Der Puddelprozess war in den siebziger Jahren immer noch das beste Mittel zur Verarbeitung phosphorhaltiger Roheisensorten, doch durfte der Phosphorgehalt nicht zu hoch sein. Man wendete deshalb mancherlei besondere Mittel an, um denselben zu entfernen. In Oberschlesien wurde das graue Roheisen noch vielfach gefeint.
1871 führte Bicheroux seine Halbgasfeuerung auf seinem Walz- werke bei Duisburg ein, die sich sehr bewährte und in Rheinland und Westfalen rasche Verbreitung fand, z. B. auf den Werken des Phönix, zu Oberhausen, bei Harkort, Dortmunder Union, Bur- bach u. s. w.
1872 erfand Theodor Scheerer ein Entphosphorungsverfahren durch Puddeln unter Zusatz von Chlorkalium und Chlornatrium. Das phosphorhaltige Roheisen der Ilseder Hütte wurde durch Puddeln mit Flussspat entphosphort. 1873 wurden Versuche mit rotierenden Puddel- öfen gemacht. Rasmussen und Daelen brachten solche Öfen mit z. B. Eisenoxydfutter in Vorschlag. Gaspuddelöfen kamen in Anwendung zu Halle a. d. Saale mit Braunkohlengas. 1875 wurden rotierende Pernotöfen zu Kalk bei Deutz mit Erfolg versucht. Pernotöfen wendete auch Alfred Krigar 1878 bei seinem Entphosphorungsverfahren (Waschprozess, D. R. P. Nr. 4391) an. Hierbei wurde flüssiges Roh- eisen direkt aus dem Hochofen in einen Pernotofen mit Eisenoxyd- futter abgestochen und in diesem unter Zusatz von Manganoxyd ent- kieselt und teilweise entphosphort, sodann das flüssige Metall, ehe das Kochen eintrat, in einen Puddelofen oder einen Siemens-Martin-Ofen abgestochen und hier fertig gefrischt. Im übrigen hat der Betrieb rotierender Öfen in Deutschland keine Wichtigkeit erlangt. Brauns versuchte 1879 die Entphosphorung in einem Kupolofen mit basischem Futter. Auf Gutehoffnungshütte entphosphorte man 1879 das Roh- eisen so, dass man es mit basischer, phosphorfreier Hochofenschlacke im Puddelofen verschmolz und dann frischte.
Bei der Flusseisenfabrikation fand der Martinprozess nur langsam Eingang, weil sich das phosphorhaltige Roheisen für das damals allein bekannte saure Verfahren wenig eignete. 1869 hatte Friedrich Krupp in Essen den ersten Flammofen mit Siemens- Regenerativfeuerung in Betrieb genommen. 1871 setzte er sein grosses Martinwerk (I), das bereits für eine Jahresproduktion von 80000 Tonnen konstruiert war, in Betrieb. Doch zählte man 1871 in
Deutschland (mit Luxemburg).
Schweiſseisen Fluſseisen
1871 320619 Tonnen 128406 Tonnen
1880 56565 „ 424462 „
Der Puddelprozeſs war in den siebziger Jahren immer noch das beste Mittel zur Verarbeitung phosphorhaltiger Roheisensorten, doch durfte der Phosphorgehalt nicht zu hoch sein. Man wendete deshalb mancherlei besondere Mittel an, um denselben zu entfernen. In Oberschlesien wurde das graue Roheisen noch vielfach gefeint.
1871 führte Bicheroux seine Halbgasfeuerung auf seinem Walz- werke bei Duisburg ein, die sich sehr bewährte und in Rheinland und Westfalen rasche Verbreitung fand, z. B. auf den Werken des Phönix, zu Oberhausen, bei Harkort, Dortmunder Union, Bur- bach u. s. w.
1872 erfand Theodor Scheerer ein Entphosphorungsverfahren durch Puddeln unter Zusatz von Chlorkalium und Chlornatrium. Das phosphorhaltige Roheisen der Ilseder Hütte wurde durch Puddeln mit Fluſsspat entphosphort. 1873 wurden Versuche mit rotierenden Puddel- öfen gemacht. Rasmussen und Daelen brachten solche Öfen mit z. B. Eisenoxydfutter in Vorschlag. Gaspuddelöfen kamen in Anwendung zu Halle a. d. Saale mit Braunkohlengas. 1875 wurden rotierende Pernotöfen zu Kalk bei Deutz mit Erfolg versucht. Pernotöfen wendete auch Alfred Krigar 1878 bei seinem Entphosphorungsverfahren (Waschprozeſs, D. R. P. Nr. 4391) an. Hierbei wurde flüssiges Roh- eisen direkt aus dem Hochofen in einen Pernotofen mit Eisenoxyd- futter abgestochen und in diesem unter Zusatz von Manganoxyd ent- kieselt und teilweise entphosphort, sodann das flüssige Metall, ehe das Kochen eintrat, in einen Puddelofen oder einen Siemens-Martin-Ofen abgestochen und hier fertig gefrischt. Im übrigen hat der Betrieb rotierender Öfen in Deutschland keine Wichtigkeit erlangt. Brauns versuchte 1879 die Entphosphorung in einem Kupolofen mit basischem Futter. Auf Gutehoffnungshütte entphosphorte man 1879 das Roh- eisen so, daſs man es mit basischer, phosphorfreier Hochofenschlacke im Puddelofen verschmolz und dann frischte.
Bei der Fluſseisenfabrikation fand der Martinprozeſs nur langsam Eingang, weil sich das phosphorhaltige Roheisen für das damals allein bekannte saure Verfahren wenig eignete. 1869 hatte Friedrich Krupp in Essen den ersten Flammofen mit Siemens- Regenerativfeuerung in Betrieb genommen. 1871 setzte er sein groſses Martinwerk (I), das bereits für eine Jahresproduktion von 80000 Tonnen konstruiert war, in Betrieb. Doch zählte man 1871 in
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Deutschland (mit Luxemburg).
Schweiſseisen Fluſseisen
1871 320619 Tonnen 128406 Tonnen
1880 56565 „ 424462 „
Der Puddelprozeſs war in den siebziger Jahren immer noch das
beste Mittel zur Verarbeitung phosphorhaltiger Roheisensorten, doch
durfte der Phosphorgehalt nicht zu hoch sein. Man wendete deshalb
mancherlei besondere Mittel an, um denselben zu entfernen. In
Oberschlesien wurde das graue Roheisen noch vielfach gefeint.
1871 führte Bicheroux seine Halbgasfeuerung auf seinem Walz-
werke bei Duisburg ein, die sich sehr bewährte und in Rheinland
und Westfalen rasche Verbreitung fand, z. B. auf den Werken des
Phönix, zu Oberhausen, bei Harkort, Dortmunder Union, Bur-
bach u. s. w.
1872 erfand Theodor Scheerer ein Entphosphorungsverfahren
durch Puddeln unter Zusatz von Chlorkalium und Chlornatrium. Das
phosphorhaltige Roheisen der Ilseder Hütte wurde durch Puddeln mit
Fluſsspat entphosphort. 1873 wurden Versuche mit rotierenden Puddel-
öfen gemacht. Rasmussen und Daelen brachten solche Öfen mit
z. B. Eisenoxydfutter in Vorschlag. Gaspuddelöfen kamen in Anwendung
zu Halle a. d. Saale mit Braunkohlengas. 1875 wurden rotierende
Pernotöfen zu Kalk bei Deutz mit Erfolg versucht. Pernotöfen wendete
auch Alfred Krigar 1878 bei seinem Entphosphorungsverfahren
(Waschprozeſs, D. R. P. Nr. 4391) an. Hierbei wurde flüssiges Roh-
eisen direkt aus dem Hochofen in einen Pernotofen mit Eisenoxyd-
futter abgestochen und in diesem unter Zusatz von Manganoxyd ent-
kieselt und teilweise entphosphort, sodann das flüssige Metall, ehe das
Kochen eintrat, in einen Puddelofen oder einen Siemens-Martin-Ofen
abgestochen und hier fertig gefrischt. Im übrigen hat der Betrieb
rotierender Öfen in Deutschland keine Wichtigkeit erlangt. Brauns
versuchte 1879 die Entphosphorung in einem Kupolofen mit basischem
Futter. Auf Gutehoffnungshütte entphosphorte man 1879 das Roh-
eisen so, daſs man es mit basischer, phosphorfreier Hochofenschlacke
im Puddelofen verschmolz und dann frischte.
Bei der Fluſseisenfabrikation fand der Martinprozeſs nur
langsam Eingang, weil sich das phosphorhaltige Roheisen für das
damals allein bekannte saure Verfahren wenig eignete. 1869 hatte
Friedrich Krupp in Essen den ersten Flammofen mit Siemens-
Regenerativfeuerung in Betrieb genommen. 1871 setzte er sein groſses
Martinwerk (I), das bereits für eine Jahresproduktion von 80000
Tonnen konstruiert war, in Betrieb. Doch zählte man 1871 in
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 994. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1010>, abgerufen am 23.11.2024.
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