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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Direkte Schmiedeeisenbereitung.

Ein ähnliches Patent nahm William Brooks nach einer Mit-
teilung von Jean Baptiste Helson am 30. März 1865.

Alle diese angeblichen Erfindungen waren im Grunde nur Ab-
änderungen von Chenots Verfahren und blieben ohne Erfolg.
Chenots Prozess selbst war noch in Südfrankreich und Nordspanien
in beschränkter Anwendung, doch hatte man ihn abgeändert und
vereinfacht. Namentlich geschah dies durch Fouragin, dessen
Verfahren nach Svanbergs Bericht (1862) an drei Orten bei Bilbao
und an einem Ort in Frankreich ausgeübt wurde 1).

Die Reduktion geschah mit Kohlenoxydgas in einem etwa 20 Fuss
hohen Ofen, das Produkt wurde in Frischherden mit Holzkohle geschweisst.
In Baracaldo, wo man noch indirekte Heizung hatte, war Chenoteisen
für Hufnägel beliebt. Hier machte man 1862 40000 Ctr. 1865 wurde
Chenots Prozess in den Werken von Bageney bei Paris eingeführt.
Der dafür erbaute Ofen war 50 Fuss hoch und an der weitesten Stelle
18 Fuss im Quadrat weit.

Der Chenotprozess mit innerer oder direkter Heizung wurde zu
Lamarde bei Vic-Dessos in Ariege (1867) noch mit Erfolg fortgesetzt.
Indessen war er nur bei manganreichen Erzen mit mindestens 44 Proz.
Eisengehalt anwendbar. Das im Herd erhaltene Schweisseisen fiel,
wie das Renneisen der Catalanschmieden, sehr ungleich aus; es lieferte
aber ein vorzügliches Material für die Cementstahlfabrikation.

Chenot jun. kam schliesslich mit seinem Verfahren auf den
einfachen uralten Stückofen zurück. 1866 schlug nämlich E. C. A. Chenot
vor, die Reduktion und Schweissung in einem Schachtofen vorzunehmen,
den Betrieb aber dadurch kontinuierlich zu machen, dass man das
Gestell des Ofens auf Räder stellte und dasselbe mit der Luppe nach
jeder Charge fortfuhr, beziehungsweise umwechselte.

Auch Gurlts Gasprozess liess sich mit den reichen Erzen von
Sommorostro ausführen, dies bewies Justino Delpon, der ihn zu
Santa Ana de Bolueta bei Bilbao einführte und mit Erzen von San
Juan de Sommorostro, die 65 Proz. Eisen und 7 Proz. Wasser ent-
hielten, mit Erfolg betrieb. Die Reduktion geschah in Schachtöfen
mit Gasfeuerung. Das Gas wurde aus Eichen- und Buchenkohlen er-
zeugt. Der Eisenschwamm (esponja), welcher noch die Form der Erz-
stücke hatte, wurde in untergestellte Wagen entleert und sogleich
mit Kohlenstaub bedeckt. Der abgekühlte Schwamm wurde dann in
Chargen von 85 kg geschweisst, wobei 42 kg Eisen übrig blieb 2).


1) Siehe Berggeist 1863, S. 256.
2) Siehe Percy-Wedding, I, S. 602.
Direkte Schmiedeeisenbereitung.

Ein ähnliches Patent nahm William Brooks nach einer Mit-
teilung von Jean Baptiste Helson am 30. März 1865.

Alle diese angeblichen Erfindungen waren im Grunde nur Ab-
änderungen von Chenots Verfahren und blieben ohne Erfolg.
Chenots Prozeſs selbst war noch in Südfrankreich und Nordspanien
in beschränkter Anwendung, doch hatte man ihn abgeändert und
vereinfacht. Namentlich geschah dies durch Fouragin, dessen
Verfahren nach Svanbergs Bericht (1862) an drei Orten bei Bilbao
und an einem Ort in Frankreich ausgeübt wurde 1).

Die Reduktion geschah mit Kohlenoxydgas in einem etwa 20 Fuſs
hohen Ofen, das Produkt wurde in Frischherden mit Holzkohle geschweiſst.
In Baracaldo, wo man noch indirekte Heizung hatte, war Chenoteisen
für Hufnägel beliebt. Hier machte man 1862 40000 Ctr. 1865 wurde
Chenots Prozeſs in den Werken von Bageney bei Paris eingeführt.
Der dafür erbaute Ofen war 50 Fuſs hoch und an der weitesten Stelle
18 Fuſs im Quadrat weit.

Der Chenotprozeſs mit innerer oder direkter Heizung wurde zu
Lamarde bei Vic-Dessos in Ariège (1867) noch mit Erfolg fortgesetzt.
Indessen war er nur bei manganreichen Erzen mit mindestens 44 Proz.
Eisengehalt anwendbar. Das im Herd erhaltene Schweiſseisen fiel,
wie das Renneisen der Catalanschmieden, sehr ungleich aus; es lieferte
aber ein vorzügliches Material für die Cementstahlfabrikation.

Chenot jun. kam schlieſslich mit seinem Verfahren auf den
einfachen uralten Stückofen zurück. 1866 schlug nämlich E. C. A. Chenot
vor, die Reduktion und Schweiſsung in einem Schachtofen vorzunehmen,
den Betrieb aber dadurch kontinuierlich zu machen, daſs man das
Gestell des Ofens auf Räder stellte und dasselbe mit der Luppe nach
jeder Charge fortfuhr, beziehungsweise umwechselte.

Auch Gurlts Gasprozeſs lieſs sich mit den reichen Erzen von
Sommorostro ausführen, dies bewies Justino Delpon, der ihn zu
Santa Ana de Bolueta bei Bilbao einführte und mit Erzen von San
Juan de Sommorostro, die 65 Proz. Eisen und 7 Proz. Wasser ent-
hielten, mit Erfolg betrieb. Die Reduktion geschah in Schachtöfen
mit Gasfeuerung. Das Gas wurde aus Eichen- und Buchenkohlen er-
zeugt. Der Eisenschwamm (espónja), welcher noch die Form der Erz-
stücke hatte, wurde in untergestellte Wagen entleert und sogleich
mit Kohlenstaub bedeckt. Der abgekühlte Schwamm wurde dann in
Chargen von 85 kg geschweiſst, wobei 42 kg Eisen übrig blieb 2).


1) Siehe Berggeist 1863, S. 256.
2) Siehe Percy-Wedding, I, S. 602.
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[92/0108] Direkte Schmiedeeisenbereitung. Ein ähnliches Patent nahm William Brooks nach einer Mit- teilung von Jean Baptiste Helson am 30. März 1865. Alle diese angeblichen Erfindungen waren im Grunde nur Ab- änderungen von Chenots Verfahren und blieben ohne Erfolg. Chenots Prozeſs selbst war noch in Südfrankreich und Nordspanien in beschränkter Anwendung, doch hatte man ihn abgeändert und vereinfacht. Namentlich geschah dies durch Fouragin, dessen Verfahren nach Svanbergs Bericht (1862) an drei Orten bei Bilbao und an einem Ort in Frankreich ausgeübt wurde 1). Die Reduktion geschah mit Kohlenoxydgas in einem etwa 20 Fuſs hohen Ofen, das Produkt wurde in Frischherden mit Holzkohle geschweiſst. In Baracaldo, wo man noch indirekte Heizung hatte, war Chenoteisen für Hufnägel beliebt. Hier machte man 1862 40000 Ctr. 1865 wurde Chenots Prozeſs in den Werken von Bageney bei Paris eingeführt. Der dafür erbaute Ofen war 50 Fuſs hoch und an der weitesten Stelle 18 Fuſs im Quadrat weit. Der Chenotprozeſs mit innerer oder direkter Heizung wurde zu Lamarde bei Vic-Dessos in Ariège (1867) noch mit Erfolg fortgesetzt. Indessen war er nur bei manganreichen Erzen mit mindestens 44 Proz. Eisengehalt anwendbar. Das im Herd erhaltene Schweiſseisen fiel, wie das Renneisen der Catalanschmieden, sehr ungleich aus; es lieferte aber ein vorzügliches Material für die Cementstahlfabrikation. Chenot jun. kam schlieſslich mit seinem Verfahren auf den einfachen uralten Stückofen zurück. 1866 schlug nämlich E. C. A. Chenot vor, die Reduktion und Schweiſsung in einem Schachtofen vorzunehmen, den Betrieb aber dadurch kontinuierlich zu machen, daſs man das Gestell des Ofens auf Räder stellte und dasselbe mit der Luppe nach jeder Charge fortfuhr, beziehungsweise umwechselte. Auch Gurlts Gasprozeſs lieſs sich mit den reichen Erzen von Sommorostro ausführen, dies bewies Justino Delpon, der ihn zu Santa Ana de Bolueta bei Bilbao einführte und mit Erzen von San Juan de Sommorostro, die 65 Proz. Eisen und 7 Proz. Wasser ent- hielten, mit Erfolg betrieb. Die Reduktion geschah in Schachtöfen mit Gasfeuerung. Das Gas wurde aus Eichen- und Buchenkohlen er- zeugt. Der Eisenschwamm (espónja), welcher noch die Form der Erz- stücke hatte, wurde in untergestellte Wagen entleert und sogleich mit Kohlenstaub bedeckt. Der abgekühlte Schwamm wurde dann in Chargen von 85 kg geschweiſst, wobei 42 kg Eisen übrig blieb 2). 1) Siehe Berggeist 1863, S. 256. 2) Siehe Percy-Wedding, I, S. 602.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/108>, abgerufen am 28.11.2024.