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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Schmiedeeisenbereitung 1851 bis 1860.
die Qualitätseisen mit Holzkohlen machten, behielt man diesen Prozess
bei und suchte ihn ökonomischer zu machen durch geschlossene Feuer,
Vorglühherde, Lufterhitzungsapparate, Wasserformen und Kühlvorrich-
tungen unter den Herden. Alle diese Verbesserungen hatte man
damals in Schweden 1) und in den österreichischen Alpenländern ein-
geführt. Tunner fand 1856 in Schweden folgende Frischmethoden
im Gebrauch: 1. Die Bergmannsschmiede, 2. die deutsche, 3. die
Franche-Comteschmiede, 4. die Lancashireschmiede mit Schweiss-
herden, 5. dieselbe mit Schweissöfen, 6. die Wallonschmiede. Die
deutsche Schmiede, zu der auch die Bergmannsschmiede gehörte,
war mehr und mehr verdrängt durch die Franche-Comte- und Lan-
cashireschmiede, welche letztere besonders für die besseren Eisen-
sorten in Anwendung stand. Diese Methode hatte man um 1853 auch
zu Feistritz in Kärnten eingeführt.

In Frankreich wendete damals Karr besondere Glühöfen zum
Vorwärmen des zu verfrischenden Roheisens an 2).

Zu Rybnik in Schlesien frischte man das Roheisen im Puddel-
ofen, zerbrach die gezängten Luppen und schmolz sie dann im Frisch-
herde mit Holzkohlen nieder, wobei 40 Proz. Holzkohlen erspart und
vorzügliches Eisen erzeugt wurde.

Ferner suchte man das Brennmaterial bei dem Frischprozess
dadurch besser auszunutzen, dass man die entweichende Flamme
zum Heizen, namentlich von Schweiss- und Puddelöfen, benutzte
(kombiniertes Herd- und Flammofenfrischen). Dies geschah zu Buch-
scheiden (1845), zu Hirschwang bei Reichenau (1850) 3), zu Neuhütte
bei Beraun in Böhmen.

Bei dem Puddelbetriebe verwendete man alle Arten von
Brennmaterial, doch war der Puddelbetrieb mit Steinkohlen der vor-
teilhafteste. Durch verbesserte Einrichtungen der Puddelöfen arbeitete
man auf Brennmaterialersparnis hin. Zu diesen Verbesserungen
gehörten die geschlossenen Feuerungen mit Unterwind, der Müllersche
Heizpult und ganz besonders der Treppenrost.

In diese Periode fällt auch die wichtige Erfindung von Siemens'
Regeneratorfeuerung, welche zuerst bei Schweissöfen angewendet wurde.
Überhaupt wendete man der Wärmeökonomie in jener Zeit grosse

1) Über Schwedens Eisenindustrie siehe Durocher. Berg- u. hüttenm. Ztg.
1857 und Tunner, Das Eisenhüttenwesen in Schweden.
2) Siehe Armengaud, Publ. industr., Bd. 8, S. 379. Dinglers polyt. Journ.,
Bd. 130, S. 30.
3) Siehe Tunners Jahrbuch, Bd. 1 (1851), Tab. VIII, Fig. 13 u. 14.
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Schmiedeeisenbereitung 1851 bis 1860.
die Qualitätseisen mit Holzkohlen machten, behielt man diesen Prozeſs
bei und suchte ihn ökonomischer zu machen durch geschlossene Feuer,
Vorglühherde, Lufterhitzungsapparate, Wasserformen und Kühlvorrich-
tungen unter den Herden. Alle diese Verbesserungen hatte man
damals in Schweden 1) und in den österreichischen Alpenländern ein-
geführt. Tunner fand 1856 in Schweden folgende Frischmethoden
im Gebrauch: 1. Die Bergmannsschmiede, 2. die deutsche, 3. die
Franche-Comtéschmiede, 4. die Lancashireschmiede mit Schweiſs-
herden, 5. dieselbe mit Schweiſsöfen, 6. die Wallonschmiede. Die
deutsche Schmiede, zu der auch die Bergmannsschmiede gehörte,
war mehr und mehr verdrängt durch die Franche-Comté- und Lan-
cashireschmiede, welche letztere besonders für die besseren Eisen-
sorten in Anwendung stand. Diese Methode hatte man um 1853 auch
zu Feistritz in Kärnten eingeführt.

In Frankreich wendete damals Karr besondere Glühöfen zum
Vorwärmen des zu verfrischenden Roheisens an 2).

Zu Rybnik in Schlesien frischte man das Roheisen im Puddel-
ofen, zerbrach die gezängten Luppen und schmolz sie dann im Frisch-
herde mit Holzkohlen nieder, wobei 40 Proz. Holzkohlen erspart und
vorzügliches Eisen erzeugt wurde.

Ferner suchte man das Brennmaterial bei dem Frischprozeſs
dadurch besser auszunutzen, daſs man die entweichende Flamme
zum Heizen, namentlich von Schweiſs- und Puddelöfen, benutzte
(kombiniertes Herd- und Flammofenfrischen). Dies geschah zu Buch-
scheiden (1845), zu Hirschwang bei Reichenau (1850) 3), zu Neuhütte
bei Beraun in Böhmen.

Bei dem Puddelbetriebe verwendete man alle Arten von
Brennmaterial, doch war der Puddelbetrieb mit Steinkohlen der vor-
teilhafteste. Durch verbesserte Einrichtungen der Puddelöfen arbeitete
man auf Brennmaterialersparnis hin. Zu diesen Verbesserungen
gehörten die geschlossenen Feuerungen mit Unterwind, der Müllersche
Heizpult und ganz besonders der Treppenrost.

In diese Periode fällt auch die wichtige Erfindung von Siemens’
Regeneratorfeuerung, welche zuerst bei Schweiſsöfen angewendet wurde.
Überhaupt wendete man der Wärmeökonomie in jener Zeit groſse

1) Über Schwedens Eisenindustrie siehe Durocher. Berg- u. hüttenm. Ztg.
1857 und Tunner, Das Eisenhüttenwesen in Schweden.
2) Siehe Armengaud, Publ. industr., Bd. 8, S. 379. Dinglers polyt. Journ.,
Bd. 130, S. 30.
3) Siehe Tunners Jahrbuch, Bd. 1 (1851), Tab. VIII, Fig. 13 u. 14.
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[851/0867] Schmiedeeisenbereitung 1851 bis 1860. die Qualitätseisen mit Holzkohlen machten, behielt man diesen Prozeſs bei und suchte ihn ökonomischer zu machen durch geschlossene Feuer, Vorglühherde, Lufterhitzungsapparate, Wasserformen und Kühlvorrich- tungen unter den Herden. Alle diese Verbesserungen hatte man damals in Schweden 1) und in den österreichischen Alpenländern ein- geführt. Tunner fand 1856 in Schweden folgende Frischmethoden im Gebrauch: 1. Die Bergmannsschmiede, 2. die deutsche, 3. die Franche-Comtéschmiede, 4. die Lancashireschmiede mit Schweiſs- herden, 5. dieselbe mit Schweiſsöfen, 6. die Wallonschmiede. Die deutsche Schmiede, zu der auch die Bergmannsschmiede gehörte, war mehr und mehr verdrängt durch die Franche-Comté- und Lan- cashireschmiede, welche letztere besonders für die besseren Eisen- sorten in Anwendung stand. Diese Methode hatte man um 1853 auch zu Feistritz in Kärnten eingeführt. In Frankreich wendete damals Karr besondere Glühöfen zum Vorwärmen des zu verfrischenden Roheisens an 2). Zu Rybnik in Schlesien frischte man das Roheisen im Puddel- ofen, zerbrach die gezängten Luppen und schmolz sie dann im Frisch- herde mit Holzkohlen nieder, wobei 40 Proz. Holzkohlen erspart und vorzügliches Eisen erzeugt wurde. Ferner suchte man das Brennmaterial bei dem Frischprozeſs dadurch besser auszunutzen, daſs man die entweichende Flamme zum Heizen, namentlich von Schweiſs- und Puddelöfen, benutzte (kombiniertes Herd- und Flammofenfrischen). Dies geschah zu Buch- scheiden (1845), zu Hirschwang bei Reichenau (1850) 3), zu Neuhütte bei Beraun in Böhmen. Bei dem Puddelbetriebe verwendete man alle Arten von Brennmaterial, doch war der Puddelbetrieb mit Steinkohlen der vor- teilhafteste. Durch verbesserte Einrichtungen der Puddelöfen arbeitete man auf Brennmaterialersparnis hin. Zu diesen Verbesserungen gehörten die geschlossenen Feuerungen mit Unterwind, der Müllersche Heizpult und ganz besonders der Treppenrost. In diese Periode fällt auch die wichtige Erfindung von Siemens’ Regeneratorfeuerung, welche zuerst bei Schweiſsöfen angewendet wurde. Überhaupt wendete man der Wärmeökonomie in jener Zeit groſse 1) Über Schwedens Eisenindustrie siehe Durocher. Berg- u. hüttenm. Ztg. 1857 und Tunner, Das Eisenhüttenwesen in Schweden. 2) Siehe Armengaud, Publ. industr., Bd. 8, S. 379. Dinglers polyt. Journ., Bd. 130, S. 30. 3) Siehe Tunners Jahrbuch, Bd. 1 (1851), Tab. VIII, Fig. 13 u. 14. 54*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 851. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/867>, abgerufen am 23.11.2024.