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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Henry Bessemer und seine Erfindung.
gedenke. Der Plan, den ich ihnen vorlegte, war folgender. Ich
teilte ganz Grossbritannien in fünf grosse Distrikte und sagte, ich
wünsche mir in jedem Distrikt einen Hüttenwerksbesitzer, der ein
solches Interesse für die erfolgreiche Ausführung meiner Erfindung
hat, dass er sich verpflichtet, nur in meinem Interesse, niemals gegen
dasselbe zu handeln. Ich dagegen verpflichte mich, demjenigen Hütten-
besitzer, welcher meine Erfindung in einem der fünf Distrikte zuerst
zur Ausführung bringt, meine Erfindung gegen Bezahlung einer Licenz
zu überlassen, und zwar soll er mir die Licenz nur ein Jahr lang
bezahlen, die übrigen 13 Jahre der Patentdauer sind abgabenfrei. War
meine Erfindung durchführbar, so bot dieser Vorschlag den Hüttenwerks-
besitzern grosse Vorteile; ebenso mir, dadurch, dass die Kontrahenten
an der Ausnutzung, Aufrechterhaltung und Verteidigung meiner
Patente ein persönliches Interesse gewannen. Es fanden sich denn
auch fünf Unternehmer 1), die meine Vorschläge annahmen. Zwei davon
zahlten mir jeder 10000 £. Die sämtlichen Licenzen, welche ich
binnen drei Wochen, nachdem ich meinen Vortrag in der genannten
Gesellschaft gehalten hatte, baar bezahlt erhielt, brachten mir 26500 £
ein. Sobald dies bekannt wurde, entstand ein grosser Federkrieg.
Viele Leute bestritten die Möglichkeit, eine höhere Temperatur ohne
Mehraufwand von Brennmaterial zu erhalten, vollständig. Es wurden
auf vielen Eisenhütten Versuche nach meinem Verfahren, wie es in
der Patentbeschreibung erklärt war, gemacht, aber alle Versuche fielen
schlecht aus, so dass die anfangs sehr grossen Erwartungen einer sehr
kühlen Nüchternheit Platz machten. Jeder behauptete, das Ding
könne nicht gehen. Ich selbst fand auch praktische Schwierigkeiten;
anstatt aber die vielen Einwürfe in der Presse zu beantworten, machte
ich mich vielmehr daran, die Schwierigkeiten zu heben. Ich machte
21/2 Jahre lang Versuche in grossem Massstabe, die mich 16000 £
kosteten. Am Ende dieser Periode fand ich die Ursache der Schwierig-
keiten und es gelang mir auch bald, Stahl nach meinem Verfahren
zu machen, der in den Werkstätten Sheffields angewendet wurde und
von den Leuten so gut wie der seitherige sehr teure Stahl befunden wurde.
Ich brachte meine Erfindung in ihrem neuesten Stadium wieder vor
das Publikum, allein die Ungläubigkeit war nur noch viel grösser
geworden. "Ach, das ist das Ding", sagte man überall, "das vor drei
Jahren so viel Lärm machte und sich als gänzlich verfehlt heraus-

1) Es waren dies die Gesellschaften von Dowlais und Butterley, John Brown
in Sheffield, Dixon von Govan und die südwalessche Weissblechgesellschaft.

Henry Bessemer und seine Erfindung.
gedenke. Der Plan, den ich ihnen vorlegte, war folgender. Ich
teilte ganz Groſsbritannien in fünf groſse Distrikte und sagte, ich
wünsche mir in jedem Distrikt einen Hüttenwerksbesitzer, der ein
solches Interesse für die erfolgreiche Ausführung meiner Erfindung
hat, daſs er sich verpflichtet, nur in meinem Interesse, niemals gegen
dasselbe zu handeln. Ich dagegen verpflichte mich, demjenigen Hütten-
besitzer, welcher meine Erfindung in einem der fünf Distrikte zuerst
zur Ausführung bringt, meine Erfindung gegen Bezahlung einer Licenz
zu überlassen, und zwar soll er mir die Licenz nur ein Jahr lang
bezahlen, die übrigen 13 Jahre der Patentdauer sind abgabenfrei. War
meine Erfindung durchführbar, so bot dieser Vorschlag den Hüttenwerks-
besitzern groſse Vorteile; ebenso mir, dadurch, daſs die Kontrahenten
an der Ausnutzung, Aufrechterhaltung und Verteidigung meiner
Patente ein persönliches Interesse gewannen. Es fanden sich denn
auch fünf Unternehmer 1), die meine Vorschläge annahmen. Zwei davon
zahlten mir jeder 10000 £. Die sämtlichen Licenzen, welche ich
binnen drei Wochen, nachdem ich meinen Vortrag in der genannten
Gesellschaft gehalten hatte, baar bezahlt erhielt, brachten mir 26500 £
ein. Sobald dies bekannt wurde, entstand ein groſser Federkrieg.
Viele Leute bestritten die Möglichkeit, eine höhere Temperatur ohne
Mehraufwand von Brennmaterial zu erhalten, vollständig. Es wurden
auf vielen Eisenhütten Versuche nach meinem Verfahren, wie es in
der Patentbeschreibung erklärt war, gemacht, aber alle Versuche fielen
schlecht aus, so daſs die anfangs sehr groſsen Erwartungen einer sehr
kühlen Nüchternheit Platz machten. Jeder behauptete, das Ding
könne nicht gehen. Ich selbst fand auch praktische Schwierigkeiten;
anstatt aber die vielen Einwürfe in der Presse zu beantworten, machte
ich mich vielmehr daran, die Schwierigkeiten zu heben. Ich machte
2½ Jahre lang Versuche in groſsem Maſsstabe, die mich 16000 £
kosteten. Am Ende dieser Periode fand ich die Ursache der Schwierig-
keiten und es gelang mir auch bald, Stahl nach meinem Verfahren
zu machen, der in den Werkstätten Sheffields angewendet wurde und
von den Leuten so gut wie der seitherige sehr teure Stahl befunden wurde.
Ich brachte meine Erfindung in ihrem neuesten Stadium wieder vor
das Publikum, allein die Ungläubigkeit war nur noch viel gröſser
geworden. „Ach, das ist das Ding“, sagte man überall, „das vor drei
Jahren so viel Lärm machte und sich als gänzlich verfehlt heraus-

1) Es waren dies die Gesellschaften von Dowlais und Butterley, John Brown
in Sheffield, Dixon von Govan und die südwalessche Weiſsblechgesellschaft.
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[904/0920] Henry Bessemer und seine Erfindung. gedenke. Der Plan, den ich ihnen vorlegte, war folgender. Ich teilte ganz Groſsbritannien in fünf groſse Distrikte und sagte, ich wünsche mir in jedem Distrikt einen Hüttenwerksbesitzer, der ein solches Interesse für die erfolgreiche Ausführung meiner Erfindung hat, daſs er sich verpflichtet, nur in meinem Interesse, niemals gegen dasselbe zu handeln. Ich dagegen verpflichte mich, demjenigen Hütten- besitzer, welcher meine Erfindung in einem der fünf Distrikte zuerst zur Ausführung bringt, meine Erfindung gegen Bezahlung einer Licenz zu überlassen, und zwar soll er mir die Licenz nur ein Jahr lang bezahlen, die übrigen 13 Jahre der Patentdauer sind abgabenfrei. War meine Erfindung durchführbar, so bot dieser Vorschlag den Hüttenwerks- besitzern groſse Vorteile; ebenso mir, dadurch, daſs die Kontrahenten an der Ausnutzung, Aufrechterhaltung und Verteidigung meiner Patente ein persönliches Interesse gewannen. Es fanden sich denn auch fünf Unternehmer 1), die meine Vorschläge annahmen. Zwei davon zahlten mir jeder 10000 £. Die sämtlichen Licenzen, welche ich binnen drei Wochen, nachdem ich meinen Vortrag in der genannten Gesellschaft gehalten hatte, baar bezahlt erhielt, brachten mir 26500 £ ein. Sobald dies bekannt wurde, entstand ein groſser Federkrieg. Viele Leute bestritten die Möglichkeit, eine höhere Temperatur ohne Mehraufwand von Brennmaterial zu erhalten, vollständig. Es wurden auf vielen Eisenhütten Versuche nach meinem Verfahren, wie es in der Patentbeschreibung erklärt war, gemacht, aber alle Versuche fielen schlecht aus, so daſs die anfangs sehr groſsen Erwartungen einer sehr kühlen Nüchternheit Platz machten. Jeder behauptete, das Ding könne nicht gehen. Ich selbst fand auch praktische Schwierigkeiten; anstatt aber die vielen Einwürfe in der Presse zu beantworten, machte ich mich vielmehr daran, die Schwierigkeiten zu heben. Ich machte 2½ Jahre lang Versuche in groſsem Maſsstabe, die mich 16000 £ kosteten. Am Ende dieser Periode fand ich die Ursache der Schwierig- keiten und es gelang mir auch bald, Stahl nach meinem Verfahren zu machen, der in den Werkstätten Sheffields angewendet wurde und von den Leuten so gut wie der seitherige sehr teure Stahl befunden wurde. Ich brachte meine Erfindung in ihrem neuesten Stadium wieder vor das Publikum, allein die Ungläubigkeit war nur noch viel gröſser geworden. „Ach, das ist das Ding“, sagte man überall, „das vor drei Jahren so viel Lärm machte und sich als gänzlich verfehlt heraus- 1) Es waren dies die Gesellschaften von Dowlais und Butterley, John Brown in Sheffield, Dixon von Govan und die südwalessche Weiſsblechgesellschaft.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 904. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/920>, abgerufen am 23.11.2024.