Eisenfabrikation sind in der Patentbeschreibung ausdrücklich ange-
führt, erschienen also den Erfindern, namentlich C. W. Siemens, von
Anfang an als die wichtigsten. Indessen hatten die Versuche, die sie
damals in Sheffield anstellten, keinen günstigen Erfolg 1). 1862 nahm
Charles Attwood eine Licenz, Stahl mit Hülfe von Regenerativöfen
zu schmelzen, wofür ihm Siemens den Entwurf lieferte. Obgleich
der Ofen sich bewährte, fiel aus anderen Gründen der Stahl schlecht
aus, weshalb Attwood zum Schmelzen in Tiegeln zurückkehrte.

1863 hatte Le Chatelier in Frankreich ein Verfahren ausge-
arbeitet, um Stahl zu puddeln und die erzeugten Luppen in einem
Regenerativgasofen in einem Bad von Guſseisen auf einem Bette von
Bauxit einzuschmelzen. Um dieses Verfahren auszubeuten, erbauten
die Herren Boigne, Rambour & Co. auf ihren Werken zu Mont-
luçon
unter Siemens’ Anleitung einen Regenerativofen von groſser

1) Siehe On the regenerative gas furnace as applied to the Manufacture of
cast Steel by C. W. Siemens, London 1868, p. 9.
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[93/0109] Direkte Schmiedeeisenbereitung. Andere Verfahren der Zugutemachung der Erze kamen mehr auf Uchatius’ Erzstahlprozeſs hinaus. W. H. Buckland wollte nach seinem Patent vom 9. März 1861 reiche Eisenerze, wie Hämatit, in einem gewöhnlichen Kupolofen mit Roheisen zusammen einschmelzen. In ähnlicher Weise wollte G. Davies (Patent vom 28. August 1863 nach Mitteilung von A. L. Fleury) eisenreiche Schlacken oder Erze, indem er sie mit Kalk einband, im Kupol- oder Flammofen direkt auf Stahl oder Eisen verschmelzen, wobei er (nach seinem Patent vom 3. Mai 1864) vorher Roheisen einschmolz. Uchatius’ Prozeſs selbst wurde in den sechziger Jahren noch zu Wikmanshyttan in Schweden mit Magneteisenstein ausgeführt. Am 20. September 1866 nahm Charles William Siemens in England ein Patent auf seinen Erzstahlprozeſs. Derselbe beruhte auf derselben Grundlage wie die seither beschriebenen Methoden, neu war nur die Verbindung mit dem Siemensschen Regenerativofen. Diese Neuerung war allerdings ausschlaggebend. Die Einführung des Regenerativprincips bei den Eisenschmelz- prozessen war ein Fortschritt von der gröſsten Tragweite für die ganze Eisenindustrie, ganz besonders für die Fluſsstahlbereitung. Als die beiden Brüder Carl Wilhelm und Friedrich Siemens am 22. Januar 1861 das englische Patent für ihre Öfen mit Regeneratoren nahmen, sahen sie darin bereits das Schmelzen von Eisen, die Stahl- bereitung und das Puddeln vor. Nur diese Verwendungen für die Eisenfabrikation sind in der Patentbeschreibung ausdrücklich ange- führt, erschienen also den Erfindern, namentlich C. W. Siemens, von Anfang an als die wichtigsten. Indessen hatten die Versuche, die sie damals in Sheffield anstellten, keinen günstigen Erfolg 1). 1862 nahm Charles Attwood eine Licenz, Stahl mit Hülfe von Regenerativöfen zu schmelzen, wofür ihm Siemens den Entwurf lieferte. Obgleich der Ofen sich bewährte, fiel aus anderen Gründen der Stahl schlecht aus, weshalb Attwood zum Schmelzen in Tiegeln zurückkehrte. 1863 hatte Le Chatelier in Frankreich ein Verfahren ausge- arbeitet, um Stahl zu puddeln und die erzeugten Luppen in einem Regenerativgasofen in einem Bad von Guſseisen auf einem Bette von Bauxit einzuschmelzen. Um dieses Verfahren auszubeuten, erbauten die Herren Boigne, Rambour & Co. auf ihren Werken zu Mont- luçon unter Siemens’ Anleitung einen Regenerativofen von groſser 1) Siehe On the regenerative gas furnace as applied to the Manufacture of cast Steel by C. W. Siemens, London 1868, p. 9.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/109>, abgerufen am 19.04.2024.