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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Die Brennmaterialien 1851 bis 1860.

Grosse Fortschritte machte die Verkokung in Öfen. Zwar
waren im Ruhr- und Saargebiete, sowie in Oberschlesien 1) die Schaum-
burger Öfen noch vielfach im Gebrauch, aber die Vorzüge der ge-
schlossenen Öfen machten sich immer mehr geltend, namentlich
nachdem man allgemeiner dazu überging, die entweichende Flamme
zur Heizung der Koksöfen selbst wieder zu verwenden.

Grösseres Ausbringen, bessere Koks und höhere Produktion durch
möglichst kontinuierlichen Betrieb, das waren die leitenden Gesichts-
punkte bei der Verbesserung der Verkokungsöfen.

Bei den Öfen ohne Sohlen- und Seitenkanäle wurde die zum Ver-
kokungsprozess nötige Hitze in dem Verkokungsraum selbst erzeugt.
Man liess meistens durch die undichten Thüren etwas Luft einströmen,
welche eine unvollständige Verbrennung der Gase in dem freien
Raume über den Steinkohlen bewirkte. Diese Art der Wärmeerzeugung
war unvorteilhaft, weil die Verbrennung unter ungünstigen Umständen
erfolgte, wobei verhältnismässig wenig Hitze entwickelt wurde, da
der Luftzutritt ein mangelhafter und unregelmässiger war und weil
die Wärmeentwickelung und Wärmeeinwirkung einseitig nur von oben
geschah. Vorteilhafter musste es sein, den Verkokungsofen ähnlich
einer Gasretorte zu machen und die Wände von aussen zu erhitzen.
Zu diesem Zwecke leitete man die entweichenden heissen Gase in
Zügen oder Kanälen um den Ofen herum. Zunächst erhitzte man auf
diese Art nur die Sohlen der Öfen, indem man die Gase unter den-
selben her leitete, ehe man sie in die Esse einströmen liess. Dies liess
sich auch ganz gut noch mit der Heizung von über den Öfen liegen-
den Dampfkesseln, worauf man damals grossen Wert legte, verbinden.
Hierbei änderte man zunächst an der Luftzuführung nichts, die Luft
trat wie zuvor in den inneren Ofenraum ein. Nach und nach über-
zeugte man sich aber, dass der Betrieb besser und vorteilhafter war,
wenn man den Ofen selbst möglichst hermetisch gegen die Luft ab-
schloss und diese in die Züge eintreten liess, so dass die Verbrennung
der Koksgase in diesen, ausserhalb des Ofens, erfolgte. Hatte man
anfangs nur Züge unter der Sohle des Ofens, so brachte man später
auch solche in den Seitenwänden und sogar auch über dem Gewölbe
an. Dieses war der leitende Gesichtspunkt bei der Konstruktion der
vielen neuen Koksofensysteme in dieser Periode. Man wendete das
Princip auf alle bestehenden Ofenformen an, indem man sowohl die
einthürigen Hauben- oder Bienenkorböfen und die Gewölbeöfen (Witten-

1) Siehe Brand in Berg- u. hüttenm. Ztg. 1851, Bd. X, 217.
Die Brennmaterialien 1851 bis 1860.

Groſse Fortschritte machte die Verkokung in Öfen. Zwar
waren im Ruhr- und Saargebiete, sowie in Oberschlesien 1) die Schaum-
burger Öfen noch vielfach im Gebrauch, aber die Vorzüge der ge-
schlossenen Öfen machten sich immer mehr geltend, namentlich
nachdem man allgemeiner dazu überging, die entweichende Flamme
zur Heizung der Koksöfen selbst wieder zu verwenden.

Gröſseres Ausbringen, bessere Koks und höhere Produktion durch
möglichst kontinuierlichen Betrieb, das waren die leitenden Gesichts-
punkte bei der Verbesserung der Verkokungsöfen.

Bei den Öfen ohne Sohlen- und Seitenkanäle wurde die zum Ver-
kokungsprozeſs nötige Hitze in dem Verkokungsraum selbst erzeugt.
Man lieſs meistens durch die undichten Thüren etwas Luft einströmen,
welche eine unvollständige Verbrennung der Gase in dem freien
Raume über den Steinkohlen bewirkte. Diese Art der Wärmeerzeugung
war unvorteilhaft, weil die Verbrennung unter ungünstigen Umständen
erfolgte, wobei verhältnismäſsig wenig Hitze entwickelt wurde, da
der Luftzutritt ein mangelhafter und unregelmäſsiger war und weil
die Wärmeentwickelung und Wärmeeinwirkung einseitig nur von oben
geschah. Vorteilhafter muſste es sein, den Verkokungsofen ähnlich
einer Gasretorte zu machen und die Wände von auſsen zu erhitzen.
Zu diesem Zwecke leitete man die entweichenden heiſsen Gase in
Zügen oder Kanälen um den Ofen herum. Zunächst erhitzte man auf
diese Art nur die Sohlen der Öfen, indem man die Gase unter den-
selben her leitete, ehe man sie in die Esse einströmen lieſs. Dies lieſs
sich auch ganz gut noch mit der Heizung von über den Öfen liegen-
den Dampfkesseln, worauf man damals groſsen Wert legte, verbinden.
Hierbei änderte man zunächst an der Luftzuführung nichts, die Luft
trat wie zuvor in den inneren Ofenraum ein. Nach und nach über-
zeugte man sich aber, daſs der Betrieb besser und vorteilhafter war,
wenn man den Ofen selbst möglichst hermetisch gegen die Luft ab-
schloſs und diese in die Züge eintreten lieſs, so daſs die Verbrennung
der Koksgase in diesen, auſserhalb des Ofens, erfolgte. Hatte man
anfangs nur Züge unter der Sohle des Ofens, so brachte man später
auch solche in den Seitenwänden und sogar auch über dem Gewölbe
an. Dieses war der leitende Gesichtspunkt bei der Konstruktion der
vielen neuen Koksofensysteme in dieser Periode. Man wendete das
Princip auf alle bestehenden Ofenformen an, indem man sowohl die
einthürigen Hauben- oder Bienenkorböfen und die Gewölbeöfen (Witten-

1) Siehe Brand in Berg- u. hüttenm. Ztg. 1851, Bd. X, 217.
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[806/0822] Die Brennmaterialien 1851 bis 1860. Groſse Fortschritte machte die Verkokung in Öfen. Zwar waren im Ruhr- und Saargebiete, sowie in Oberschlesien 1) die Schaum- burger Öfen noch vielfach im Gebrauch, aber die Vorzüge der ge- schlossenen Öfen machten sich immer mehr geltend, namentlich nachdem man allgemeiner dazu überging, die entweichende Flamme zur Heizung der Koksöfen selbst wieder zu verwenden. Gröſseres Ausbringen, bessere Koks und höhere Produktion durch möglichst kontinuierlichen Betrieb, das waren die leitenden Gesichts- punkte bei der Verbesserung der Verkokungsöfen. Bei den Öfen ohne Sohlen- und Seitenkanäle wurde die zum Ver- kokungsprozeſs nötige Hitze in dem Verkokungsraum selbst erzeugt. Man lieſs meistens durch die undichten Thüren etwas Luft einströmen, welche eine unvollständige Verbrennung der Gase in dem freien Raume über den Steinkohlen bewirkte. Diese Art der Wärmeerzeugung war unvorteilhaft, weil die Verbrennung unter ungünstigen Umständen erfolgte, wobei verhältnismäſsig wenig Hitze entwickelt wurde, da der Luftzutritt ein mangelhafter und unregelmäſsiger war und weil die Wärmeentwickelung und Wärmeeinwirkung einseitig nur von oben geschah. Vorteilhafter muſste es sein, den Verkokungsofen ähnlich einer Gasretorte zu machen und die Wände von auſsen zu erhitzen. Zu diesem Zwecke leitete man die entweichenden heiſsen Gase in Zügen oder Kanälen um den Ofen herum. Zunächst erhitzte man auf diese Art nur die Sohlen der Öfen, indem man die Gase unter den- selben her leitete, ehe man sie in die Esse einströmen lieſs. Dies lieſs sich auch ganz gut noch mit der Heizung von über den Öfen liegen- den Dampfkesseln, worauf man damals groſsen Wert legte, verbinden. Hierbei änderte man zunächst an der Luftzuführung nichts, die Luft trat wie zuvor in den inneren Ofenraum ein. Nach und nach über- zeugte man sich aber, daſs der Betrieb besser und vorteilhafter war, wenn man den Ofen selbst möglichst hermetisch gegen die Luft ab- schloſs und diese in die Züge eintreten lieſs, so daſs die Verbrennung der Koksgase in diesen, auſserhalb des Ofens, erfolgte. Hatte man anfangs nur Züge unter der Sohle des Ofens, so brachte man später auch solche in den Seitenwänden und sogar auch über dem Gewölbe an. Dieses war der leitende Gesichtspunkt bei der Konstruktion der vielen neuen Koksofensysteme in dieser Periode. Man wendete das Princip auf alle bestehenden Ofenformen an, indem man sowohl die einthürigen Hauben- oder Bienenkorböfen und die Gewölbeöfen (Witten- 1) Siehe Brand in Berg- u. hüttenm. Ztg. 1851, Bd. X, 217.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 806. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/822>, abgerufen am 23.11.2024.